Lexikon der Biologie: Getreide
Getreides, i.w.S. alle wegen ihrer stärkehaltigen Früchte (Stärke, Frucht) kultivierten, einjährigen Pflanzen (z.B. auch Buchweizen, Reismelde [Gänsefuß]), i.e.S. nur Süßgräser, die wegen ihrer stärkehaltigen Karyopsen angebaut werden. Die Getreide ( vgl. Tab. 1 ) sind die ältesten und wichtigsten bekannten Kulturpflanzen (Kulturpflanzen I). So sind Emmer (Weizen) und Gerste schon seit ca. 8000–10.000 Jahren in Kultur (Ackerbau, Fruchtbarer Halbmond). Getreide warmer Klimate sind vor allem Reis, Mais und Hirsen, in kühl gemäßigten Gebieten sind Weizen (das wirtschaftlich bedeutendste Getreide überhaupt), Gerste, Roggen und Hafer wichtig. Für den Anbau (Ernte vgl. Tab. 2 ) ist eine gute Versorgung mit Wasser, Kalium und Stickstoff besonders zu Beginn der Vegetationsperiode notwendig. Nur die Hirsen sind dürreresistent (Trockenresistenz). Wegen des hohen Nährstoffverbrauchs ist Getreide eine schlechte Vorfrucht (Nachfrucht). Durch Wachstumsregulatoren (z.B. Chlorcholinchlorid) und zusätzliche Stickstoffspät-Düngung können Qualität und Proteingehalt der Körner beeinflußt werden. Günstige Bestockungszahlen (mittlere Halmzahl pro Pflanze) können durch eine entsprechende Saattiefe erreicht werden (2–3 bei Winterweizen, 1–2 bei Sommerweizen). Die Aussaat (Saat) erfolgt in Mittel-Europa im Frühjahr (Sommergetreide) oder im Herbst (Wintergetreide). Nach der Wasseraufnahme des Getreidekorns (Quellung) wachsen je nach Art 3–8 Keimwurzeln und das Keimblatt (Keimblätter) aus. Bei der anschließenden Bestockung entwickeln sich das sekundäre Wurzelsystem, die Blätter, ein Haupt- und mehrere Seitentriebe. Das anschließende Schossen ist durch ein starkes Längenwachstum der Internodien (Internodium) gekennzeichnet, bei dem zuletzt der Blüten- oder Fruchtstand aus der schützenden Blattscheide (Blatt, Scheide) geschoben wird (Ährenschieben). Weizen, Gerste und Hafer zeigen Selbstbefruchtung (Selbstbefruchter), während z.B. Roggen windbestäubt (Anemogamie) ist. Bei der Fruchtreife unterscheidet man 4 Reifestadien ( vgl. Tab. 1 ). Beim Spelzgetreide sind im Gegensatz zum Nacktgetreide Vorspelze und Deckspelze mit der Frucht verwachsen (Hafer, Gerste, Reis; Grasblüte, Spelze, auswachsen). – Die Hauptbestandteile des Getreidekorns ( vgl. Abb. , vgl. Tab. 3 ) sind die ballaststoff-, mineralstoff-, protein-, fett- und vitaminhaltige Schale (ca. 14% der Kornmasse, bestehend aus verwachsener Frucht- und Samenschale [Samen] sowie innenliegender Aleuronschicht; Gluteline, Kleie), der kohlenhydratreiche Mehlkörper (ca. 83% der Kornmasse) und der fett- sowie proteinreiche Keimling (ca. 3% der Kornmasse). Die Getreidekörner werden vor dem Verzehr i.d.R. weiterverarbeitet: Weizen und Roggen sind Brotgetreide (Brot) und werden zur Herstellung von Mehl verwendet; die anderen sind Breigetreide, aus denen Flocken, Graupen oder Gries hergestellt werden. Getreideprodukte werden auch als Cerealien i.w.S. bezeichnet. Cerealien i.e.S. stammen von den Karyopsen der Süßgräser, während Pseudocerealien Getreideprodukte aus den Früchten von Nicht-Gräsern sind. Vor allem Gerste, Roggen und Weizen werden außerdem zur Bereitung von Bier und anderen alkoholischen Getränken sowie als Ersatz für Kaffee verwendet. In Deutschland werden 60–70% der Getreideernte als Viehfutter (Futtergetreide) verwendet. Neben den Körnern werden auch die Getreidehalme als Streu, Futter, Flechtmaterial und Cellulosequelle (Bioenergie) genutzt. Bedecktsamer, Egarten, Getreideeinheit, Getreidekrankheiten, Getreidemehltau, Getreideschwärze, Getreideunkräuter, Kreuzungszüchtung. Pflanzenkrankheiten I.
A.S./A.Se.
Lit.:Franke, G. (Hrsg.): Nutzpflanzen der Tropen und Subtropen. Bd. 2. Spezieller Pflanzenbau. Getreide, Obst, Faserpflanzen. Stuttgart 1994. Franke, W.: Nutzpflanzenkunde. Stuttgart 61997.
Getreide
Blattgrund zur vegetativen Erkennung und Körner einiger Getreide im Vergleich (a Körner von vorn, b in Seitenansicht). 1 Hafer (Avena sativa), Blattgrund ohne Öhrchen, Blatthäutchen 2–4 mm lang, einzelne Haare; 2 Gerste (Hordeum vulgare), Öhrchen kräftig, kahl den Trieb umgreifend, Blatthäutchen ca. 3 mm; 3 Roggen (Secale cereale), Öhrchen schmal und kurz, kahl, Blatthäutchen ca. 1 mm; 4 Weizen (Triticum), Öhrchen kräftig, behaart, den Trieb umgreifend, Blatthäutchen ca. 1 mm; 5 Reis (Oryza sativa), gitterartig punktierte Deckspelzen.
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