Naturkatastrophen: 600 Jahre Ruhe
Ein morastiger Tümpel, irgendwo auf Sumatra vor 600 Jahren. Langsam setzen sich Schlamm und Torf ab, höchstens eine Kröte hüpft ab und an durch den Morast. Doch plötzlich wird die Ruhe gestört: Ein Wasserschwall überflutet das Sumpfland und hinterlässt seine sandigen Spuren.
Eine Viertelmillion Opfer forderte der Tsunami, der einen Tag nach Weihnachten im Jahre 2004 die Küsten des Indischen Ozeans überflutete. Wenige Bewohner der Küste hatten die Warnungen beachtet, wie die starken Erdbeben und das schnelle Zurückweichen des Meerwassers. Das spärliche Wissen über die Tsunami-Geschichte der Region trug wohl zu den hohen menschlichen Verlusten bei.
Zwei Arbeitsgruppen haben es sich nun vorgenommen, die Historie von Tsunamis auch für andere Regionen Südostasiens zu erforschen – nicht zuletzt, um das Gefahrenbewusstsein der Bevölkerung zu schärfen. "Viele Menschen in Südostasien glauben, oder wollen glauben, dass es nie wieder passieren wird", erklärt Kruawun Jankaew, die Leiterin des Teams von der thailändischen Chulalongkorn-Universität in Bangkok.
Beweise für frühere Tsunamis fand das Team in mehreren über die Insel verteilten Gruben, in denen Lagen von zehn Zentimeter weißem Sand sich mit dunkler, torfiger Erde abwechselten. Auf Grund von Aussagen der Bevölkerung ließ sich die oberste Schicht als Ablagerung des Tsunamis im Jahre 2004 identifizieren. Ins Sediment eingearbeitete Pflanzen und Bodenreste zeugten von starker Erosion und enormen Wasserturbulenzen während der Naturkatastrophe.
Ein zweites Geologenteam um Katrin Monecke von der amerikanischen Kent State University hat sich die Sedimente an einem Küstensumpf in Aceh im nördlichen Sumatra angeschaut, um auch dort die Geschichte der Überschwemmungen zu entschlüsseln. Sie entdeckten eine Sandlage unter der Schicht von 2004, die sie auf 600 bis 700 Jahre alt datierten [2]. Die Ergebnisse beider Gruppen passen also zusammen und deuten auf einen Tsunami der Größenordnung des Jahres 2004 hin, der sich vermutlich im 14. Jahrhundert ereignet hat.
Beide Teams suchten außerdem nach Spuren noch älterer Überflutungen.
Die zerstörerischen Tsunamis dürften demnach nur im Abstand von Jahrhunderten zuschlagen – historische Aufzeichnungen fehlen daher. Bei einem so seltenen Phänomen sind den Menschen die Vorteile eines Lebens an der Küste präsenter als die Gefahren einer Naturkatastrophe, die sich über Generationen nicht ereignen wird. Die lange Zeitspanne erschwert es, ein dauerhaftes Bewusstsein für die Gefahr aufrechtzuerhalten und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Die Angst vor der nächsten Welle, die vielleicht erst wieder in 600 Jahren einläuft, wird wohl niemandem dazu bringen, sein Strandhaus zu verlassen.
Auf einer Insel vor der Küste der indonesischen Provinz Aceh sah die Lage allerdings anders aus. Mündliche Überlieferung der Inselgeschichte erzählten von einem zerstörerischen Tsunami im Jahre 1907 – die Einheimischen kannten daher das Phänomen. Nach den Vorzeichen 2004 flohen die meisten Ansässigen in sichere, höher gelegene Gebiete und blieben so unversehrt.
Zwei Arbeitsgruppen haben es sich nun vorgenommen, die Historie von Tsunamis auch für andere Regionen Südostasiens zu erforschen – nicht zuletzt, um das Gefahrenbewusstsein der Bevölkerung zu schärfen. "Viele Menschen in Südostasien glauben, oder wollen glauben, dass es nie wieder passieren wird", erklärt Kruawun Jankaew, die Leiterin des Teams von der thailändischen Chulalongkorn-Universität in Bangkok.
Das Problem der Forscher: Frühere Spuren wie Ablagerungen bleiben selten erhalten und sind somit schwer zu finden. Nur in Sedimentfallen lassen sie sich aufspüren, die den Tsunamisand vor Wind, grabenden Tieren, fließendem Wasser und menschlichen Eingriffen schützen. Solche feuchten und moorigen Mulden haben die Wissenschaftler um Jankaew auf der Insel Phra Thong an der Westküste Thailands untersucht. Der Unterschied zwischen dem dunklen, organischen Boden des Feuchtgebietes und einem hellen Tsunamisand half ihnen, die Schichten voneinander abzugrenzen.
Beweise für frühere Tsunamis fand das Team in mehreren über die Insel verteilten Gruben, in denen Lagen von zehn Zentimeter weißem Sand sich mit dunkler, torfiger Erde abwechselten. Auf Grund von Aussagen der Bevölkerung ließ sich die oberste Schicht als Ablagerung des Tsunamis im Jahre 2004 identifizieren. Ins Sediment eingearbeitete Pflanzen und Bodenreste zeugten von starker Erosion und enormen Wasserturbulenzen während der Naturkatastrophe.
Die Datierung der Tsunamirückstände erwies sich als schwierig, da die Wucht der Welle Material aus alten Bodenschichten mitriss und wieder ablagerte. So spürten Jankaew und ihre Kollegen beispielsweise Blätterfragmente im Sand auf, die laut Radiokarbondatierung tausende Jahre älter waren als Baumrindenreste direkt unterhalb der Sandschicht. In den Ablagerungen vermischten sich also Pflanzen verschiedenen Alters. Dennoch konnten die Forscher einen eindeutigen Schluss ziehen: Vor 550 bis 700 Jahren verwüstete ein Tsunami das Gebiet des heutigen Thailands [1].
Ein zweites Geologenteam um Katrin Monecke von der amerikanischen Kent State University hat sich die Sedimente an einem Küstensumpf in Aceh im nördlichen Sumatra angeschaut, um auch dort die Geschichte der Überschwemmungen zu entschlüsseln. Sie entdeckten eine Sandlage unter der Schicht von 2004, die sie auf 600 bis 700 Jahre alt datierten [2]. Die Ergebnisse beider Gruppen passen also zusammen und deuten auf einen Tsunami der Größenordnung des Jahres 2004 hin, der sich vermutlich im 14. Jahrhundert ereignet hat.
Beide Teams suchten außerdem nach Spuren noch älterer Überflutungen.
"Viele Menschen in Südostasien wollen glauben, dass es nie wieder passieren wird"
(Kruawun Jankaew)
Die Geologen in Thailand fanden Zeichen von zwei früheren Tsunamis während der letzten 2500 bis 2800 Jahre, während die älteste Ablagerung in Sumatra zwischen 780 und 900 Jahren alt ist.(Kruawun Jankaew)
Die zerstörerischen Tsunamis dürften demnach nur im Abstand von Jahrhunderten zuschlagen – historische Aufzeichnungen fehlen daher. Bei einem so seltenen Phänomen sind den Menschen die Vorteile eines Lebens an der Küste präsenter als die Gefahren einer Naturkatastrophe, die sich über Generationen nicht ereignen wird. Die lange Zeitspanne erschwert es, ein dauerhaftes Bewusstsein für die Gefahr aufrechtzuerhalten und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Die Angst vor der nächsten Welle, die vielleicht erst wieder in 600 Jahren einläuft, wird wohl niemandem dazu bringen, sein Strandhaus zu verlassen.
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