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Kompakte Objekte des Himmels
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Einleitung
Als kompakte Objekte bezeichnet man in der Astrophysik sternartige Objekte, die ungewöhnlich
hohe Materiedichten aufweisen. Der Schwellwert liegt bei etwa einer Million g/cm3. Ein Kubikzentimeterwürfel
dieser kompakten Materie wiegt mindestens eine Tonne!
Sternentwicklung
Auch wenn es bei einem Blick an den Nachthimmel nicht den Anschein hat: Sterne entwickeln sich,
d.h. sie verändern ihren Zustand, z.B. ihre Größe oder ihre Leuchtkraft. Die
typische Entwicklungszeitskala beträgt allerdings je nach Stern Millionen bis Milliarden Jahre. Da dies das Lebensalter des
Menschen bei weitem überschreitet, bemerken wir die Sternentwicklung nicht unmittelbar.
Die Astronomen haben allerdings durch viele Beobachtungen über Jahrhunderte in der Stellarastronomie Einblicke in sehr
unterschiedliche Sternstadien erhalten. Zwar können sie kaum die Entwicklung an ein und demselben Stern verfolgen, aber sie
können die verschiedenen, beobachteten Sterne zueinander in Bezug setzen. Wie das geschehen soll, diktiert die Physik. Immer
komplexere Modelle in der Stellarphysik haben so ein sehr facettenreiches Bild von der Sternentwicklung entworfen. Diese
Theorie besagt, dass Sterne entstehen und früher oder später starken Veränderungen
ausgesetzt sind. Die entscheidende Zustandsgröße ist dabei die Masse des Sterns.
Sie bestimmt, welche thermonuklearen Brennzyklen der Stern durchläuft, d.h. welche chemischen
Elemente der Stern produzieren kann. Die Masse bestimmt auch das Schicksal des Sterns. In der Regel steht am Ende ein bestimmter
Typus eines kompakten Objekts.
Gravitation formt einen neuen Stern
Die treibende Kraft, die kompakte Objekte erzeugt, ist die Gravitation. Nur sie vermag die
unglaublichen Dichten von mehr als einer Tonne pro Kubikzentimeter auf natürliche Weise herzustellen. Wenn der Brennstoff
zur Fusion im Innern des Sterns zur Neige geht und kein weiterer Brennzyklus gezündet werden kann, gewinnt die Schwerkraft.
Sie stört das hydrostatische Gleichgewicht und komprimiert im
Gravitationskollaps den Stern. Dieser Prozess kann unter Umständen auch mit einer
Sternexplosion einhergehen. Wieder ist die kollabierende Masse entscheidend, was aus dem kollabierenden Stern wird. Denn je
mehr Masse vorhanden ist, umso höher ist der Gravitationsdruck und umso kompakter kann das Sternrelikt werden.
Das Ende von Sternen
Massearme Sterne, die vergleichbare Massen wie die Sonne haben (rund 1033 g)
enden weniger spektakulär als Weiße Zwerge. Eine typische Entwicklungssequenz ist,
dass diese Sterne sich zu den so genannten Roten Riesen aufblähen. Dabei stoßen sie
ihre äußeren Sternhüllen durch heftige Sternwinde ab und erzeugen Planetarische
Nebel in der Umgebung. Der Sternkern fällt weiter in sich zusammen und bildet den Weißen Zwerg. Das wird das Schicksal
unseres Tagesgestirns in etwa sechs Milliarden Jahren sein.
Massereiche Sterne dagegen entwickeln sich viel schneller, können schwerere Elemente produzieren und verabschieden sich
mit einer spektakulären Sternexplosion, einer Supernova oder sogar einer
Hypernova, vom 'normalen Sternenleben'. Während die äußeren Sternhüllen
explodieren, kollabiert der Sternkern auf ein noch kompakteres Objekt: einem Neutronenstern.
Neutronensterne weisen noch höhere Dichten als Weiße Zwerge auf, etwa 1015 g/cm3 und mehr.
Es wurde auch vorgeschlagen, dass alternativ noch kompaktere Quarksterne entstehen könnten. Derzeit
ist allerdings unklar, ob diese Alternativen tatsächlich existieren. Die astronomischen Beobachtungen können bislang ausnahmslos
mit einem Neutronenstern erklärt werden, der auch als Pulsar oder Magnetar
in Erscheinung tritt.
Die dritte klassische, stabile Endkonfiguration ist die kompakteste von allen: ein stellares Schwarzes
Loch. Sie entstehen, falls eine kollabierende Masse etwa drei Sonnenmassen übersteigt - diese Grenze ist allerdings Gegenstand
wissenschaftlicher Diskussionen und könnte auch etwas kleiner sein.
Die Gravitation hat nun endgültig gewonnen und erzeugt ein kompaktes, dunkles Objekt, das sogar das Licht
einfängt!
Die Typen kompakter Objekte wurden hier nur knapp vorgestellt. An anderer Stelle, dem umfassenden Astro-Lexikon im
Wissensportal, werden sehr viele Einzelheiten zu den kompakten Objekten erläutert. Neben dem klassischen Schwarzen Loch werden
auch Alternativen diskutiert, die hier nur angeführt werden: Bosonenstern,
Fermionenstern, Gravastern und Holostern.
Die Wissenschaftler sind sich nicht einig, inwiefern die Natur solche Alternativen hervorbringt. Nach herrschender Lehrmeinung sind nur drei
Typen kompakter Objekte etabliert: Weißer Zwerg, Neutronenstern und Schwarzes Loch.
Folgen Sie einfach den Links auf dieser Seite, um Details zu erfahren.
Wir schließen die knappe Einführung in die Physik der kompakten Objekte mit einer tabellarischen Gegenüberstellung, die die
verschiedenen Typen hinsichtlich ihrer Masse, ihres Radius und ihrer mittleren Massendichte vergleicht. Um ein Gefühl für die
Zahlenwerte zu bekommen sind die Daten von Sonne und Erde ergänzt worden.
Auswahl kompakter Objekte
Das eigentliche Thema dieses Web-Artikels sind konkrete Quellen der Astronomie.
Im Folgenden wird eine Auswahl prominenter Vertreter von kompakten Objekte vorgestellt. Dabei beschränken wir uns auf die besonders
kompakten Klassen: Neutronensterne und Schwarze Löcher. Bei den Schwarzen Löchern werden auch deutlich massereichere Kandidaten
betrachtet, die viel schwerer als Sterne werden können, nämlich auch die mittelschweren Schwarzen
Löcher und die supermassereichen Schwarzen Löcher.
Anmerkungen zur Tabelle: Die astronomisch gemessene Entfernung ist der Ordnungsparameter in der Tabelle. Unter dem Terminus 'Wirt' verstehen
Astronomen dasjenige kosmische Objekt, von dem das kompakte Objekt Materie erhält. Dieser Vorgang heißt
Akkretion und führt zur Aktivität (Leuchtkraft) und zum Wachstum (Massenzunahme) des kompakten
Objekts. In alten Objekten, wie den Kugelsternhaufen oder entwickelten Galaxien,
ist dieser Prozess in Ermangelung von Umgebungsmaterial fast zum Erliegen gekommen. Hier kann der Nachweis kompakter Massen nur indirekt geschehen,
beispielsweise über die Vermessung von Sternbewegungen in der Nähe des kompakten Objekts. Junge Objekte, Mikroquasare,
ultraleuchtkräftige Röntgenquellen (ULXs) und Aktive Galaktische Kerne (AGN)
beobachten die Astronomen in flagranti bei der Akkretion. Das verleiht ihnen gerade hohe Aktivität, Variabilität und UVXGamma-Leuchtkraft.
Komplettansicht Tabelle kompakter Objekte
Objekt |
Entfernung |
kompaktes Objekt |
Wirt |
RX J185635-3754
|
61 bis 140 pc
|
Quarkstern
|
isoliert!
|
Vela Pulsar
|
460 bis 500 pc
|
Pulsar
|
planetarischer Nebel
|
XTE J1118+480
|
1.8 kpc
|
stellares Schwarzes Loch
|
Begleitstern
|
Cyg X-1
|
2.0 bis 2.5 kpc
|
stellares Schwarzes Loch |
blauweißer Riesenstern
|
SS 433
|
3.0 kpc
|
Neutronenstern oder stellares Schwarzes Loch
|
Begleitstern
|
Circinus X-1
|
6.1 kpc
|
Pulsar |
Begleitstern
|
Her X-1
|
4.9 bis 6.1 kpc
|
Pulsar
|
blauer Riesenstern
|
Sgr A*
|
8.3 kpc
|
supermassereiches Schwarzes Loch |
Milchstraße
|
M15
|
9.8 kpc
|
mittelschweres Schwarzes Loch |
Kugelsternhaufen
|
Cyg X-3
|
10.0 kpc
|
Neutronenstern oder stellares Schwarzes Loch
|
Wolf-Rayet Stern
|
GRS 1915+105
|
12.5 kpc
|
stellares Schwarzes Loch |
Begleitstern
|
G1
|
720 kpc
|
mittelschweres Schwarzes Loch |
Kugelsternhaufen
|
M82
|
3.8 Mpc
|
mittelschweres Schwarzes Loch
|
Starburstgalaxie
|
NGC 4395
|
4.2 Mpc
|
mittelschweres Schwarzes Loch
|
Zwerggalaxie
|
NGC 4258
|
7.2 Mpc
|
supermassereiches Schwarzes Loch |
Galaxie
|
M87
|
16.0 Mpc
|
supermassereiches Schwarzes Loch
|
Riesenellipse
|
POX 52
|
93.0 Mpc
|
mittelschweres Schwarzes Loch |
Zwerggalaxie
|
Cyg A
|
233.2 Mpc
|
supermassereiches Schwarzes Loch |
Radiogalaxie
|
CXO 0312 Fiore P3
|
1.0 Gpc
|
supermassereiches Schwarzes Loch |
Galaxie
|
Legende:
Die Einheit pc ist sehr gebräuchlich in der Astronomie und steht für die Parallaxensekunde
(kurz: Parsec). Sie ist definiert als die Entfernung, von der aus der Abstand Erde - Sonne unter einer Bogensekunde
(1'') erscheint und entspricht somit 3.2615 Lichtjahre.
Entsprechend steht
- kpc für 'Kiloparsec' und entspricht etwa 3262 Lichtjahre,
- Mpc ist eine 'Megaparsec' mit etwa 3.26 Millionen Lichtjahren,
- Gpc ist eine 'Gigaparsec' mit etwa 3.26 Milliarden Lichtjahren.
Zum Vergleich:
- Der nächste Stern Proxima Centauri, die C-Komponente des hellen Sterns
alpha Centauri, ist 1.3 pc oder 4.3 Lichtjahre entfernt.
- Der Andromedanebel, unsere Nachbargalaxie in der Lokalen Gruppe, ist
667 kpc oder 2.2 Millionen Lichtjahre entfernt.
- Der nächste Galaxienhaufen zur Lokalen Gruppe ist der Virgo-Haufen in
16 Mpc Entfernung (Zentrum ist die Radiogalaxie M87,
eine Riesenellipse).
- Darauf folgt der Coma-Haufen in 140 Mpc Distanz (Zentrum ist Abell 1656).
- Dann folgt der Herkules-Haufen, 215 Mpc entfernt. Dieser Galaxienhaufen
enthält viele junge Sternensysteme, 70% Spiralen und 30% Ellipsen, die aus Verschmelzung
von Spiralgalaxien hervorgehen.
- Der hellste Quasar, 3C 273, ist 640 Mpc entfernt und befindet sich
in der Jungfrau.
- Das Universum hat nach aktuellen kosmologischen Modellen und Infrarotmessungen
(Mikrowellensatelliten WMAP, CBI) etwa eine Größe von 4.2 Gpc
oder 13.7 Milliarden Lichtjahren.
RX J185635-3754
Dieses Objekt ist ein sehr naher isolierter Neutronenstern ohne Pulsareigenschaften (isolated neutron star
candidate INSC). Pons et al. 2001 (astro-ph/0107404)
leiten eine Entfernung von nur 61 pc ab, während neuere Beobachtungen mit dem Röntgenobservatorium Chandra
Säulendichten von neutralem Wasserstoff (HI) messen, die eher eine Entfernung von 140 pc nahelegen (Drake et al. 2002,
astro-ph/0204159). Damit handelt es sich
vermutlich um das nächste kompakte Objekt überhaupt.
Derzeit zweifeln die Astronomen daran, ob es sich bei diesem Objekt um einen Quarkstern handeln könnte und favorisieren
mehr den klassischen Neutronenstern.
Das Magnetfeld des Neutronensterns ist mit etwa 1012 Gauß sehr hoch und erreicht fast die Domäne der
Magnetare. Das Alter des Neutronensterns wurde zu einer Million Jahre bestimmt, und man spekuliert darüber,
ob ein Quarkstern das mögliche Ende der Entwicklung eines Neutronensterns ist. Da Quarkmaterie viel dichter gepackt werden kann,
sind Quarksterne kleiner als Neutronensterne. Zurzeit gibt es keinen einzigen überzeugenden Quarksternkandidaten.
Tabelle
Vela Pulsar
Der Vela Pulsar ist ein Neutronenstern in einer Entfernung von etwa 1500 Lj oder entsprechend 460 pc, der
sich im Sternbild Vela zu deutsch Segel befindet. Dieses kompakte Objekt entstand aus einer
Supernova, deren ausgeworfene Materie sich mit 400 000 km/h bewegt.
Die heutige Ausdehnung des Supernovaüberrests lässt den Schluss zu, dass sich vor etwa 10 000 Jahren die
Supernova ereignet haben muss. Es gibt jedoch auch die Spekulation von der Beobachtung einer Supernova im
Sternbild Vela durch die Sumerer vor bereits 6000 Jahren, die den Neutronenstern gebildet haben könnte.
Der Pulsar hat eine Periode von 89.2 ms und eine Zunahme der Periodenlänge von 10.7 ns pro Tag. Der
Supernovaüberrest ist ein planetarischer Nebel (PN), der im Radiowellenlängenbereich strahlt und als Vela X
bekannt ist. Außerdem gibt es eine Assoziation des Vela-Pulsars zum Bedeckungsveränderlichen Vela X-1,
der sogar eine Gammaquelle ist. Die Umlaufperiode beträgt nur 9.86 Tage. Der Vela-Pulsar ist die unsichtbare
Komponente im Binärsystem mit einer Masse von etwa 1.5 Sonnenmassen. Die andere Komponente ist ein heißer
Riesenstern mit Spektraltyp B und hat eine Masse von etwa 30 Sonnenmassen. Die Gammastrahlung fluktuiert
mit einer Periode von 282.8 Sekunden.
Tabelle
XTE J1118+480
Hierbei handelt es sich um eine stellare Quelle, einem Galaktischen Kandidaten für ein Schwarzes Loch
(Galactic Black Hole Candidate, GBHC), und im Speziellen einem so genannten SXT (Soft
X-ray Transient), also eine Quelle die vorübergehend sehr hell im Bereich der weichen Röntgenstrahlung
leuchtet.
XTE J1118+480 wurde während einer Röntgendurchmusterung im März 2000 mit dem RXTE All-Sky Monitor
entdeckt und sitzt im Galaktischen Halo (Sternbild Ursa Major, dt. Großer Bär) in einer
Entfernung von etwa 1.8 kpc (Wagner et al. 2001,
astro-ph/0104032). Damit ist
XTE J1118+480 räumlich der uns am nächsten liegende Kandidat für ein stellares Schwarzes Loch und
ein Schwarzes Loch überhaupt!
Das Binärsystem besteht aus einem Schwarzen Loch mit einer Masse von 6.0 bis 7.7 Sonnenmassen und
einem Begleitstern mit einer Masse von 0.09 bis 0.5 Sonnenmassen.
Die Quelle zeigt außerdem Quasi-Periodische Oszillationen (QPOs) im
Bereich von wenigen Hertz, die mit globalen, räumlichen Schwingungen in der Akkretionsscheibe in Verbindung
gebracht werden. QPOs dienen der Studie des zeitlichen Verhaltens der Akkretionsscheibe und der Ableitung
des Viskositätsparameters.
Die beobachteten Plasmaausflüsse wurden mit einem Blandford-Znajek Mechanismus
erklärt, wo starke, poloidale Magnetfelder nahe am stellaren Schwarzen Loch ein leptonisches Plasma aus
Elektronen heizen. Dabei bilde sich eine Korona aus, in der einerseits
Comptonisierung stattfinde und andererseits der Jet gebildet werde. Für
die Korona wird angenommen, dass sie sowohl eine löchrige Struktur haben kann und auf der Akkretionsscheibe
sitzt (patchy corona model) oder ein geometrisch dicker, heißer Akkretionsfluss im Innern ausgebildet
werden kann (sphere-disk geometry model). Als wahrscheinliches Szenario gilt eine Verbindung von
Korona und Jet. Hier wird ein magnetisches Energiereservoir angenommen, dessen Energie über magnetische
Rekonnexion auf das Plasma aus Elektronen übertragen wird (Malzac et al. 2004,
astro-ph/0402674).
Tabelle
Cygnus X-1
Dieser Galaktische Kandidat für ein Schwarzes Loch (GBHC) befindet sich nahe eta Cygni und ist eine starke
Röntgenquelle (daher die Bezeichnung X für X-rays). Die Helligkeitsvariationen im Röntgenbereich
zeigen keinerlei Periodizitäten und fluktuieren auf der ms-Zeitskala. Cyg X-1 wurde 1972 von dem kanadischen
Astronomen Tom Bolton entdeckt und war der erste Kandidat für ein tatsächlich existierendes Schwarzes
Loch überhaupt!
Cyg X-1 hat einen blauweißen Riesen (Spektraltyp O9.7) mit 18 Sonnenmassen als Begleitstern (Name: HDE 226868),
der einen Radius von 17 Sonnenradien und visuell 9. Größe (8.84mag) hat. Seine Umlaufzeit beträgt
nur 5.6 Tage und der physikalische Abstand des Doppelsterns nur 20 Sonnenradien! Das kompakte Objekt ist
höchstwahrscheinlich ein Schwarzes Loch und hat eine Masse von etwa 5 bis 8 oder 16 Sonnenmassen. Nach
XTE J1118+480 ist Cyg X-1 das nächste stellare Schwarze Loch.
In neuen Modellen wurde versucht diesen Mikroquasar mit einem dunklen Jet (engl. dark jet model) zu erklären
(Gallo et al., Nature 436, 819, 2005). Das Schwarze Loch 'bläst' die Akkretionsenergie ins ISM bis auf die
pc-Skala zurück.
Tabelle
SS 433
Dieses Objekt gehört zu den rätselhaftesten im Universum! Es wurde bereits 1977 entdeckt und befindet sich
im Sternbild Adler, inmitten eines Supernovaüberrestes (Supernova remnant, SNR), genannt W50A. W50A
ist vermutlich der Überrest aus, dem das kompakte Objekt in SS 433 hervorging. Dabei handelt es sich im
weitesten Sinne um einen Mikroquasar, also ein kompaktes Objekt (Neutronenstern
oder stellares Schwarzes Loch), das von einem massereichen Donatorstern umkreist wird. Dabei bildet sich aus
dem vom Stern überfließenden Material eine Akkretionsscheibe aus.
Der Donatorstern in diesem Doppelsternsystem ist ein massereicher OB-Stern mit 20 Sonnenmassen, der in nur
13.1 Tagen um den kompakten Begleiter kreist. In Form eines starken Sternwindes verliert der Riesenstern
10-4 Sonnenmassen pro Jahr an das kompakte Objekt (Windakkretion).Die Natur des kompakten
Objektes ist umstritten: lange wurde ein Neutronenstern favorisiert, mittlerweile spricht vieles für ein
stellares Schwarzes Loch.
Das Besondere an dieser Quelle ist ein präzedierender Jet, zumindest dachte man lange, das er präzediert,
wie der Wasserstrahl eines rotierenden Rasensprengers. Heute nimmt man eher an, dass es nur so scheint, als
ob ein kontinuierlicher Jet präzediert und in Wirklichkeit das kompakte Objekt diskrete Materiepakete auswirft,
die man englisch bullets nennt. Sie werden so erklärt, dass die zugrundeliegende Akkretion auf das
kompakte Objekt gestört abläuft: die Akkretionslösung oszilliert und sorgt so nur für eine diskontinuierliche
Versorgung des Ausflusses.
Die Inklination der Jetachse bzw. der Achse, wo die Auswürfe oder 'Blobs' mit jedesmal nahezu konstanten 26%
der Lichtgeschwindigkeit ballistisch hinausgeschossen werden ist zum irdischen Beobachter mit 79 Grad stark
geneigt. Außerdem präzediert diese Achse langsam wie die Achse eines Kreisels mit einer Periode von 164
Tagen. Der 'Schussintervall' für die bullets liegt bei 50 bis 1000 Sekunden. Ihre Masse beträgt durchschnittlich
1019 bis 19 g, also etwa ein Millionstel der Masse des irdischen Mondes.
Der Jet ist beidseitig und besitzt Emissionlinien des Wasserstoffs (H alpha), die dementsprechend ebenfalls
doppelt vorkommen. Die abgeschätzte Jet-Leuchtkraft ist mit 1039 erg/s sehr hoch!
Kürzlich (Dezember 2002) wurden vom Röntgenbilder vom Satelliten Chandra veröffentlicht, die ebenfalls
die helikale Struktur des Jets wie die Radiobilder offenbaren. Die emittierten Blobs sind deutlich durch ihre
Bremsstrahlung sichtbar und mit etwa 50 Millionen Grad sehr heiß.
SS 433 ist ein heißer Favorit für die Neutrinoastronomie, weil der Jet dieses Mikroquasars ultra-hochenergetische
(UHE) Neutrinos emittieren könnte, die Energien im Bereich von 1 bis 100 TeV
haben. Sie entstehen im Jet, wo die hadronische Komponente, vornehmlich Protonen, bis auf gigantische Energie
von 1016 eV beschleunigt werden könnten und über p-p-Kollisionen und p-gamma-Reaktionen über andere
Teilchenspezies (Pionen, Myonen) schließlich
UHE-Neutrinos der Myon- und Elektronfamilie generieren. Es ist Aufgabe von Neutrinodetektoren der 1 km2-Klasse,
wie AMANDA und demächst ICECUBE (beide mit Sitz in der Antarktis), die Cerenkov-Strahlung neutrino-induzierter
Myonen zu messen. Dabei entstehen in einem riesigen Detektorvolumen aus Eis von etwa 3 km3 Größe
Strahlungsblitze, dadurch dass sich Myonen im Medium schneller als die Lichtgeschwindigkeit im Medium bewegen.
Empfindliche Lichtmesser, so genannte Photomultiplier Tubes (PMTs), messen diese Lichtspur und erlauben
Rückschlüsse auf Richtung und Energie vorangegangener Neutrinos aus denen sie hervorgingen.
Quellen
Tabelle
Circinus X-1
Circinus ist das Sternbild Zirkel, nahe dem Kreuz des Südens, in der galaktischen Ebene.
Hier findet sich die zeitlich schnell veränderliche Röntgenquelle Cir X-1, die 1971 entdeckt wurde. Diese
Quelle ist vermutlich ein galaktischer 'Mikroquasar', der ein typisches P Cygni Profil zeigt, einen
starken Wind, der von der Sternoberfläche ausgeht und Geschwindigkeiten bis zu 4.5 Millionen km/h erreicht!
Der Teilchenwind besteht aus ionisiertem Silizium, Neon, Eisen, Magnesium und Schwefel, wie die Spektrallinien
verraten.
Die Entfernung beträgt etwa 20 000 Lj, also 6.1 kpc. Das System besteht aus einem Neutronenstern plus einem
sonnenartigen Stern.
Tabelle
Hercules X-1
Hercules X-1 ist ebenfalls ein Pulsar, der durch Akkretion (100 Mrd. Tonnen pro Sekunde!) Drehimpuls
gewinnt und so 'aufgezogen' wird (Periodenzunahme um 10-5 pro Jahr). Die Periode ist mit
1.2378 Sekunden durchschnittlich. Die Masse des Neutronensterns wurde zu 0.9 Sonnenmassen
(mit einer Unsicherheit von 0.4 Sonnenmassen) abgeleitet. Außerdem besitzt er ein starkes Magnetfeld (etwa
4.6 x 108 Tesla). Die Röntgenemission ändert sich ebenfalls mit einer Periode von 35 Tagen, was
auf eine präzedierende Akkretionsscheibe zurückgeführt wird.
Der Begleiter und Wirt des Neutronensterns ist ein blauer Riese mit der Bezeichnung HZ Her, der
1970 entdeckt wurde. Sein Spektraltyp variiert stark von B0Ve bis F5e, und er umkreist die kompakte
Komponente in nur 1.7 Tagen. Auch hier liegt der Fall eines Bedeckungsveränderlichen vor, wo
die kompakte Röntgenquelle (der Neutronenstern) für 0.24 Tage bedeckt wird und somit keine Röntgenstrahlung
detektierbar ist.
Wie bei Cir X-1 ist die Entfernung etwa 6.1 kpc.
Tabelle
Sagittarius A*
Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich die hellste Radioquelle im Galaktischen Zentrum, also im
Zentrum der Milchstraße, die mit dem dynamischen Zentrum zusammenfällt. Blickt man an den Nachthimmel,
so erkennt man das Band der Milchstraße, das auch durch das Sternbild Schütze (Sagittarius)
verläuft: Hier ist das Zentrum unserer Heimatgalaxie in einer Entfernung von 8.5 kpc oder 26 000 Lj.
Sgr A* ist der nächste Kandidat für ein supermassereiches Schwarzes Loch! Die Masse dieses riesigen
Schwarzen Lochs wird aktuell zu etwa 3.6 Millionen Sonnenmassen beziffert (Eisenhauer et al. 2005;
Ghez et al. 2005).
Die Astronomen können das Schwarze Loch natürlich nicht direkt sehen, aber seine Masse kann man ähnlich
bestimmen, wie die Masse der Sonne, wenn man die Parameter der umlaufenden Planeten beobachtet: Astronomen untersuchen im
Galaktischen Zentrum die Bewegungen von Sternen in unmittelbarer Nachbarschaft von Sgr A* im Infrarot-Band.
Sie 'tanzten' - gezwungen durch die gekrümmte Raumzeit - in schnellen Bewegungen um das Schwarze Loch.
Die Kepler-Gesetze verraten dann die Masse.
Die Größe des Schwarzen Loches ist (für ein Schwarzes Loch) enorm: Der Schwarzschildradius,
also der Radius des Ereignishorizontes eines nichtrotierenden Schwarzen Loches, beträgt knapp 10.6 Millionen km,
was 15.3 Sonnenradien oder etwa 1700 Erdradien entspricht. Bei einem maximal rotierendem Loch vom Kerr-Typus
hätte es einen halb so großen Horizontradius.
Sollte die Milchstraße einmal einen Aktiven Galaktischen Kern gehabt haben, so passt diese Massendomäne
bestens zu den Seyfertgalaxien.
Es gibt im Wissensportal eine sehr detaillierte Darstellung des Galaktischen supermassereichen
Schwarzen Loches.
Tabelle
M15
M15 ist ein Kugelsternhaufen in der Milchstraße und befindet sich in einer Entfernung von 32000 Lj
oder 9.8 kpc im galaktischen Halo. Kugelsternhaufen sind die ältesten Objekte in einer Spiralgalaxie und
umkreisen die galaktische Scheibe in einer sphäroiden Region. Aufgrund ihres Alters dienen sie auch der
Altersbestimmung einer Galaxie.
Kugelsternhaufen sind Sternansammlungen von etwa 104 bis 107 Sternen, deren Konzentration
deutlich zum Zentrum des Haufens hin zunimmt. Damit unterscheiden sie sich morphologisch deutlich von offenen
Sternhaufen (wie den Plejaden, Hyaden oder h/χ Persei), die eher einen lockeren Verbund mit gemeinsamen
Konvergenzpunkt bilden. Aufgrund der damit verbundenen Helligkeitszunahme zum Zentrum hin und der resultierenden
kugeligen Gestalt, haben die Kugelsternhaufen diesen Namen bekommen.
M15 ist schon lange bekannt, wie die Messier-Katalogbezeichnung verrät. Er erscheint von uns aus gesehen im
nördlichen Sternbild Pegasus. Neben weiteren Objekten ist dieser Kugelsternhaufen nun ein heißer
Kandidat für die Beherbergung eines massereichen Schwarzen Loches im Innern! Die Masse dieses zentralen,
dunklen Objekts kann kinematisch aus Sternbewegungen abgeleitet werden. Auf analoge Weise kann man im Sonnensystem die
Masse der Sonne aus Planetenbewegungen bestimmen. Die abgeleitete Masse beträgt für das massereiche Schwarze
Loch in M15 etwa 4000 Sonnenmassen (van Der Marel et al. 2002). Neue Untersuchungen korrigieren diesen Wert nach
unten zu 3400 Sonnenmassen innerhalb der innersten 0.05 pc (van den Bosch et al. 2005). Dieses vermutete Schwarze
Loch würde die lange vorhandene Massenlücke zwischen stellaren und supermassereichen Schwarzen Löchern
schließen. Massereiche Schwarze Löcher sind vor allem auch deshalb so attraktiv, weil sie durch Verschmelzungsprozesse
die Entstehung der supermassereichen Schwarzen Löcher erklären könnten.
Alternativ zum Schwarzen Loch können für den recht dichten Haufen M15 viele Neutronensterne oder andere kompakte Objekte
im Zentrum angenommen werden, aber die Beobachtungen häufen sich, dass massereiche Schwarze Löcher Normalität in
vielen Kugelsternhaufen und kleineren Galaxien sind (siehe auch G1, M82,
POX 52, NGC 4395).
Quellen
Tabelle
Cygnus X-3
Diese Quelle wurde 1967 entdeckt (Giacconi et al.) und ist ein so genannter Mikroquasar, ein
Binärsystem, bestehend aus einem kompakten Objekt und einem sehr massereichen Stern. Dieser Stern gibt
einen Wind ab, wie man im I- und K-Band beobachten kann. Deshalb vermutet man einen so genannten
Wolf-Rayet Stern als Wirt für das kompakte Objekt (van Kerkwijk et al.
1992).
Die Entfernung liegt bei etwa 10 kpc (33000 Lj). Die beiden Komponenten umkreisen sich mit
einer Periode von 4.8 Stunden, was an der Modulation des Flusses (Bedeckung) im Infrarot- und Röntgenbereich
belegt werden kann, wenn die kompakte Komponente vom Wirtsstern bedeckt wird (Parsignault et al. 1972
und Mason et al. 1986). Cyg X-3 ist sogar eine TeV-Quelle.
Optisch ist diese Quelle unsichtbar, weil das Licht über Extinktion in der Galaktischen Ebene stark abgeschwächt
wird. Außerdem konnte mit Radiobeobachtungen (VLBA) ein gekrümmter, einseitiger Jet im System von Cyg X-3
nachgewiesen werden, der sich mit relativistischen Geschwindigkeiten von 0.8c bewegt (Mioduszewski et al. 1998,
2001 und Marti et al. 2001, 2006). Die Inklination des Jets wurde mit einem Winkel kleiner als 14 Grad
abgeleitet. Der Jet emittiert auch im Radiowellenlängenbereich Synchrotronstrahlung,
die vor allem von den Elektronen im Jetplasma stammt. Bei 15 GHz beträgt der Fluss 10,5 Jy
(1 Jy = 10-26 Wm-2Hz-1, benannt nach dem Radioastronomen Karl Guthe Jansky,
1905 - 1950).
Die Natur des kompakten Objektes ist strittig: Es gibt Modelle, die einen Neutronenstern (etwa eine Sonnenmasse)
favorisieren, der die Materie des Wolf-Rayet Sterns (etwa 15 Sonnenmassen schwer) mit 10-7 Sonnenmassen
pro Jahr akkretiert (Heuvel & de Loore 1973). Andere erwägen, dass aus einem Vorläufersystem aus zwei Sternen
mit 50 und 10 Sonnenmassen schließlich ein Schwarzes Loch entstand, das die Materie eines Wolf-Rayet Sterns akkretiert
(Vanbeveren et al. 1998). McCollough (1999) schätzte die Masse des WR-Sterns zu 2.5 Sonnenmassen ab.
weitere Quelle
Tabelle
GRS 1915+105
Auch bei diesem Objekt handelt es sich um einen Mikroquasar, also einem kompakten Objekt, das die Masse
eines massereichen Wirtssterns akkretiert. In diesem speziellen Fall handelt es sich außerdem um ein stellares bzw.
Galaktisches Schwarzes Loch (engl. Galactic Black Hole, kurz GBH), weil man sich sehr sicher ist,
dass das kompakte Objekt ein stellares Schwarzes Loch mit 14 ± 4 Sonnenmassen ist. Die Entfernung von der Erde mit
etwa 11 kpc ist recht hoch (Zdziarski et al. 2005), aber es gab auch die Behauptung, dass sie mit 6.5 kpc viel
kleiner wäre (Kaiser et al. 2004).
Als Mikroquasar besitzt diese Quelle per definitionem einen Jet, also Plasma, das aus
dem innersten Bereich, wo das kompakte Objekt sitzt, ausgeworfen wird. Im Unterschied zu den kontinuierlichen,
extragalaktischen Jets der Quasare, die Plasmastrahlen sind, die von supermassereichen,
rotierenden Schwarzen Löchern und Winden der Akkretionsscheiben stammen, sind die Ejekta eines Mikroquasars eher 'Blobs',
also eher diskontinuierliche Auswürfe. Die Achse dieses Jets ist im Falle von GRS 1915+105 ist der Jet stark geneigt
(70 Grad Inklination) und zeigt damit eher vom irdischen Beobachter weg. Die Geschwindigkeiten des Jets sind mit
92% Lichtgeschwindigkeit relativistisch hoch.
McHardy et al. (Nature 2006) bestimmten die Akkretionsrate aus Röntgendaten. GRS 1915 wechselt zwischen
radiolauten und radioleisen (Typ-1) Zuständen.
weitere Quelle
- Mirabel & Rodriguez, 1994)
Tabelle
G1
Der Kugelsternhaufen G1 befindet sich im Halo der Spiralgalaxie Andromeda. G1 und sein 'galaktischer Kollege',
der Kugelsternhaufen M15 in der Milchstraße wurden etwa zur gleichen Zeit
dem Weltraumteleskop Hubble (HST) beobachtet (Rich et al. 2002).
Beide Kugelsternhaufen (engl. globular clusters) sind neben einem jungen Sternhaufen in der Galaxie
M82 und den beiden Zwerggalaxien POX 52 und
NGC 4395 die derzeit besten Kandidaten für mittelschwere Schwarze
Löcher (intermediate-mass black holes, IMBHs). Sollte sie wirklich existieren, wäre die
bislang beobachtete Massenlücke zwischen stellaren und supermassereichen Schwarzen Löchern Geschichte.
Die massereichen Schwarzen Löcher weisen nämlich gerade Massen zwischen einigen 100 und 10000 Sonnenmassen
auf. Das macht diese Entdeckungen so außerordentlich attraktiv.
G1 ist als extragalaktisches Objekt einiges weiter entfernt als M15. Er umkreist im galaktischen Halo der
Andromedagalaxie deren Zentrum in etwa 170000 Lj Entfernung. Damit ist er von der Erde 720 kpc entfernt. Der
gesamte Kugelsternhaufen hat eine Masse von 107 Sonnenmassen und ist damit der massereichste
überhaupt bekannte Kugelsternhaufen. Er besitzt etwa 300000 Sterne. Außerdem ist er auch mit einer
scheinbaren Helligkeit von mV = 13.72mag der hellste Kugelsternhaufen der lokalen Gruppe. Die
abgeleitete Zentralmasse aus der Sternbewegung um das Zentrum (Geschwindigkeitsdispersionskurven) beträgt
20000 Sonnenmassen (Rich et al. 2002) und wurde nun zu einem genaueren Wert von etwa 17000 bis 18000
Sonnenmassen korrigiert (Gebhardt et al. 2005). Die Erklärung, dass die Zentralmasse ein Schwarzes Loch
ist, ist bei G1 wahrscheinlicher als bei M15, weil er weniger konzentriert/dicht zum Zentrum hin ist. Damit scheidet
zumindest die Alternativerklärung mit einer Ansammlung vieler Neutronensterne im Zentrum eher aus.
Allerdings wird aktuell diskutiert, ob ein Röntgendoppelstern (ein so genannter low-mass X-ray binary, LMXB)
als Alternative zum IMBH in Frage kommt: Eine aktuelle Beobachtung mit dem europäischen Röntgenteleskop XMM
zeigte eine helle Quelle mit einer Röntgenleuchtkraft von 1036 erg/s. Diese Beobachtung kann so interpretiert
werden, dass entweder ein IMBH akkretiert oder dass hier ein gewöhnlicher LMXB in Erscheinung tritt (Pooley
& Rappaport 2006). Klarheit über die Natur der Quelle werden nur weitere Beobachtungen - am besten mit
hoher räumlicher Auflösung - verschaffen.
Quellen
- Rich et al. 2002
- Gebhardt et al.: An Intermediate-Mass Black Hole in the Globular Cluster G1: Improved Significance from New Keck
and Hubble Space Telescope Observations, ApJ 634, 1093, 2005
- Pooley & Rappaport: X-rays from the Globular Cluster G1: Intermediate Mass Black Hole or Low Mass X-ray
Binary?, ApJ 644, L45, 2006
Tabelle
M82
Das erste Indiz für die Existenz mittelschwerer Schwarzer Löcher (engl. intermediate-mass black holes,
IMBHs; früher auch mid-mass black holes) gab es bei diesem Objekt des Messier-Katalogs M82. Als gut etablierte
Massentypen in der Astrophysik gelten die stellaren und die supermassereichen Schwarze
Löcher. Die nun vermuteten mittelschweren Schwarzen Löcher würden die auffällige Lücke (mass gap)
in der Massenverteilung Schwarzer Löcher füllen. Seit dem Jahr 2000 und diesem Präzedenzfall M82 häufen sich
die Entdeckungen von IMBHs (siehe auch Kugelsternhaufen M15 und G1
sowie Zwerggalaxien POX 52 und NGC 4395).
Innerhalb der Starburstgalaxie M82, die von der Erde 11 Millionen Lichtjahre entfernt ist, haben Astronomen den jungen
Sternhaufen MGG 11 entdeckt. Er ist etwa 600 Lichtjahre vom Galaxiezentrum entfernt. Im Zentrum des Sternhaufens vermuten die
Astronomen ein Schwarzes Loch mit etwa 350 Sonnenmassen. Es hätte gemäß der Definition des
Schwarzschildradius etwa die halbe Größe des Mondes - entsprechend schwierig gestaltet sich der klare Nachweis des
winzigen Loches.
Die Röntgenbeobachtungen von Chandra zeigten eine helle Punktquelle (Matsumoto et al. 2001), die mit optischen, Radio-
und Infrarotdaten verglichen wurde. Die Röntgenemission ist zeitlich variabel und ähnelt sehr den Variabilitäten bei
akkretierenden, stellaren Schwarzen Löchern. Daher ist der Schluss auf ein mittelschweres Schwarzes Loch die bislang einzige,
plausible Erklärung. Ähnlich wie die stellaren Schwarzen Löcher soll dieses Loch aus dem Gravitationskollaps eines
Supersterns entstanden sein. Es ist inzwischen gelungen, die Entstehung des IMBHs auch theoretisch zu modellieren: Simulationen auf
Hochleistungsrechnern bestätigen, dass sich in MGG 11 ein mittelschweres Schwarzes loch durch Sternkollisionen gebildet haben
kann (Zwart et al. 2004).
Quellen
- Pressemitteilung 09/2002: Chandra Clinches Case
for Missing Link Black Hole auf der Chandra Website
- Matsumoto et al.: Discovery of a Luminous, Variable, Off-Center Source in the Nucleus of M82 with the Chandra High-Resolution
Camera, ApJ 547, L25, 2001
- Zwart et al.: Formation of massive black holes through runaway collisions in dense young star clusters, Nature 428,
724, 2004
Tabelle
NGC 4395
NGC 4395 befindet sich im Sternbild Canes Venatici (dt. Jagdhunde) und ist zusammen mit der
elliptischen Zwerggalaxie POX 52 die einzige bisher bekannte Zwerggalaxie,
die einen AGN enthält (in beiden Fällen vom Seyfert-Typ). NGC 4395 ist mit einer Entfernung von oder 8.5 Mio.
Lichtjahren oder 4.2 Mpc relativ nahe (die oft zu lesende Entfernungsangabe von 2.6 Mpc nach Rowan-Robinson,
1985 ist veraltet), sogar die nächste Seyfertgalaxie überhaupt. Morphologisch gesehen fehlt bei NGC 4395 der Bulge,
sie hat lediglich eine galaktische Scheibenkomponente. Es handelt sich um eine Spiralgalaxie vom Typ Sd III-IV.
Die Masse des zentralen massereichen Schwarzen Löches wurde zu 104 bis 105 Sonnenmassen
(Shih et al., 2003), maximal jedoch zu 6.2 x 106 Sonnenmassen (Filippenko & Ho, 2003)
abgeschätzt. Das Spektrum besteht aus hoch angeregten Emissionslinien. Breite Wasserstoff- und Heliumlinien
legen daher eine Seyfertgalaxie vom Typ 1 nahe. Die radiale Geschwindigkeitsdispersion beobachteter stellarer
Absorptionslinien dient der Bestimmung der Virialmasse, also einer oberen Massengrenze für den zentralen
Sternhaufen oder der zentralen Sternenansammlung plus massereichem Schwarzen Loch. HST-Messungen liefern hier
eine Virialmasse von 6.2 x 106 Sonnenmassen. Unterschiedliche Methoden liefern verschiedene
Virialmassen, wie auch 1.2 x 105 (H-beta) oder 1.3 x 104 Sonnenmassen (anderer Radius
für BLR).
Diese Beobachtung legt die Hypothese nahe, das sämtliche Zwerggalaxien zentrale massereiche Schwarze Löcher
unterhalb von etwa 106 Sonnenmassen enthalten könnten.
Quellen
Tabelle
NGC 4258
Dieses Objekt (Messierbezeichnung M106) ist eine Seyfertgalaxie vom Typ 1.9 (also hohe Inklination)
und daher ein Aktiver Galaktischer Kern (AGN). Die Entfernung ist mit 7.2 Mpc recht hoch (Herrnstein et al.
1999). Die Masse kann mit der Linienemission eines Wassermasers für das rotierende Gas modelliert werden
und beträgt 36 Millionen Sonnenmassen innerhalb des Kerngebietes von 0.13 pc. Dies spricht demnach für ein
supermassereiches Schwarzes Loch, dessen umkreisende Akkretionsscheibe hoch inkliniert ist (etwa
83 Grad, daher fast Typ 2).
Beobachtungen mit dem Röntgensatellit ASCA konnten die Existenz der heißen Eisenlinie bei etwa 6.4 keV
belegen. XMM-Newton, ebenfalls ein Röntgensatellit, senkte die Breite der Eisenlinie ab. Das
Röntgenobservatorium Chandra konnte zeigen, dass die harte Röntgenquelle mit dem Radiokern zusammenfällt.
Quelle
Tabelle
M87
M87 (oder auch NGC 4486, 3C 274, Virgo A) ist eine sehr gut untersuchte, riesige, elliptische Galaxie
(Hubbletyp E1) im Sternbild Virgo (dt. Jungfrau) und Zentrum des
Virgo-Haufens, einem Supergalaxienhaufen. Ihr Abstand von der Erde beträgt 16 Mpc oder 52 Mio. Lichtjahre
oder eine kosmologische Rotverschiebung von z ~ 0.004 (Tonry et al. 1991).
M87 war der erste gute Kandidat für ein supermassereiches Schwarzes Loch im Zentrum der Galaxie. Dies
legten Beobachtungen des Weltraumteleskops Hubble 1994 nahe. Es handelt sich bei dem Schwarzen Loch um
einen Giganten seiner Gattung: es wiegt 2 Mrd. Sonnenmassen!
Sehr auffällig im optischen Wellenlängenbereich ist der Jet dieser Quelle. Er wird gemäß des Paradigmas
für aktive Galaxien direkt im Zentrum am Schwarzen Loch erzeugt. Dann propagiert der Jet auf die große
Längenskala und übersteigt in der Länge sogar die Galaxie, in der er entstanden ist. Optisch (HST-Aufnahme)
hat der Jet eine Länge von etwa 1.5 kpc bzw. 5000 Lichtjahren, im Radiobereich (VLA-Bilder) sogar etwa 30 kpc
bzw. 100 000 Lichtjahre. Der Jet bewegt sich relativistisch schnell mit Geschwindigkeiten von 4 bis 6c.
Dieser Effekt der Überlichtgeschwindigkeit (engl. superluminal motion) ist ein scheinbarer
Effekt, der auftritt, wenn der Jet fast genau auf den Beobachter zeigt. Der Jet reicht bis nahe an die
zentrale Maschine heran: 0.01 pc oder 60 Schwarzschildradien konnten im IR
gemessen werden.
Aufgrund des Alters dieser Galaxie hat sie viel von ihrem Gas verloren. Es wurde u.a. auf das zentrale,
supermassereiche Schwarze Loch akkretiert. Die Akkretionsrate kann mit der Prämisse sphärisch symmetrischer
Bondi-Akkretion zu 0.1 Sonnenmassen pro Jahr abgeleitet werden. Die Masse des Schwarzen Loches ist mit
3 Milliarden Sonnenmassen enorm hoch (Macchetto et al. 1997).
Die nukleare Scheibe von M87 rotiert größtenteils Keplersch, jedoch im innersten Bereich unterhalb
von 20 pc, können nicht-Keplersche Komponenten mit der Sauerstofflinie OIII nachgewiesen werden.
In dieser Region ist sie stark blauverschoben, ein Effekt, der im
Englischen Beaming genannt wird.
Tabelle
POX 52
POX 52 ist eine elliptische Zwerggalaxie in einer Entfernung von 303 Mio. Lj oder 93.0 Mpc
(H0 = 70 km/s/Mpc). Das Besondere an ihr ist ihr aktiver Kern, so dass man sie
zu den AGN zählen kann. Zunächst klassifizierte man sie als Seyfertgalaxie
Typ 2 (Kunth et al., 1987), also einer Galaxie mit hoher Inklination der inneren Galaxienscheibe;
später konnte man mit neuen Daten dies zu einer Seyfertgalaxie Typ 1 korrigieren, weil man ähnliche
Emissionslinien wie beim Seyfertzwerg Typ 1 NGC 4395 feststellte.
Bisher ist POX 52 das einzige Beispiel einer Zwergellipse mit Seyfert-AGN.
Man hat nun aus den stellaren Geschwindigkeitsdispersionen, also Sternbewegungen um den Galaxienkern,
eine Zentralmasse ableiten können. Die stellare Geschwindigkeitsdispersion (Sigma) beträgt etwa 36 km/s.
Wasserstofflinien (H-beta) dienen dazu, um Skalenrelationen aus Masse, Leuchtkraft und Linienbreite zu
definieren. Die resultierende außerordentlich große Masse von 1.6 x 105 Sonnenmassen in
einem kleinen Raumgebiet legt ein massereiches Schwarzes Loch (intermediate mass black hole)
nahe, das POX 52 beherbergt. Mit dieser Masse liegt das mutmaßliche Schwarze Loch an der unteren Grenze
für supermassereiche Schwarze Löcher und etwa eine Größenordnung oberhalb von massereichen Schwarzen
Löchern, die man in Kugelsternhaufen vermutet (siehe M15 und
G1).
Diese Beobachtung legt die Hypothese nahe, das sämtliche Zwerggalaxien zentrale massereiche Schwarze
Löcher unterhalb von etwa 106 Sonnenmassen haben.
Quellen
Tabelle
Cygnus A
Cygnus A (z = 0.056) ist eine sehr aktive Radiogalaxie und befindet sich in einer Entfernung
von 760 Mio. Lj oder 233.2 Mpc (H0 = 72 km/s/Mpc). Sie zeigt sehr deutlich zwei Radio-Jets,
die sie als klassische doppelte Radioquelle (engl. double radio source) spezifizieren.
Cyg A ist trotz der hohen Entfernung eine der hellsten Radioquellen am Himmel. Der Hubble-Typ der 1952
von W. Baade und R. Minkowski entdeckten Galaxie ist elliptisch. Sie weist wie viele
Radiogalaxien eine ähnliche Morphologie wie radiolaute Quasare auf. Bezüglich der
Fanaroff-Riley-Klassifikation ist Cyg A der FR II Archetypus,
d.h. die Hot Spots stehen in großer Distanz zum Core, und es zeigen sich ausgeprägte Radiolobes.
Die Masse des supermassereichen Schwarzen Loches im Zentrum von Cyg A beträgt etwa 2.5 Mrd. Sonnenmassen.
Nahe am Kern misst man spektroskopisch eine turbulente Verbreiterung von Emissionslinien. Die bolometrische
Leuchtkraft wurde zu 1046 erg/s bestimmt und setzt die aktive Radiogalaxie damit an das untere Ende
der Quasarleuchtkräfte.
Von der Jetachse nimmt man wie üblich beim AGN-Paradigma an, dass die mit der Rotationsachse des supermassereichen
Schwarzen Loches übereinstimmt. Die Messungen im Radiobereich und im Optischen legen eine Inklination zwischen
50 und 90 Grad nahe. Die Jetgeschwindigkeiten sind relativistisch und betragen etwa 0.5c.
Quellen
Tabelle
CXO 0312 Fiore P3
Dieses am weitesten entfernte Objekt (Katalogbezeichnung CXOU J031238.9-765134) in meiner Übersicht ist
vermutlich ein Quasar oder ein BL Lac Objekt, in jedem Fall also ein Aktiver Galaktischer Kern (AGN).
Die Rotverschiebung wurde zu z = 0.158 bestimmt, entsprechend einer Entfernung von 2.5 Milliarden Lichtjahren.
Optisch erscheint es als normale Galaxie, im Licht der Röntgenstrahlung ist es aber äußerst hell, etwa einen Faktor
30 heller als übliche elliptische oder Spiralgalaxien.
Die Masse des supermassereichen Schwarzen Loches im Zentrum von CXO 0312 kann als obere Grenze aus der Blauhelligkeit
des Galaxienbulges abgeschätzt werden (Magorrian et al., 1998): 400 Mio. Sonnenmassen.
Die Bezeichnung CXO bedeutet dabei Chandra X-ray Observatory und verät, dass diese starke Röntgenquelle
im Sternbild Hydrus von Chandra entdeckt wurde (im September 1999). Fiore geht auf den
italienischen Astronom Fabrizio Fiore zurück, der mit seinem Team das Objekt entdeckte.
Quelle
Tabelle
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© Andreas Müller, August 2007
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