Lexikon der Biologie: Beta
Betaw [latein., = Bete, Mangold, Wort keltischer Herkunft], Betarüben, Gattung der Gänsefußgewächse, die vom Mittelmeergebiet bis Vorderindien heimisch ist. Als Stammart aller Kulturpflanzen der Gattung muß Beta vulgaris ssp. maritima, die Wilde Rübe, gelten. Sie ist eine Pflanze der Spülsäume (Klassencharakterart Cakiletea maritimae) der atlantischen und mediterranen Meeresküsten Europas. Die Art ist nur wenig frosthart: die Zuckerrübe (s. u.) z. B. erträgt bis –5 °C. In Deutschland ist die Wilde Rübe nur auf Helgoland heimisch. Die 2jährige Pflanze bildet im 1. Jahr eine Blattrosette; den Winter überdauert sie mit einer nur schwach verdickten Wurzel, aus der im 2. Jahr ein bis 2 m hoher, verzweigter Blütenstand emporwächst. Die Rübe verdickt sich durch sog. anomales Dickenwachstum mit mehreren, nur kurz tätigen, konzentrischen Kambiumringen (Kambium). Die grünen staminokarpellaten Blüten mit einfachem Perianth stehen in Teilblütenständen (Knäuel) zu 2–4 in den Achseln von Tragblättern. Bis zur Fruchtreife verwachsen die sich bildenden einsamigen Nüsse an der Basis. Dieser Fruchtbau gilt im Prinzip für alle Betarüben. Die folgenden, aus der Wilden Rübe gezüchteten Kulturpflanzen Mangold, Runkelrübe, Zuckerrübe und Rote Rübe faßt man zur Subspezies vulgaris zusammen. Diese Rüben werden jeweils am Ende des 1. Jahres nach Aussaat geerntet, wenn die Nährstoffe zur Überwinterung in die Wurzel verlagert worden sind. Zur Blüte kommen die Pflanzen daher in der Regel nicht; bei der Saatgutgewinnung (Saatgut) dagegen muß auf die Rübennutzung verzichtet werden. Wichtig für den mechanisierten Anbau (insbesondere der Zuckerrübe) war die technische Herstellung bzw. Züchtung von einsamigem, sog. Monogermsaatgut (Monogermsamen), da früher die jeweils zu 2–4 entstehenden Jungpflanzen von Hand vereinzelt werden mußten. Mangoldvarietäten (convar. vulgaris oder var. cicla): Beim Mangold oder Beißkohl ( vgl. Tab. ), einer sehr alten Kulturpflanze, deren Anbau im Zweistromland seit 2000 v. Chr. nachgewiesen ist, werden die Blätter genutzt. Er wird in 2 Varietäten angebaut: als Schnittmangold (var. vulgaris oder f. hortensis), der im Sommer ähnlich wie Spinat gegessen und mehrfach geerntet werden kann, sowie als Rippenmangold (var. flavescens), dessen verdickte Blattstiele und Mittelrippen als spargelartiges Gemüse verzehrt werden. Wurzelrüben: Die anderen Betarüben, deren verdickte Wurzelrüben genutzt werden, faßt man als Convarietät crassa zusammen. Runkelrübe oder Futterrübe (var. rapacea oder crassa; vgl. Abb. ): Seit dem 17. Jahrhundert als Viehfutter genutzt, leitet sie sich wohl von Gartenmangolden ab, deren Blätter und Wurzeln zur Ernährung des Menschen herangezogen wurden. Seit dem Aufkommen der Fruchtwechselwirtschaft ohne Brache baut man die Runkelrübe feldmäßig an. Ihr Zuckergehalt ist seitdem durch Züchtung auf 3–5% erhöht worden. Bei der Runkelrübe ist ein Teil der Hauptwurzel, aber besonders das Hypokotyl, verdickt ( vgl. Abb. ), so daß sie oft weit über den Boden ragt. Das Hypokotyl ist je nach Sorte grün, gelb oder rot, das Innere jedoch weiß; die Rübe ist walzlich, plattrund oder spindelförmig. Die Runkelrübe wird im Spätherbst (vor Frostbeginn) geerntet. Zuckerrübe (var. altissima): 1747 wies der Berliner Apotheker A.S. Marggraf den damals nur aus Zuckerrohr gewonnenen Zucker Saccharose (Rohrzucker, Rübenzucker) in der Runkelrübe nach (1,6–3% Saccharose). F.C. Achard (1753–1821) begann dann um 1786, diesen Zucker aus Rüben zu gewinnen und zuckerreichere Sorten (bis 8% Saccharose) zu züchten. 1802 gelang die Züchtung der "Weißen Schlesischen Zuckerrübe", von der alle weiteren Zuckerrübensorten abstammen. In diesem Jahr wurde in Cunern (Schlesien) auch erstmals industriell Zucker aus Zuckerrüben gewonnen. Besonderen Aufschwung nahm die Produktion während der Kontinentalsperre Napoleons 1806. Nach deren Ende brach die Herstellung zusammen, da die verwendeten Sorten wegen des geringen Zuckergehalts nicht mit dem dann wieder erhältlichen Rohrzucker konkurrieren konnten. In Frankreich gingen die Züchtungsbemühungen jedoch weiter. Ab 1830 konnte dann die Zuckerproduktion aus Rüben preislich mit der aus Zuckerrohr mithalten, da inzwischen ertragreichere Sorten zur Verfügung standen. Heute angebaute Zuckerrüben haben einen Saccharose-Gehalt von 20%, und die fabrikatorische Ausbeute beträgt 16%. Die heutigen Sorten liefern einen Ertrag von 100–650 dz/ha; 38% der Weltzuckerproduktion stammen inzwischen aus Zuckerrüben. Der Zuckerrübenanbau konzentriert sich auf Europa, Nordamerika und China, ist aber auch bis in subtropische Gebiete vorgedrungen, in denen kein Zuckerrohranbau möglich ist ( vgl. Tab. ). Angebaut werden zuckerreiche Rüben (Z-Rüben) mit geringem Massenertrag, Ertragsrüben (E-Rüben) mit mittlerem Zuckergehalt und hohem Massenertrag sowie die dazwischenliegenden normalen Formen (N-Rüben). Die Zuckerrüben ( vgl. Abb. ) benötigen warmes, nicht zu regenreiches Klima. Stärkeren Frost vertragen sie nicht; daher müssen in Mitteleuropa die Rüben rechtzeitig geerntet bzw. zur Saatgutgewinnung geschützt überwintert werden. Zuckerrüben beanspruchen tiefgründige, durchlässige, humus- und nährstoffreiche Böden. Die Bodenoberfläche muß bei dieser Hackfrucht (Hackfrüchte) solange bearbeitet werden, bis die Rosettenblätter den Boden überdecken. Bei der Zuckerrübe ist vor allem die Hauptwurzel verdickt. Bei der Ernte im Oktober werden die weniger zuckerhaltigen Rübenköpfe und Blätter abgetrennt und als Silagefutter weiterverwendet (Silage). Um Zuckerverluste durch Atmung zu verhindern, werden die Zuckerrüben so rasch wie möglich an eine Zuckerfabrik geliefert. Die Rüben werden dort gewaschen, geschnetzelt und mit reichlich Wasser bei 80 °C ausgelaugt; die ausgelaugten Reste werden wiederum als Viehfutter verwendet. Den jetzt vorliegenden Zuckersaft dampft man nach Reinigung ein, bis der Zucker auszukristallisieren beginnt. Weitergereinigt und getrocknet, entsteht das Endprodukt. Dabei bleibt die proteinreiche und noch zuckerhaltige Melasse übrig, die Viehfutter zugesetzt oder zur Hefezüchtung verwendet wird. Zur gentechnologischen Gewinnung von Fructanen aus der Zuckerrübe vgl. Infobox.Rote Rübe (var. conditiva oder vulgaris): Bei der Varietät der Roten Rübe (Rote Bete, Rote Rahne; vgl. Abb. ) dient bei den meisten Sorten fast nur das Hypokotyl der Speicherung, so daß man das verzehrte Organ als Hypokotylknolle (im Gegensatz zur Wurzelrübe) bezeichnen sollte. Die wahrscheinlich schon im Mittelalter bekannte, mineralstoffreiche ( vgl. Tab. ) und bis zu 8,4% Zucker enthaltende Kulturpflanze wird roh oder gekocht, in Scheiben geschnitten und mit Essig versetzt als Salat gegessen. Der stickstoffhaltige Farbstoff Betanin verleiht dieser Varietät die rote Farbe. Er wird auch als Lebensmittelfarbstoff verwendet. Neben der Roten Rübe existiert auch eine gelbe Varietät (var. lutea), die aber heute nur noch wenig angebaut wird. Ackerbau, Auslesezüchtung, Autopolyploidie, Dreifelderwirtschaft, Grundgewebe, Pfahlwurzel, Raffinose, Rüben, Saat, Saccharose, Stecklinge, Transpirationskoeffizient, Unverträglichkeit, Wurzel; Kulturpflanzen II, IV.
R.W./A.Se.
Lit.:Hobhouse, H.: Fünf Pflanzen verändern die Welt. Chinarinde, Zucker, Tee, Baumwolle, Kartoffel. München 1992.
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Wasser: 92,2 g | Carotin*: 3530 μg | Natrium: 90 mg | |
Protein: 2,1 g | Vitamin B1: 100 μg | Kalium: 375 mg | |
Fett: 0,3 g | Vitamin B2: 160 μg | Calcium: 105 mg | |
Kohlenhydrate: 0,7 g | Folsäure: 30 μg | Mangan: 300 μg | |
Mineralien: 1,7 g | Vitamin C: 40 mg | Eisen: 2700 μg |
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Wasser: 88,8 g | Carotin*: 11 μg | Natrium: 60 mg | |
Protein: 1,5 g | Vitamin B1: 20 μg | Kalium: 335 mg | |
Fett: 0,1 g | Vitamin B2: 40 μg | Magnesium: 25 mg | |
Kohlenhydrate: 8,4 g | Vitamin B6: 50 μg | Calcium: 30 mg | |
Ballaststoffe: 2,5 g | Folsäure: 95 μg | Zink: 590 μg | |
Mineralien: 1,0 g | Vitamin C: 10 mg | Eisen: 930 μg |
* Carotin = Summe aller Provitamin-A-Carotinoide
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