Lexikon der Neurowissenschaft: Auflösungsvermögen
Auflösungsvermögen, Trennschärfe, Eresolving power, Leistungsfähigkeit eines Systems, zwei räumlich benachbarte Reize(räumliches Auflösungsvermögen) oder zwei aufeinander folgende Reize (zeitliches Auflösungsvermögen) noch getrennt darzustellen. Als Zahlenwert des Auflösungsvermögens wird oft der Kehrwert des kleinsten Abstandes zwischen zwei Reizen verwendet, bei dem eine Trennung gerade noch möglich ist (Auflösungsgrenze). Es kann jedoch auch der Wert des Abstandes selbst angegeben sein. – Das räumliche Auflösungsvermögen ist um so besser, je geringer der Abstand von zwei Punkten (oder Linien) ist, die gerade noch getrennt wahrgenommen ("aufgelöst") werden können, also je besser das System in der Lage ist, benachbarte Objekteinzelheiten voneinander getrennt wiederzugeben (Bildschärfe). Bei optischen Systemen (Fernrohr, Mikroskop, Auge) wird die theoretisch erreichbare Auflösung vom Objektivdurchmesser, der Brennweite und der Lichtwellenlänge bestimmt ( siehe Zusatzinfo ). Optische Abbildungsfehler (Linsenfehler) und Eigenschaften des Bildes (geringer Kontrast, Helligkeit, Luftunruhe) können die theoretisch erreichbare Auflösung reduzieren. Da der Abstand zweier Punkte, die noch getrennt wahrgenommen werden können, von der Entfernung der Punkte vom abbildenden System (Fernrohr, Auge) abhängt, wird für das räumliche Auflösungsvermögen eines optischen Instruments meist die Sehwinkeldifferenz zweier gerade eben noch getrennt wahrnehmbarer Objektpunkte angegeben. Dies ist der Winkelabstand, den zwei Punkte, vom abbildenden System aus gemessen, mindestens besitzen müssen, um im Bild als getrennte Punkte dargestellt zu werden. Die räumliche Auflösung kann auch als Zahlenwert, als dimensionsloser Kehrwert des (im Bogenmaß oder in Winkelminuten gemessenen) Winkels angegeben werden. Elektronenmikroskop, Lichtmikroskop. – Das räumliche Auflösungsvermögen des Auges ( siehe Tab. 1 ) wird durch zahlreiche Faktoren beeinflußt. Die theoretisch mögliche Auflösung wird wegen der Beugung des Lichts an der runden Pupille, durch den Pupillendurchmesser, die Linsenbrennweite und die Lichtwellenlänge begrenzt. Der minimale Abstand zweier noch trennbarer Bildpunkte auf der Netzhaut beträgt etwa 4 μm, das entspricht einem Sehwinkel von unter 1′. Zwei benachbarte Punkte können nur dann als getrennt wahrgenommen werden, wenn die von ihnen ausgehenden Strahlen auf der Netzhaut zwei verschiedene Rezeptoren, zwischen denen sich noch mindestens ein weiterer befindet, erregen. In der Fovea centralis (gelber Fleck), dem Bereich des schärfsten Sehens, ist der Abstand und Durchmesser der Zapfen mit etwa 2 μm der theoretischen Auflösung gut angepaßt. Eine höhere Dichte der Rezeptoren würde keinen Vorteil bringen. Mängel des optischen Systems, anatomische Begrenzungen, wie die Dichte der Rezeptoren auf der Netzhaut, sowie die Eigenschaften der anschließenden neuronalen Verarbeitung sind für die geringere Sehschärfe des Auges außerhalb der Fovea centralis von Bedeutung. Auch physikalische Eigenschaften des Bildes (Helligkeit und Kontrast) und physiologische Eigenschaften wie die Adaptation des Auges beeinflussen die Sehschärfe. Für ein normalsichtiges Auge liegt das maximale Auflösungsvermögen bei einem Sehwinkel von ca. 1′. Dies entspricht definitionsgemäß einer Sehschärfe von 1,0. Das Auflösungsvermögen sinkt zum Randbereich der Netzhaut stark ab, da dort mehrere Zapfen eine gemeinsame Nervenfaser nutzen und die Zapfen weniger dicht liegen. – Das räumliche Auflösungsvermögen derHaut gibt an, wie gut man z.B. bei gleichzeitigen Berührungsreizen an dicht beieinander liegenden Reizorten diese noch getrennt wahrnehmen kann. Es wird als Kehrwert des minimalen Abstandes angegeben, bei dem eine getrennte Wahrnehmung gerade noch möglich ist. Das räumliche Auflösungsvermögen ist an den Fingerkuppen, den Lippen und der Zunge besonders hoch. Hier können Reizorte von 1-2 mm Abstand noch unterschieden werden. Auf dem Rücken ist es mit mehreren Zentimetern Abstand wesentlich geringer. – Das zeitliche Auflösungsvermögen ( siehe Tab. 2 ) gibt an, wie dicht zwei Reize, z.B. zwei Lichtblitze oder Berührungsreize aufeinander folgen dürfen, um noch getrennt wahrgenommen zu werden. Steigt die Reizfrequenz, so wird ein Grenzwert (Auflösungsgrenze) erreicht, an dem die Reizantworten miteinander verschmelzen (Flimmerverschmelzungsfrequenz) und einen kontinuierlichen Reiz vortäuschen. Das begrenzte zeitliche Auflösungsvermögen des Auges bedingt, daß Lichtblitze mit der Verschmelzungsfrequenz als Flimmern (Flimmerfusion), bei noch höheren Frequenzen als kontinuierliche Beleuchtung wahrgenommen werden. Der Wert der Verschmelzungsfrequenz ist stark von der Lichtintensität abhängig. Die zeitliche Auflösungsgrenze beträgt beim Tagessehen ca. 50 Hz (stroboskopischer Effekt), beim Dämmerungssehen etwa 10 Hz.
Auflösungsvermögen
Auflösungsvermögen optischer Instrumente:
Das mikroskopische Bild eines punktförmigen Objekts wird wegen der Beugung als Fleck abgebildet, der von dunkeln und hellen Ringen konzentrisch umgeben ist (Beugungsscheibchen). Die Beugungsscheibchen, oft auch Airy-Scheiben genannt, zweier dicht beieinander liegender Objektpunkte überlappen sich teilweise oder ganz und begrenzen auf diese Weise das räumliche Auflösungsvermögen. Es ist schwierig ein objektives Kriterium zu finden, in welchem Abstand die beiden Beugungsscheibchen noch als getrennt wahrgenommen werden können. Eine quantitative Bestimmung des Auflösungsvermögens legte Lord Rayleigh fest. Nach dem sogenannten Rayleighkriterium erscheinen zwei Objektpunkte genau dann aufgelöst, wenn das Maximum des Beugungsbildes des einen Bildpunktes in das erste Intensitätsminimum des zweiten fällt. In diesem Falle gilt für das Auflösungsvermögen
α = 1,22·λ/D
wobei λ der Wellenlänge der für die Beobachtung verwendeten Strahlung und D dem Durchmesser der dem Objekt zugewandten Linse entspricht. Aus dem Rayleigh-Kriterium folgt
s = 1,22·λ·f/n·r
mit s dem geringsten eben noch detektierbaren Abstand zweier Objektpunkte, f der Brennweite der abbildenden Linse, n der Brechzahl des Mediums zwischen Präparat und Linse und r dem Radius der abbildenden Linse. Obige Relation nennt man auch die Trennschärfe.
Auflösungsvermögen
Tab. 1: räumliches Auflösungsvermögen des Auges
| ||
Mensch | 25"-60" | |
Rhesusaffe | 34" | |
Katze | 5'30" | |
Elefant | 10'20" | |
Wanderfalke | 25" | |
Frosch | 6'53" | |
Elritze | 10'50" | |
Fledermaus | 6° | |
Garnele | 13°1' |
(* 1° = 60', 1' = 60")
Auflösungsvermögen
Tab. 2: zeitliches Auflösungsvermögen des Auges
| ||
Mensch | bis 60/s | |
Salamander | 5/s | |
Frosch | 8/s | |
Gelbrandkäfer | 8-10/s | |
Biene | bis 300/s | |
Schmeißfliege | 220-260/s |
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