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Lexikon der Kartographie und Geomatik: Minimaldimensionen von Kartenzeichen

Minimaldimensionen von Kartenzeichen, graphische Mindestgrößen, E minimum sizes, minimum differences, Mindestwerte zur Wahrnehmung (Auffassbarkeit, Lesbarkeit) eines Kartenzeichens bzw. eines graphischen Elements in Bezug auf seine Größe und seinen Abstand von einem anderen Kartenzeichen unter normalen Wahrnehmungsbedingungen.
Die Minimaldimensionen graphischer Zeichen werden grundsätzlich von der menschlichen Sehkraft bzw. Sehschärfe bestimmt. Nach H. Schober, D. Morgenstern u. a. wird diese durch einfache Trennschärfe, Noniussehschärfe, Formempfindlichkeit und minimale Lesezeichengrösse im Einzelnen näher charakterisiert. Die einfache Trennschärfe von 24″ als anatomische Auflösung theoretisch definierbar (vgl. Auflösung), beträgt beim normalen Betrachtungsabstand 0,04 mm. Unter optimalen äußeren Wahrnehmungsbedingungen muss von einem höheren Wert für die einfache Trennschärfe ausgegangen werden (Sehwinkel 90″, entsprechendes Auflösungsvermögen von 0,14 mm). Die aus physiologischen Gründen wesentlich höhere Noniussehschärfe als untere Grenze der Unterscheidbarkeit zweier Linien liegt bei einem Sehwinkel von 8″ bis 10″, was einem Auflösungsvermögen von ca. 0,02 mm entspricht. Gleichfalls physiologisch bedingt ist die gegenüber der einfachen Trennschärfe zwei- bis dreifach größere Formempfindlichkeit bzw. -unterscheidbarkeit einfacher geometrischer Zeichen. Die minimale Lesezeichengröße kann als Sonderfall der Formempfindlichkeit gelten.
Minimaldimensionen im Kartenbild werden zusätzlich von verschiedenen speziellen syntaktischen, semantischen und pragmatischen Bedingungen beeinflusst, so dass sich von den Minimaldimensionen der physiologischen Optik abweichende Werte ergeben. Bei diesen Einflussbedingungen und -faktoren handelt es sich im Einzelnen um die graphische Dichte des Kartenbildes (vgl. Kartenbelastung), den graphischen Kontext unter syntaktischen und semantischen Aspekten, die Kontrastverhältnisse (vgl. Kontrast, Figur-Grund-Unterscheidung), den Betrachtungsabstand, die Beleuchtungsverhältnisse und weitere Kommunikationsbedingungen einschließlich des Kommunikationsziels. Aus technischer Sicht ergeben sich bei der Herstellung und Nutzung von Kartenzeichen und Karten am Bildschirm Probleme, die erst Ende der 1990er Jahre näher untersucht worden sind. Das betrifft sowohl Kartenzeichen i. e. S. als auch die Kartenschrift.
Als Basis-Richtwerte für Papierkarten (Betrachtungsabstand 25 bis 30 cm) können u. a. folgende Minimaldimensionen gelten: Schwarze Linie auf weißem Grund: Breite 0,05 bis 0,08 mm; buntfarbige Linie auf weißem Grund bzw. schwarze Linie auf farbgetöntem Grund: 0,08 bis 0,10 mm; Linienabstand, Flächenabstand: 0,15 bis 0,25 mm (bei Doppellinien auch in Abhängigkeit von der Strichbreite); quadratische Figur, voll: 0,40 × 0,40 mm, rechteckige Figur, voll: 0,30 × 0,60 mm, Punktdurchmesser: 0,25 mm.
Auf Papierkarten sollte die 6-p-Schrift mit Großbuchstaben zwischen 1,4 und 1,6 mm und Kleinbuchstaben zwischen 1,0 und 1,15 mm nur in Ausnahmefällen unterschritten werden.
Für Wandkarten sind die Minimaldimensionen der Kartenzeichen und der Schriftzeichen aufgrund des extrem großen Betrachtungsabstandes mit dem Faktor 2 bis 4 zu multiplizieren.
Seit der Mitte der 1990er Jahre sind weitere vorwiegend pragmatisch bedingte Tendenzen bezüglich der in der kartographischen Praxis realisierten Minimaldimensionen und des damit verbundenen Feinheitsgrades von konventionellen Kartenerzeugnissen zu verzeichnen. Im Interesse besserer Übersichtlichkeit und schnellerer Lesbarkeit des Kartenbildes, insbesondere von Planungskarten, Autokarten und Wanderkarten, teilweise auch von topographischen Karten (in Verbindung mit ATKIS in Deutschland) werden die Abmessungen der Zeichen verschiedentlich deutlich vergrößert, was zu einem gröberen Kartenbild führt.
Für Kartenzeichen auf Bildschirmen müssen beim derzeitigen technologischen Stand in jedem Fall mehr oder weniger größere Minimaldimensionen angehalten werden. Sie sind von der Bildschirmdarstellung (Bildschirmtyp, -größe und -auflösung, Farbkontrast; bei Linien Grad der Abweichung von der vertikalen bzw. horizontalen Ausrichtung) abhängig. Nach empirischen Untersuchungen von B. Malić ergab sich für die Strichbreite horizontaler Linien der Vergrößerungsfaktor 4 (15 Zoll- und 20 Zoll-Streifenmasken-Bildschirm) bzw. 6 (17 Zoll-Lochmasken-Bildschirm) bei jeweils höchster Auflösung von 1280 × 1024. Für vertikale Linien lag er zwischen 5 und 10, je nach Bildschirmauflösung. Konkret bedeutet das für die Minimaldimensionen horizontaler Linien Strichbreiten zwischen 0,20 mm bei einer Auflösung von 1280 × 1024 und 0,45 mm bei einer Auflösung von 640 × 480. Für vertikale Linien liegt der Wert für die geringe Auflösung bei etwa 0,50 mm; bei Verwendung eines Streifenmasken-Bildschirms ist er unabhängig von der Auflösung und beträgt 0,25 bis 0,30 mm. Die Minimalbreite einer schrägen Linie hat den Wert eines Bildschirmpixels; charakteristisch ist die treppenförmige Abbildung. Mindestabstände von Linien, z. B. von Doppellinien, sind bei Bildschirmkarten nicht nur von der Strichbreite der beteiligten Linien abhängig, sondern auch von Effekten, die sich aus der Zufälligkeit der Bitmap-Abbildung in die Bildschirmpixelstruktur ergeben. Generell bestimmt die Bildschirmpixelgröße die theoretische Untergrenze für die Breite der auf dem Bildschirm dargestellten Linien und für den kleinsten Linienabstand. Für horizontale Linien kann von einem minimalen Linienabstand von 0,20 mm für Linienbreiten zwischen 0,20 mm und 0,60 mm (Auflösung 1280 × 1024) ausgegangen werden bzw. von 0,25 mm bis 0,60 mm (Auflösung 640 × 480 mm). Auch für geometrische Figuren vergrößern sich die Minimaldimensionen am Bildschirm größtenteils erheblich. Angegeben werden beispielsweise für die quadratische Hohlform Werte um 1,00 × 1,00 mm bei höchster Auflösung und um 1,50 × 1,50 mm bei niedrigster Auflösung. Abweichungen für die quadratische Vollform sind nur bei geringer Auflösung signifikant. Insgesamt ergeben sich Vergrößerungsfaktoren zwischen etwa 2,5 (höchste Auflösung) und 6 (niedrigste Auflösung).
Das Problem der Minimaldimensionen von Kartenzeichen bzw. graphischen Elementen am Bildschirm muss somit recht differenziert behandelt werden. Geht man jedoch davon aus, dass heute zumeist Bildschirme mit großer Bilddiagonale und hoher Auflösung für kartographische Zwecke zur Verfügung stehen, so liegen die Vergrößerungsfaktoren für Zeichen einschließlich Schriftzeichen etwa zwischen 2 und 4 im Vergleich zu Papierkarten. Dies ist beim Entwurf von Zeichensystemen für Bildschirmkarten zu berücksichtigen. Kleinformatige mobile Bildanzeigen, auf denen nur eine stark vereinfachte Kartengraphik (Topogramm, Kartenschema) realisierbar ist (vgl. Telekartographie), da die Pixelgrößen bei 0,25 mm bis 0,35 mm liegen, führen schließlich zu einer weiteren Vergrößerung (Vergröberung) der graphischen Minimaldimensionen.

WKH

Literatur: [1] ARNBERGER, E. & Kretschmer, I. (1975): Wesen und Aufgaben der Kartographie – Topographische Karten, Enzyklopädie der Kartographie, Bd. 1, T. I u. II, Wien. [2] MALIĆ, B. (1998): Physiologische und technische Aspekte kartographischer Bildschirmvisualisierung. Bonn (= Schriftenreihe des Instituts für Kartographie u. Topographie der Universität Bonn, H. 25). [3] BRUNNER, K. (2001): Kartengestaltung für elektronische Bildanzeigen. In: Theorie 2000, Dresden (= Kartographische Bausteine, Bd. 19).

  • Die Autoren

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lexikons der Kartographie und Geomatik

Herausgeber und Redaktion (jew. mit Kürzel)

JBN

Prof. Dr. Jürgen Bollmann, Universität Trier, FB VI/Kartographie

WKH

Prof. Dr. Wolf Günther Koch, Technische Universität Dresden, Institut für Kartographie

ALI

Dipl.-Geogr. Annette Lipinski, Köln

Autorinnen und Autoren (jew. mit Kürzel)

CBE

Prof. Dr. Christoph Becker, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Fremdenverkehrsgeographie

WBE

Dipl.-Met. Wolfgang Benesch, Offenbach

ABH

Dr. Achim Bobrich, Universität Hannover, Institut für Kartographie und Geoinformatik

GBR

Dr.-Ing. Gerd Boedecker, Bayrische Akademie der Wissenschaften, Kommission für Erdmessung, München

JBN

Prof. Dr. Jürgen Bollmann, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

WBO

Dr. Wolfgang Bosch, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München

CBR

Dr. Christoph Brandenberger, ETH Zürich, Institut für Kartographie, (CH)

TBR

Dipl.-Geogr. Till Bräuninger, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

KBR

Prof. Dr. Kurt Brunner, Universität der Bundeswehr, Institut für Photogrammetrie und Kartographie, Neubiberg

MBR

Prof. Dr. Manfred F. Buchroithner, TU Dresden, Institut für Kartographie

EBN

Dr.-Ing. Dr. sc. techn. Ernst Buschmann, Potsdam

WBH

Prof. Dr. Wolfgang Busch, TU Clausthal-Zellerfeld

GBK

Dr. Gerd Buziek, München

ECS

Prof. Dr. Elmar Csaplovics, TU Dresden, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

WDK

Prof. Dr. Wolfgang Denk, FH Karlsruhe, Hochschule für Technik, FB Geoinformationswesen

FDN

Doz. Dr. Frank Dickmann, TU Dresden, Institut für Kartographie

RDH

Prof. Dr. Reinhard Dietrich, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

DDH

Dr. Doris Dransch, Berlin

HDS

Prof. Dr. Hermann Drewes, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München

DER

Dr. Dieter Egger, TU München, Institut für Astronomische und Physikalisch Geodäsie

RET

Dr. jur. Dipl.-Ing. Rita Eggert, Karlsruhe

HFY

Dipl.-Geogr. Holger Faby, Europäisches Tourismus Institut GmbH an der Universität Trier

GGR

Univ. Ass. Dr. MA Georg Gartner, TU Wien, Institut für Kartographie und Reproduktionstechnik, (A)

CGR

Prof. Dr. Cornelia Gläßer, Martin-Luther-Universität, Halle/S.-Wittenberg, Institut für Geographie

KGR

Dr. Konrad Großer, Institut für Länderkunde, Leipzig

RHA

Dr. Ralph Hansen, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

HHT

Dipl.-Met. Horst Hecht, Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Hamburg

BHK

Prof. Dr.-Ing. Bernhard Heck, Universität Karlsruhe, Geodätisches Institut

FHN

Dr. Frank Heidmann, Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation, Stuttgart

RHN

Prof. Dr. Reinhard Hoffmann, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Didaktik der Geographie

KIK

Prof. Dr. Karl-Heinz Ilk, Universität Bonn, Institut für Theoretische Geodäsie

WKR

Dipl.-Geol. Wolfgang Kaseebeer, Universität Karlsruhe, Lehrstuhl für Angewandte Geologie

KKN

Prof. Dr. Ing. Karl-Hans Klein, Bergische Universität Wuppertal, FB 11, Vermessungskunde/ Ingenieurvermessung

AKL

Dipl.-Geogr. Alexander Klippel, Universität Hamburg, FB Informatik

CKL

Dr. Christof Kneisel, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

WKH

Prof. Dr. Wolf Günther Koch, Technische Universität Dresden, Institut für Kartographie

IKR

Prof. Dr. Ingrid Kretschmer, Universität Wien, Institut für Geographie und Regionalforschung, (A)

JKI

Dr. Jan Krupski, Universität Wroclaw (Breslau), Institut für Geographie, (PL)

CLT

Dipl.-Geogr. Christian Lambrecht, Institut für Länderkunde, Leipzig

ALI

Dipl.-Geogr. Annette Lipinski, Köln

KLL

Dr. Karl-Heinz Löbel, TU Bergakademie Freiberg

OMF

Dr. Otti Margraf, Beucha

SMR

Prof. Dr. Siegfried Meier, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

SMI

Dipl.-Geogr. Stefan Neier-Zielinski, Basel (CH)

GML

Dr. Gotthard Meinel, Institut für Ökologische Raumentwicklung, Dresden

RMS

Roland Meis, Puls

BMR

Prof. Dr. Bernd Meißner, Technische Fachhochschule Berlin, FB 7

MMY

Doz. Dr. Dipl.-Ing. Miroslav Miksovsky, TU Prag, Fakultät Bauwesen, (CZ)

AMR

Dr. Andreas Müller, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt.Kartographie

JMR

Dr.-Ing. Jürgen Müller, TU München, Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie

MND

Dr. Maik Netzband, Universität Leipzig, Institut für Geographie

JNN

Prof. Dr. Joachim Neumann, Wachtberg

ANL

Dr. Axel Nothnagel, Universität Bonn, Geodätisches Institut

FOG

Prof. Dr. Ferjan Ormeling, Universität Utrecht, Institut für Geographie, (NL)

NPL

Dr. Nikolas Prechtel, TU Dresden, Institut für Kartographie

WER

Dr. Wolf-Dieter Rase, Bundesamt für Städtebau und Raumplanung, Abt. I, Bonn

KRR

Prof. Dr. em. Karl Regensburger, TU Dresden, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

WRT

Prof. Dr. Wolfgang Reinhardt, Universität der Bundeswehr, Institut für Geoinformation und Landentwicklung, Neubiberg

HRR

Heinz W. Reuter, DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, Offenbach

SRI

Dipl.-Geogr. Simon Rolli, Basel (CH)

CRE

Dipl.-Ing. Christine Rülke, TU Dresden, Institut für Kartographie

DSB

PD Dr. Daniel Schaub, Aarau (CH)

MST

Dr. Mirko Scheinert, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

WSR

Dr.-Ing. Wolfgang Schlüter, Wetzell

RST

Dr. Reinhard-Günter Schmidt, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

JSR

PD Dr. Ing. Johannes Schoppmeyer, Universität Bonn, Institut für Kartographie und Geoinformation

HSN

Prof. Dr. Heidrun Schumann, Universität Rostock, Institut für Computergraphik, FB Informatik

BST

PD Dr. Brigitta Schütt, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

HSH

Prof. Dr.-Ing. Harald Schuh, TU Wien, Institut für Geodäsie und Geophysik, (A)

GSR

Prof. Dr. Günter Seeber, Universität Hannover, Institut für Erdmessung

KSA

Prof. Dr. Kira B. Shingareva, Moskauer Staatliche Universität für Geodäsie und Kartographie, (RU)

JSS

Dr. Jörn Sievers, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, Frankfurt

MSL

Prof. Dr. Michael H. Soffel, TU Dresden, Lohrmann-Observatorium

ESS

Prof. Dr. em. h.c. Ernst Spiess, Forch (CH)

WSS

Doz. i.R. Dr. Werner Stams, Radebeul

MSR

Dipl.-Geogr. Monika Stauber, Berlin

KST

Prof. Dr. em. Klaus-Günter Steinert, TU Dresden, Lohrmann-Observatorium

PTZ

Dr. Peter Tainz, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

ETL

Dr. Elisabeth Tressel, Universität Trier, FB VI/Physische Geographie

AUE

Dr. Anne-Dore Uthe, Institut für Stadtentwicklung und Wohnen des Landes Brandenburg, Frankfurt/Oder

GVS

Dr.-Ing. Georg Vickus, Hildesheim

WWR

Dipl.-Geogr. Wilfried Weber, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

IWT

Prof. Dr. Ingeborg Wilfert, TU Dresden, Institut für Kartographie

HWL

Dr. Hagen Will, Gießen

DWF

Dipl.-Ing. Detlef Wolff, Leverkusen

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