Lexikon der Mathematik: Bolzano, Bernhard Placidus Johann Nepomuk
tschechischer Philosoph, Logiker und Theologe, geb. 5.10.1781 Prag, gest. 18.12.1848 Prag.
Bolzano studierte ab 1796 Philosophie, Mathematik und später auch Theologie an der Prager Universität. 1804 promovierte er zur Geometrie. Sein besonderes Interesse galt dabei der Theorie mathematisch korrekter Beweise. Im selben Jahr wurde er zum katholischen Priester geweiht und erhielt einen Lehrstuhl für Philosophie und Religion an der Universität Prag. Wegen seiner pazifistischen Anschauungen und seiner Bedenken bzgl. der ökonomischen Gerechtigkeit wurde er 1819 auf Drängen der östereichischen Regierung entlassen. Bald folgte eine Anklage wegen Häresie, worauf er unter Hausarrest gestellt wurde und Publikationsverbot innerhalb Österreichs erhielt.
1810 schrieb Bolzano „Beyträge zu einer begründeteren Darstellung der Mathematik. Erste Lieferung”. Schon die zweite Folge wurde, wenngleich geschrieben, von Bolzano nicht mehr veröffentlicht, da er sich von einzelnen Artikeln größere Aufmerksamkeit versprach. Entsprechend folgten: „Der binomische Lehrsatz, als Folgerung aus ihm der polynomische, und die Reihen, die zur Berechnung der Logarithmen und Exponentialgrößen dienen, genauer als bisher erwiesen” 1816 und „Rein analytischer Beweis des Lehrsatzes, daß zwischen je zwei Werten, die ein entgegengesetztes Resultat gewähren, wenigstens eine reelle Wurzel der Gleichung liege” 1817. In der ersten Arbeit nahm er (vier Jahre vor und unabhängig von Cauchy) das Konvergenzkriterium für unendliche Reihen vorweg. Im zweiten Artikel findet sich neben der Definition einer stetigen Funktion sowie dem für solche Funktionen geltenden Zwischenwertsatz von Bolzano auch der Satz von Bolzano-Weierstraß. Bemerkenswert ist auch sein Beispiel für eine Funktion, die zwar überall stetig aber an keiner Stelle differenzierbar ist (Bolzano-Kurve).
Teile seiner Arbeit „Grössenlehre” wurden 18301840 veröffentlicht. Darin versuchte er die Mathematik auf der als Größe verstandenen engeren Version des Mengenbegriffs aufzubauen.
Seine erst 1851 von einem seiner Studenten veröffentlichte Arbeit „Paradoxien des Unendlichen” kann als eine unmittelbare Vorleistung für die Cantorsche Mengenlehre angesehen werden.
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