Lexikon der Biologie: Stratigraphie
Stratigraphiew [von *stratigraph- ], (wahrscheinlich W. Smith 1817), nach O.H. Schindewolf (1964) „die Wissenschaft von den Gesteinen, die an der Erdoberfläche gebildet wurden, ihre Lithologie, Abfolge und geologische Verbreitung und ihre Interpretation in Termini der Erdgeschichte“. Andere Definitionen fassen den Aufgabenbereich der Stratigraphie entweder weiter (Stratigraphie = Historische Geologie) oder enger (Stratigraphie = Beschäftigung nur mit Sedimentgesteinen; Stratigraphie = Teildisziplin der Geochronologie). Solche Inhalte werden der stratigraphischen Praxis nicht gerecht. Bereits die internationalen Geologenkongresse zu Bologna (1881) und Paris (1900) trugen der Notwendigkeit Rechnung, die zeitliche Ordnung der Gesteine (Geochronologie) in 2 hierarchischen stratigraphischen Systemen auszudrücken (jeweils in absteigender Reihe): 1. Konkrete Gesteine: System (Formation), Serie (Abteilung), Stufe (Etage), Zone (Assise). 2. Abstrakte chronologische Zeiteinheiten: Ära, Periode, Epoche, Alter, Phase (Moment). Bis 1940 folgte man dieser Gliederung allgemein. Spätere Änderungen ergaben sich vorwiegend aus nationalen Erfordernissen: 1. aus der Errichtung nationaler stratigraphischer Kommissionen, 2. aus dem Zwang großräumiger Länder (vor allem USA, Kanada, UdSSR, Südafrika) zu rascher geologischer Kartierung um der wirtschaftlichen Nutzung willen (Formation). Ein weithin beachtetes, überaus sachgerechtes, bisher jedoch unverbindlich gebliebenes System schlugen schweizerische Geologen (1973) vor. Es unterscheidet 4 Skalen, die hier nach Steininger & Piller (1999) aktualisiert sind ( vgl. Tab. ). In den beiden rechten Skalen ist das alte zweigliedrige System praktisch erhalten geblieben. Dabei bezeichnet „Chronostratigraphie“ die Ordnung der Gesteine nach ihrer chronologischen Bildungsfolge als Ergebnis biostratigraphischer Durchdringung der Lithostratigraphie. Anders konzipierte Systeme übersehen oft, daß sich allein die Zone biostratigraphisch definieren läßt. Sog. „Gattungszonen“ im Sinne von Stufen (z.B. Neoschwagerina-Zone) ändern daran nichts. Um die strengen Anforderungen an das Zonen-Konzept der Biostratigraphie zu unterstreichen, grenzte Schindewolf diesen Idealfall als „Orthostratigraphie“ ab gegen solche Einstufungen, die – faziesbedingt – mit anderen als Zonen-Leitfossilien gewonnen werden müssen: Parastratigraphie. Lithostratigraphie galt ihm als stratigraphische Vorstufe, die er Prostratigraphie nannte. Die Eigenständigkeit der Lithostratigraphie ist umstritten; man redet besser von Lithologie, da anhand von Gesteinsfolgen allein noch keine zeitliche Abfolge festzulegen ist. Um der neu hinzutretenden absoluten Geochronologie den gebührenden Platz in der Stratigraphie zuzuweisen, vereinigte er sie mit der Orthostratigraphie zur Eustratigraphie. Für die Einteilung nach Jahren wurde neuerdings der Begriff „chronometrische Skala“ eingeführt und dem Ärathem ein Äonothem vorangestellt. Weitere, nicht immer als selbständig anerkannte Teilgebiete der Stratigraphie sind Dendrochronologie, Eventstratigraphie, Isotopenstratigraphie, Klimastratigraphie, Magnetostratigraphie, Radiometrie, Seismostratigraphie, Sequenzstratigraphie, Tektonostratigraphie, Tephrochronologie, „U conformity-bounded Units“ und die Warvenchronometrie (Warvenchronologie). – Chronostratigraphische Grenzen sollten nach älterer Auffassung „natürlich“, d.h. durch auffällige Markierungen (z.B. Fazieswechsel, Winkeldiskordanzen) gekennzeichnet sein. Inzwischen weiß man, daß solche Grenzen Zeitausfälle belegen und demnach nicht zweckdienlich sind. Deshalb werden stratigraphische Grenzen heute in internationaler Absprache festgelegt. Man sucht weltweit nach den günstigsten, d.h. umfassendsten und kontinuierlichsten Profilen mariner Sedimente (Meeresablagerungen), wählt sie zum „Stratotypus“ und zieht die Grenzen zwischen Biozonen. Derzeit wird in internationalen Kommissionen daran gearbeitet, Stratotypen und Grenzen verbindlich festzulegen; wenige Fälle sind jedoch schon entschieden (z.B. Silur-Devon-Grenze). Vom Stratotypus aus wird durch Parallelisierung zeitgleicher Strata (Korrelation) die weltweite Abfolge der Gesteine ermittelt. Barrande (J.), Füchsel (G.C.), Oppel (A.).
S.K./W.R.
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