Lexikon der Biologie: Antikörper
Antikörper, Immunglobuline, Proteine, die von ausdifferenzierten B-Lymphocyten (Plasmazellen) gebildet werden und spezifisch an ein Antigen (Antigene) binden. Wegen der großen Anzahl antigener Spezifitäten muß ein Individuum in der Lage sein, eine große Vielfalt von Antikörper-Molekülen (Immunglobuline) zu produzieren. Die spezielle Art ihrer Synthese ermöglicht den Antikörpern ein Ausmaß an Heterogenität, wie sie bei anderen Proteinen nicht vorkommt (Immunglobulin-Gene). Antikörper setzen sich in der Regel aus zwei schweren Ketten (H-Ketten) und zwei leichten Ketten (L-Ketten) zusammen, beim Kamel jedoch bestehen die Antikörper überraschenderweise nur aus zwei schweren Ketten, ohne die Beteiligung einer leichten Kette. Trotzdem verfügt das Kamel über ein umfangreiches Repertoire an Spezifitäten. – Die Gewinnung von Antikörpern ist auf verschiedene Weise möglich: 1) aus dem Serum immunisierter Individuen (Antiserum); 2) aus Hühnereiern: immunisierte Hühner bilden Antikörper verschiedener Subklassen gegen das Antigen; IgM und IgA werden in das Eiweiß, IgY (entspricht IgG bei Säugetieren) in den Eidotter eingelagert (bis zu 10 mg/ml Dotter); 3) mit Hilfe der Hybridomkultur können monoklonale Antikörper durch Fusion von B-Lymphocyten einer immunisierten Maus oder Ratte mit Myelomazellen hergestellt werden (Ascites, Glasmaus, Hybridom); 4) eine wichtige gentechnische Methode, um Antikörper einer gewünschten Spezifität zu generieren, benutzt sog. Phagen-Display-Bibliotheken, bei denen rekombinante Antikörper (scFv) auf der Hülle von filamentösen Phagen (Bakteriophagen) exprimiert werden; nach Selektion des gewünschten Klons wird der Antikörper in Bakterien (Escherichia coli) produziert. 5) Antikörper aus Pflanzen: ö vgl. Infobox. – Antikörper in der Therapie: Antikörper spielen eine immer größere Rolle als therapeutisches Hilfsmittel unter anderem in der Krebstherapie (ADEPT, bifunktionale Antikörper, bispezifische Antikörper, Immun-Krebstherapie, Immuntoxin, Tumorimmunologie). Probleme bereitet jedoch die Tatsache, daß die meisten der dabei verwendeten Antikörper aus der Maus stammen und deswegen nach Injektion in einen Menschen eine Immunantwort gegen sich hervorrufen, was ihre Wirksamkeit begrenzt. Um dies zu vermeiden, werden chimäre Antikörper, bestehend aus der variablen Region eines Maus- und der konstanten Region eines humanen Antikörpers, hergestellt. Einen Schritt weiter geht man bei den humanisierten Antikörpern (CDR-grafted Antikörper; Humanisierung), bei denen nur noch die hypervariablen Domänen (CDR, hypervariable Regionen) von dem Maus-Antikörper stammen. Vielversprechend sind auch gentechnisch erzeugte Mauslinien, bei denen die Maus-eigenen Antikörpergene durch knock-out (Knockout-Mäuse) eliminiert und durch einen Minilocus ersetzt wurden, der für die schwere und leichte Kette humaner Antikörper codierte. Das Gen für die menschlichen Antikörper war nicht rearrangiert. Auf diese Weise kann ein normales Rearrangement in diesen Mauslinien stattfinden und eine große Zahl von Antikörperspezifitäten erzeugt werden, wobei die Gesamtzahl der verschiedenen Spezifitäten allerdings geringer als beim Menschen bleibt. In einer der Mauslinien enthielt das Gen für die schwere Kette sogar die Abschnitte für zwei verschiedene konstante Regionen (konstante Region). In diesen Mäusen können also zwei verschiedene Klassen von Antikörpern produziert werden. In den Mäusen wurden tatsächlich, wie erwartet, humane Antikörper produziert, d. h., das Immunglobulin-Gen-Rearrangement fand in ihnen statt. Ebenso konnten somatische Mutationen in der variablen Region der humanen schweren Kette nachgewiesen werden. Man hofft, aus diesen Mäusen Hybridome gewinnen zu können, die humane Antikörper produzieren, welche bei der Immuntherapie verwendet werden können. Abzyme, Antigen-Antikörper-Reaktion, blockierende Antikörper, Burnet (F.M.), Clone-selection-Theorie, Edelman (G.M.), Haurowitz (F.M.), Immunität, Immunsystem, Jerne (N.K.), Köhler (G.J.F.), lymphatische Organe, Milstein (C.), Netzwerktheorie, Northrop (J.H.), Porter (R.R.), single-chain antigen-binding proteins, Tonegawa (S.).
U.T./R.We.
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