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Metzler Lexikon Philosophie: Raum

Räume begegnen uns in vielen Zusammenhängen im Alltag, aber auch als Weltraum oder als mathematische Strukturen (z.B. Vektorraum). Für die Philosophie ist der umfassende Begriff des R.es bedeutend, der die Anordnung und Ausdehnung von Gegenständen betrifft und als Behälter aller körperlichen Dinge dient. – Die Geschichte des R.es (vgl. Jammer und Gosztonyi) zeigt die Verknüpfung von physikalischen und metaphysischen Vorstellungen. Im griechischen Atomismus ist der R. die Voraussetzung für die freie Bewegung der Körper (Vakuum). In Platons Kosmologie vermittelt der R. zwischen den Welten des Seins und des Werdens. Aristoteles spricht vor allem über den Ort von Gegenständen (als Oberfläche des einschließenden Körpers). Sein Raumbegriff, von dem man sich erst im 14. Jh. wieder löst, erlaubt die Auszeichnung natürlicher Orte für die Elemente und kosmologisch die Endlichkeit der Welt. – Nach Descartes sind R. und körperliche Ausdehnung (Materie) nur begrifflich verschieden, er identifiziert R. und Stoff. Einer jüdischen Tradition folgend verknüpft H. More R. und Gott. Der R. ist Ausdruck der Allgegenwart Gottes. Auch Newtons Metaphysik des absoluten R.es ist dadurch beeinflusst, für die Mechanik wird sie aber nicht benötigt. Newton löst den R. von materiellen Eigenschaften, er bleibt unabhängig von den Gegenständen gleich und unbeweglich. Leibniz dagegen fasst den R. als eine Relation auf, als Ordnung des Zugleichseins für die wirklichen und möglichen Dinge. Unabhängig von den Dingen gibt es keinen R. Seit Newton und Leibniz werden R. und Zeit aufeinander bezogen. Kant bestimmt R. und Zeit erkenntnistheoretisch als »reine Formen der Anschauung«, als subjektive Bedingungen jeder Erfahrung (Transzendentale Ästhetik). – Im 19. Jh. wird die Verknüpfung von R. und Geometrie wichtig. Euklids Kodifizierung der Geometrie galt als Vorbild für eine deduktive Wissenschaft. Die Entdeckung der nichteuklidschen Geometrie führte zu einer Trennung von mathematischer (uninterpretierter) und physikalischer (auf den empirischen R. angewandter) Geometrie. – Die Erörterung des Raumbegriffs in der Relativitätstheorie konzentrierte sich vor allem auf die geometrische Struktur. Dabei differenzierte sich der Begriff des absoluten R.es (vgl. Friedman): Absolut kann dabei im Gegensatz stehen zu relational (ontologische Selbständigkeit), zu relativ (Unabhängigkeit vom Bezugssystem) und zu dynamisch. In der Allgemeinen Relativitätstheorie ist die Geometrie dynamisch, d.h. nicht mehr starrer Hintergrund, sondern veränderlicher Teilnehmer an physikalischen Prozessen. Aber auch diese Theorie trifft keine Entscheidung zugunsten einer relationalen R.-Zeit-Ontologie, so dass Machs Programm, das »begriffliche Ungetüm des absoluten Raumes« zu entfernen, nicht erfüllt ist. Es bleibt offen, ob sich R. und Zeit auf spezielle raum-zeitliche Beziehungen zwischen physischen Objekten zurückführen lassen oder ob sie unabhängig existierende Entitäten sind. In der relativistischen Kosmologie wird die Entscheidung über Endlichkeit und Begrenztheit des Universums, ein altes Problem der Metaphysik, zu einer empirischen Frage. – Weitgehend unabhängig von der Physik gibt es erkenntnistheoretisch und anthropologisch orientierte Untersuchungen des Wahrnehmungsraumes und des Raumerlebens. In der Phänomenologie wird die Raumerfahrung vom Bewusstsein aus analysiert (Husserl, Becker). Daneben werden in »Erlebnisräumen« die vielfältigen Beziehungen von Menschen zu konkreten Räumen aufgezeigt.

Literatur:

  • J. Audretsch/K. Mainzer (Hg.): Philosophie und Physik der Raum-Zeit. Mannheim 1988
  • A. Gosztonyi: Der Raum. 2 Bde. Freiburg/München 1976
  • J. Earman: World Enough and Space-Time. Cambridge (Mass.) 1989
  • M. Friedman: Foundations of Space-Time Theories. Princeton 1983
  • M. Jammer: Das Problem des Raumes. Darmstadt 21980
  • B. Kanitscheider: Vom absoluten Raum zur dynamischen Geometrie. Mannheim 1976
  • H. Reichenbach: Philosophie der Raum-Zeit-Lehre. Leipzig 1928.

MS

  • Die Autoren
AA Andreas Arndt, Berlin
AB Andreas Bartels, Paderborn
AC Andreas Cremonini, Basel
AD Andreas Disselnkötter, Dortmund
AE Achim Engstler, Münster
AG Alexander Grau, Berlin
AK André Kieserling, Bielefeld
AM Arne Malmsheimer, Bochum
AN Armin Nassehi, München
AR Alexander Riebel, Würzburg
ARE Anne Reichold, Kaiserslautern
AS Annette Sell, Bochum
AT Axel Tschentscher, Würzburg
ATA Angela T. Augustin †
AW Astrid Wagner, Berlin
BA Bernd Amos, Erlangen
BBR Birger Brinkmeier, Münster
BCP Bernadette Collenberg-Plotnikov, Hagen
BD Bernhard Debatin, Berlin
BES Bettina Schmitz, Würzburg
BG Bernward Gesang, Kusterdingen
BI Bernhard Irrgang, Dresden
BK Bernd Kleimann, Tübingen
BKO Boris Kositzke, Tübingen
BL Burkhard Liebsch, Bochum
BR Boris Rähme, Berlin
BS Berthold Suchan, Gießen
BZ Bernhard Zimmermann, Freiburg
CA Claudia Albert, Berlin
CH Cornelia Haas, Würzburg
CHA Christoph Asmuth, Berlin
CHR Christa Runtenberg, Münster
CI Christian Iber, Berlin
CJ Christoph Jäger, Leipzig
CK Christian Kanzian, Innsbruck
CL Cornelia Liesenfeld, Augsburg
CLK Clemens Kauffmann, Lappersdorf
CM Claudius Müller, Nehren
CO Clemens Ottmers, Tübingen
CP Cristina de la Puente, Stuttgart
CS Christian Schröer, Augsburg
CSE Clemens Sedmak, Innsbruck
CT Christian Tewes, Jena
CZ Christian Zeuch, Münster
DG Dorothea Günther, Würzburg
DGR Dorit Grugel, Münster
DH Detlef Horster, Hannover
DHB Daniela Hoff-Bergmann, Bremen
DIK Dietmar Köveker, Frankfurt a.M.
DK Dominic Kaegi, Luzern
DKÖ Dietmar Köhler, Witten
DL Dorothea Lüddeckens, Zürich
DP Dominik Perler, Berlin
DR Dane Ratliff, Würzburg und Austin/Texas
EE Eva Elm, Berlin
EJ Eva Jelden, Berlin
EF Elisabeth Fink, Berlin
EM Ekkehard Martens, Hamburg
ER Eberhard Rüddenklau, Staufenberg
EWG Eckard Wolz-Gottwald, Davensberg
EWL Elisabeth Weisser-Lohmann, Bochum
FBS Franz-Bernhard Stammkötter, Bochum
FG Frank Grunert, Basel
FPB Franz-Peter Burkard, Würzburg
FW Fabian Wittreck, Münster
GK Georg Kneer, Leipzig
GKB Gudrun Kühne-Bertram, Ochtrup
GL Georg Lohmann, Magdeburg
GM Georg Mildenberger, Tübingen
GME Günther Mensching, Hannover
GMO Georg Mohr, Bremen
GN Guido Naschert, Tübingen
GOS Gottfried Schwitzgebel, Mainz
GS Georg Scherer, Oberhausen
GSO Gianfranco Soldati, Tübingen
HB Harald Berger, Graz
HD Horst Dreier, Würzburg
HDH Han-Ding Hong, Düsseldorf
HG Helmut Glück, Bamberg
HGR Horst Gronke, Berlin
HL Hilge Landweer, Berlin
HND Herta Nagl-Docekal, Wien
HPS Helke Pankin-Schappert, Mainz
HS Herbert Schnädelbach, Berlin
IR Ines Riemer, Hamburg
JA Johann S. Ach, Münster
JC Jürgen Court, Köln
JH Jörg Hardy, Münster
JHI Jens Hinkmann, Bad Tölz
JK Jörg Klawitter, Würzburg
JM Jörg F. Maas, Hannover
JOP Jeff Owen Prudhomme, Macon/Georgia
JP Jörg Pannier, Münster
JPB Jens Peter Brune
JQ Josef Quitterer, Innsbruck
JR Josef Rauscher, Mainz
JRO Johannes Rohbeck, Dresden
JS Joachim Söder, Bonn
JSC Jörg Schmidt, München
JV Jürgen Villers, Aachen
KDZ Klaus-Dieter Zacher, Berlin
KE Klaus Eck, Würzburg
KG Kerstin Gevatter, Bochum
KH Kai-Uwe Hellmann, Berlin
KHG Karl-Heinz Gerschmann, Münster
KHL Karl-Heinz Lembeck, Würzburg
KJG Klaus-Jürgen Grün, Frankfurt a.M.
KK Klaus Kahnert, Bochum
KRL Karl-Reinhard Lohmann, Witten
KS Kathrin Schulz, Würzburg
KSH Klaus Sachs-Hombach, Magdeburg
LG Lutz Geldsetzer, Düsseldorf
LR Leonhard Richter, Würzburg
MA Mauro Antonelli, Graz
MB Martin Beisler, Gerbrunn
MBI Marcus Birke, Münster
MBO Marco Bonato, Tübingen
MD Max Deeg, Cardiff
MDB Matthias Bloch, Bochum
ME Michael Esfeld, Münster
MFM Martin F. Meyer, Koblenz/Landau
MK Matthias Kunz, München
MKL Martin Kleinsorge, Aachen
MKO Mathias Koßler, Mainz
ML Mark Lekarew, Berlin
MLE Michael Leibold, Würzburg
MM Matthias Maring, Karlsruhe
MN Marcel Niquet, Frankfurt a.M.
MQ Michael Quante, Köln
MR Mathias Richter, Berlin
MRM Marie-Luise Raters-Mohr, Potsdam
MS Manfred Stöckler, Bremen
MSI Mark Siebel, Hamburg
MSP Michael Spang, Ellwangen
MSU Martin Suhr, Hamburg
MW Markus Willaschek, Münster
MWÖ Matthias Wörther, München
NM Norbert Meuter, Berlin
OB Oliver Baum, Bochum
OFS Orrin F. Summerell, Bochum
PE Peter Eisenhardt, Frankfurt a.M.
PCL Peter Ch. Lang, Frankfurt a.M.
PK Peter Kunzmann, Jena
PN Peter Nitschke, Vechta
PP Peter Prechtl †
RD Ruth Dommaschk, Würzburg
RDÜ Renate Dürr, Karlsruhe
RE Rolf Elberfeld, Hildesheim
REW Ruth Ewertowski, Stuttgart
RH Reiner Hedrich, Gießen
RHI Reinhard Hiltscher, Stegaurach
RK Reinhard Kottmann, Münster
RL Rudolf Lüthe, Koblenz
RLA Rolf-Jürgen Lachmann, Berlin
RM Reinhard Mehring, Berlin
RP Roland Popp, Bremen
RS Regina Srowig, Würzburg
RTH Robert Theis, Strassen
RW Raymund Weyers, Köln
SD Steffen Dietzsch, Berlin
SIK Simone Koch, Bochum
SP Stephan Pohl, Dresden
SZ Snjezana Zoric, Würzburg
TB Thomas Bausch, Berlin
TBL Thomas Blume, Dresden
TF Thomas Friedrich, Mannheim
TG Thomas Grundmann, Köln
TH Thomas Hammer, Frankfurt a.M.
TK Thomas Kisser, München
TM Thomas Mormann, Unterhaching
TN Thomas Noetzel, Marburg
TP Tony Pacyna, Jena
TW Thomas Welt, Bochum
UB Ulrich Baltzer, München
UT Udo Tietz, Berlin
UM Ulrich Metschl, München/Leonberg
VG Volker Gerhardt, Berlin
VM Verena Mayer, München
VP Veit Pittioni, Innsbruck
VR Virginie Riant, Vechta
WAM Walter Mesch, Heidelberg
WB Wilhelm Baumgartner, Würzburg
WH Wolfram Hinzen, Bern
WJ Werner Jung, Duisburg
WK Wulf Kellerwessel, Aachen
WL Winfried Löffler, Innsbruck
WM Wolfgang Meckel, Butzbach
WN Wolfgang Neuser, Kaiserslautern
WP Wolfgang Pleger, Cochem/Dohr
WS Werner Schüßler, Trier
WST Wolfgang Struck, Erfurt
WSU Wolfgang Schulz, Tübingen
WvH Wolfram von Heynitz, Weiburg

Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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