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Das größte Schwarze Loch der Milchstraße
Einleitung Im Wissensportal für Astrophysik widmet sich ein umfangreicher Artikel der Physik Schwarzer Löcher. Ein weiterer Artikel beschäftigt sich mit der Rolle Schwarzer Löcher in der gängigen Vorstellung von Aktiven Galaktischen Kernen (AGN). In diesem Artikel geht es um das 'Monster in unserer Heimatgalaxie': einem supermassereichen Schwarzen Loch inmitten der Milchstraße! Die Hypothese Diese an sich abenteuerliche Behauptung ist durch folgenden Sachverhalt motiviert: Ein supermassereiches Schwarzes Loch (engl. supermassive black hole, kurz SMBH) ist das Schlüsselelement im Standardmodell aktiver Galaxien: die extreme AGN-Leuchtkraft von bis zu 100 Billionen Sonnen kann nur durch ein Materie aufsammelndes Schwarzes Loch erklärt werden. Das Eddington-Kriterium verrät uns, dass es sich dabei nicht etwa um kleine, stellare Schwarze Löcher handelt, sondern dass die leuchtkräftigsten Galaxien SMBHs mit bis zu Milliarden Sonnenmassen beherbergen! Bei dem Materieeinfall (Akkretion) wird potentielle Energie der Materie, die sie im Gravitationsfeld hat, verwandelt in Strahlungsenergie. Vor allem die fleißigsten Materialaufsammler gehören zu den hellsten Leuchtfeuern im All und produzieren hohe Intensitäten in allen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums. Was haben aktive Galaxien mit der offensichtlich inaktiven Milchstraße zu tun? Nun, AGN sind ausnahmslos im fernen Kosmos beheimatet. Im nahen Universum werde keine AGN beobachtet. Allerdings müssen ja die superschweren Löcher der AGN irgendwo geblieben sein, weil es keinen physikalischen Prozess gibt, der sie zum Verschwinden bringen könnte (für Experten: Hawking-Strahlung oder Penrose-Prozesse scheiden aus!). In Konsequenz müssen die nahen Galaxien noch die SMBHs enthalten. Wenigstens einige der nahen Galaxien waren ehemals aktiv - nur der Aktivitätszyklus des AGN wurde beendet. Also ist aufgrund des Standardmodells für AGN zu erwarten, dass auch das Zentrum der Milchstraße ein superschweres Schwarzes Loch enthalten muss. Diese auf theoretischen Überlegungen fußende Hypothese muss mittels astronomischer Beobachtungen überprüft werden. Zentrale Fragen, die einer wissenschaftlichen Klärung bedürfen sind: Wie viel Masse hat das zentrale supermassereiche Schwarze Loch? Rotiert es? Falls ja, wie schnell? Auch die Menge an Umgebungsmaterial wird entscheidend sein, weil das die Akkretionsrate und somit die Aktivität steuert. Die Struktur von Magnetfeldern ist ebenfalls ein wichtiger Parameter, sind die Magnetfelder doch relevant für die Dynamik des Akkretionsflusses und für das Herausschleudern von Materiestrahlen, den Jets. Struktur der Milchstraße Scheibe und Halo
Wir verschaffen uns zunächst einen Überblick über das 'Gebilde Milchstraße'. Die Milchstraße ist morphologisch
betrachtet eine Spiralgalaxie. Eine Außenansicht ist natürlich nicht möglich, weil wir selbst Teil der
Milchstraße sind. Es gibt auch keine Weltraumsonde, die Menschen losgeschickt haben könnten, um solche Aufnahmen zu
gewinnen. Die Reise wäre recht langwierig und die Aufrechterhaltung des Funkkontakts über solche Distanzen ist technisch
unmöglich. Die Voyager-Sonden, die Anfang der 70er Jahre gestartet wurden, haben gerade mal die Grenzen des
Sonnensystems erreicht und befinden sich irgendwo im Kuiper-Ring hinter dem fernen Zwergplaneten Pluto. Spiralarme und Sternentstehungsregionen Insgesamt handelt es sich bei der Milchstraße um eine Ansammlung von einigen hundert Milliarden Sternen. Die Spiralarme liegen im Außenbereich der galaktischen Scheibe und entsprechen dichteren Regionen mit vielen Sternen, wo besonders viele neue Sterne entstehen. Dort gibt es farbenprächtige Sternentstehungsregionen wie den Orionnebel. Optische Aufnahmen von Spiralgalaxien belegen, dass die Spiralarme besonders von blauen und blau-weißen, jungen Sternen (Spektraltypen O, B) bevölkert sind. Die Spiralarme entstehen dadurch, dass großräumige Dichtewellen die Galaxie durchlaufen und so für unterschiedliche Sternanzahldichten sorgen. Darüber hinaus vermuten Astronomen, dass interstellare Magnetfelder eine wesentliche Rolle in der Struktur und Dynamik der Spiralarme spielen. Denn in den optischen Zwischenarm-Regionen zeigen Computersimulationen hohe magnetische Felder, die durch den galaktischen Dynamo gebildet und verstärkt werden: die rotierende Milchstraße schleppt die Magnetfelder mit und zieht sie auf. Diese Felder sind in Beobachtungen über die Synchrotronemission zugänglich. Galaktische Schwestern
Die Gewinnung astrometrischer Daten, also Kenntnisse über exakte Position und Entfernung von Sternen und anderen galaktischen
Objekten ermöglichten eine Kartographierung der Milchstraße. Diese Ergebnisse legten nahe, dass die Milchstraße einer ihrer
Nachbargalaxien, der Andromedagalaxie, morphologisch sehr ähnlich sein muss. Die Andromedagalaxie (Messier-Objekt M31) befindet
sich in einer Entfernung von 2.2 Millionen Lichtjahren (667 kpc). Sie ist das
weiteste Objekt, das man mit bloßem Auge noch am Nachthimmel ausmachen kann. Von ihr existieren natürlich Aufnahmen, die eine
Vorstellung über das Aussehen der Milchstraße vermitteln. Dazu gehört das optische Beobachtungsfoto von M31 links, das mit
dem Weltraumteleskop Hubble gemacht wurde (Credit: R. Gendler, HST/NASA 2002). Milchstraße und Andromedagalaxie befinden sich
in einem größeren Verbund von Galaxien, einem Galaxienhaufen, den man die Lokale Gruppe
nennt. Die Magellanschen Wolken, irreguläre Galaxien des Südhimmels und einige kleine Zwerggalaxien gehören noch dazu. Mit dem Maßband durch die Milchstraße In der vertikalen Richtung zur galaktischen Scheibe befindet sich das Sonnensystem nur etwa 46 Lichtjahre (14 pc) nördlich. Von uns aus betrachtet, befindet sich das Zentrum im Sternbild Sagittarius (dt. Schütze, int. Abkürzung Sgr), einem Tierkreiszeichen. Das galaktische Halo durchmisst etwa 160000 Lichtjahre (50 kpc), die Dicke der galaktischen Scheibe beträgt nur etwa 3000 Lichtjahre (1 kpc), wohingegen sie in der Kernregion etwas zunimmt auf 15000 Lichtjahre (5 kpc). Diese Struktur nennen die Astronomen galaktischen Bulge (engl. bulge: 'Wulst, Verdickung'). Die Abbildung oben am Anfang dieses Abschnitts fasst die Gestalt der Milchstraße mit allen genannten Strukturen schematisch zusammen (große Version). Blick ins Zentrum Die Beschaffenheit der Zentralregion der Milchstraße innerhalb von etwa einer Parsec enthält eine dichte Ansammlung heller Sterne (stellare Komponente) mit sehr hohen Eigenbewegungen sowie neutrales und ionisiertes, vor allem sehr heißes Material (Gaskomponente). Im Besonderen wurden blaue Überriesen (engl. blue supergiants) beobachtet, die Emissionslinien neutralen Heliums (HeI) zeigen. Vermutlich sind sie mit 30 bis 100 Sonnenmassen sehr massereich und mit 20000 bis 30000 K Oberflächentemperatur sehr heiß. Diese Heliumsterne verlieren durch Winde sehr viel Material und versorgen damit dass Galaktische Zentrum mit Masse. Sie befinden sich in einer Nachhauptreihenphase (siehe Hauptreihe). Dabei wird bis heute die Frage untersucht, wie die heißen, jungen, massereichen Sterne in die Zentralregion gelangt sind. In der Fachwelt kursiert diese Beobachtung unter dem Etikett Paradox of Youth (Ghez et al. 2003). Vor allem jedoch lauert genau in der Mitte der Milchstraße eine kompakte, dunkle und extrem hohe Masse. Sie ist so dicht, dass es unser Verständnis von Materie übersteigt. Wir werden im Folgenden betrachten, wie es zu dieser Einsicht über Jahrzehnte spannender Forschung gekommen ist. Multiwellenlängenbeobachtungen
In der galaktischen Scheibe befinden sich nicht nur viel mehr Sterne, sondern auch viel mehr interstellares Material.
Dieser Staub sorgt über Streuprozesse für eine deutliche Abschwächung der Strahlung, was Astronomen mit dem
Extinktion bezeichnen. Die Strahlung wird signifikant gerötet - ein Effekt der übrigens
vergleichbar der irdischen Morgen- und Abendröte ist. Die Helligkeit im visuellen Bereich kann
um bis zu 30 Magnituden absinken. Dieser Umstand erschwert es den Beobachtern beträchtlich
bei optischen oder ultravioletten Wellenlängen ins Galaktische Zentrum zu schauen. Es bleibt den Astronomen nicht anderes übrig,
als auf andere Wellenlängen auszuweichen: Radio-, Infrarot- und Röntgenstrahlung. Bei diesen Strahlungsenergien ist die Extinktion
nicht so gravierend. Radiobeobachtungen
Im Radiobereich wurden die ersten Beobachtungen mit dem Very Large Array (VLA)
gemacht. Typische Wellenlängen liegen bei 6 cm und 20 cm. Das Beobachtungsfoto oben wurde bei 90 cm Wellenlänge aufgenommen
und zeigt den Strukturreichtum der innersten etwa 2000 Lichtjahre der Milchstraße - der Sagittariusregion (Credit:
Kassim et al., NRAO/AUI/VLA 1986; große Version).
In der auffallend hellen Zentralregion Sgr A befindet sich die kompakte Radioquelle Sagittarius A* (Sgr A*), die mit dem
supermassereichen Loch in Verbindung gebracht wird. Die Ausdehnung der Radioquelle wurde zu nur etwa 30 Lichtminuten bestimmt!
Die helle Zentralquelle kann bei der Auswertung der Radiobeobachtungsdaten abgezogen werden. Das erlaubt eine Untersuchung der Gasbewegungen
um das galaktische Zentrum. Das ist hier im zweiten VLA-Foto bei 3.6 cm Wellenlänge geschehen (Credit: Roberts et al., NRAO/AUI/VLA
1993). Das Ausblenden der hellen Punktquelle entlarvt eine spiralförmige Gasbewegung, die die Astronomen Mini-Spirale (engl.
mini-spiral) nennen. Die Radiostrahlung kommt von ionisiertem Gas, das sich noch einige Parsec entfernt vom Loch befindet, dessen Schicksal
jedoch unausweichlich ist: das Gas füttert das Loch. Schon bei den ersten Radiobeobachtungen zeichneten sich die ersten vagen Hypothesen
für ein supermassereiches Schwarzes Loch ab. Infrarotbeobachtungen
Das Galaktische Zentrum wurde schließlich auch im Infraroten beobachtet. Die Pionierarbeit geht auf
Reinhard Genzel (MPE) und Andreas Eckart (seinerzeit auch MPE, jetzt Uni Köln) zurück, die
seit 1992 Nahinfrarotbeobachtungen am Galaktischen Zentrum aufzeichnen. Anfangs wurde in das New Technology
Telescope der ESO (NTT) in La Silla,
Chile für diese Beobachtungen eingesetzt. Bei den ersten Infrarotbeobachtungen wurde die Speckle-Methode
verwendet, um hohe räumliche Auflösungen zu erzielen. Die Belichtungszeit ist kürzer als die typische
Zeitskala atmosphärischer Turbulenzen, so dass die Unschärfen, die die Erdatmosphäre bei langen Belichtungszeiten
produziert, ausgeschaltet werden. Die vielen Einzelbeobachtungen werden danach mit einem Computerprogramm zu einem
scharfen Gesamtbild kombiniert. Hierbei kam die Speckle-Kamera SHARP zum Einsatz, die am MPE entwickelt wurde. Die Bewegung der Sterne ist ein guter Indikator für die zentrale dunkle Masse. Die Verhältnisse sind analog zum Sonnensystem, wo die Bewegung der Planeten auf Keplerbahnen zur Berechnung der Masse der Sonne herangezogen werden können. Die Astronomen nutzen das dritte Keplersche Gesetz aus: Die Quadrate der Bahnperioden zweier umlaufender Körper verhalten sich wie die Kuben der großen Halbachsen ihrer elliptischen Bahnen. Wie die Abbildung oben illustriert, messen die Astronomen die Umlaufzeit τ des Sterns und die große Halbachse der elliptischen Bahn. Weil die Gravitationskonstante G bekannt ist, folgt mit der Relation oben (Keplers Worte als Formel) direkt die Masse im Zentrum der Milchstraße.
Das erste publizierte Ergebnis für die auf diese Weise bestimmte dunkle Zentralmasse im Zentrum der Milchstraße belief
sich auf ca. 3 Millionen Sonnenmassen innerhalb von 0.14 pc um das dynamische Zentrum (Krabbe et al. 1995). Schon bei den ersten
Beobachtungen wurde versucht, etwas über die Natur der dunklen Massenkonzentration sagen zu können: die MPE-Astronomen kamen
zu dem Schluss, dass es nur eine Ansammlung von mehreren stellaren Schwarzen Löchern oder ein einziges supermassereiches Schwarzes
Loch sein könne (Genzel et al. 1996).
In den Folgejahren wurden diese Infrarotbeobachtungen an Sternen, die um das Galaktische Zentrum kreisen
wiederholt und verbessert. Die Masse des kompakten, dunklen Objekts wurde dabei sukzessiv erhöht. Bereits
im Jahr 2000 legten Messungen von Genzels Team 2.6 bis 3.3 Millionen Sonnenmassen für das zentrale Objekt
nahe. Die Massenverteilung erwies sich zwischen 0.01 und 0.5 pc Abstand vom zentralen Objekt als flach. Am
innersten Rand bei 0.01 pc wurde eine zentrale Masse von 3.25 Millionen Sonnenmassen bestimmt. Außerdem
konnte gezeigt werden, dass das zentrale Objekt eine nahezu punktförmige Masse sei. Trotz der Nähe zur gigantischen Zentralmasse wird der Stern nicht durch Gezeitenkräfte zerrissen, weil diese mit der sechsten Potenz des Verhältnisses von Gezeitenradius zu Bahnradius abfallen. Mit anderen Worten: Gezeitenkräfte sind noch zu schwach bei S2.
Die aktuell favorisierte Masse des supermassereichen Schwarzen Loches im Zentrum der Milchstraße beläuft sich auf 3.6 Millionen
Sonnenmassen - mit einer Unsicherheit von 300000 Sonnenmassen (Eisenhauer et al. 2005) bzw. 3.7 Millionen Sonnenmassen mit einer
Unsicherheit von 200000 Sonnenmassen (Ghez et al. 2005).
Mit den VLT/NACO-Beobachtungen wurde bereits 2002 eine erstaunliche Entdeckung gemacht: Sgr A* blitzt auf! Diese Infrarotflares
geschehen typischerweise mehrmals täglich und dauern etwa eine Stunde. Die beobachtete Helligkeit der ansonsten im Infraroten dunklen
Region um Sgr A* wird dabei vergleichbar hell wie Sterne im Feld. Die Flares treten in Form von Quasi-periodischen
Oszillationen auf. Röntgenbeobachtungen
Die Röntgenbeobachtungen finden hingegen im hochenergetischen Strahlungsbereich statt. Das weltraumgestützte
Röntgenobservatorium Chandra schaute vor allem auf das Galaktische Zentrum (seit Jahr 2000). Dabei wurden
ausgedehnte Bereiche sehr heißen Plasmas entdeckt, dass thermisch im Röntgenbereich strahlt ('eine Röntgenblase')
und außerdem zahlreiche, besonders helle Punktquellen. Genau das zeigt das Titelbild dieses Artikels, das 2003 mit Chandra
aufgenommen wurde (Credit: NASA/CXC/MIT Baganoff et al. 2003). Hier tummeln sich etwa 2000 Röntgenquellen auf kleinstem Raum!
Diese ausgedehnten Strukturen heißen, ionisierten Plasmas erwartet man auch in der Umgebung eines Schwarzen Loches, weil
durch Akkretion die Materie stark aufgeheizt wird. Von einer räumlich größeren Skala muss der (magnetisierte)
Akkretionsfluss durch ein Nadelöhr im räumlich viel kleineren Schwarzen Loch verschwinden und es mit Masse anreichern.
Die hellste Röntgenquelle, die in diesem Falschfarbenbild weiß erscheint, ist wiederum
Sgr A*. Eine neue Methode: Direkte Beobachtung Schwarzer Löcher
Die vorangehenden Methoden involvieren alle elektromagnetische Strahlung. Sie erlauben eine astronomische Messung der Masse des kompakten,
dunklen Objekts und des Volumens, das diese Masse einnimmt. Unter der Annahme, dass es sich bei dem kompakten Objekt um ein
klassisches, rotierendes Schwarzes Loch handele, das durch die Kerr-Raumzeit beschrieben wird,
kann auch die Lochrotation gemessen werden.
Im Web-Artikel über Schwarze Löcher werden sämtliche Beobachtungsmethoden im Kapitel Beobachtung
Schwarzer Löcher vorgestellt. Die Vermessung von Sternbewegungen ist ein kinematisches Verfahren, die Auflösung von Strukturen
eher ein spektrales Verfahren. Doch selbst wenn die direkte Abbildung der Schwärze des kompakten, dunklen Objekts im Zentrum der Milchstraße gelingt, wird es schwer sein, daraus klar ein klassisches Loch zu folgern. Die Schwierigkeit ist, das andere kompakte Objekte wie der Gravastern, Holostern, Bosonenstern oder Fermionenstern aus der Sicht des entfernten Bebachters sehr große Ähnlichkeit mit einem klassischen Schwarzen Loch haben. Es muss jedoch betont werden, dass nach gegenwärtigem Stand der Beobachtungen ein klassisches, rotierendes Schwarzes Loch von 3.6 Millionen Sonnenmassen die Beobachtungen am besten erklärt. Gravitationswellen - eine Lösung des Problems?
Neben diesen elektromagnetischen Fenstern der Astronomie tut sich möglicherweise in Kürze ein weiteres, lange
prognostiziertes Fenster auf: die Gravitationswellen. Die Detektoren, wie GEO 600
bei Hannover oder LIGO in den USA, haben bereits ihre Arbeit aufgenommen, um diese Wellenform zu messen. Gravitationswellen
sind Veränderungen in der raumzeitlichen Struktur, die sich mit Lichtgeschwindigkeit fortpflanzen. Albert Einstein
selbst hatte sie in einer linearisierten Näherung der Feldgleichungen seiner
Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt. Diese Wellen sind allerdings rein
klassische Objekte und nicht quantisiert. Im besonderen Fall des Galaktischen Zentrums könnte es nun passieren, dass sich ein Stern zu nahe an das Loch heranwagt. Durch Gezeitenkräfte wurde der Stern dann zerrissen werden und es käme zu einer kurzzeitigen Emission von Röntgenstrahlung (X-ray burst). Tatsächlich gelang eine solche Beobachtung 2004 in einer anderen Galaxie (Komossa et al.). Neben der Röntgenstrahlung müssen auch Gravitationswellen emittiert werden. Vielleicht wird ein solcher Nachweis mit Gravitationswellendetektoren gelingen. Leider sind diese Ereignisse ziemlich selten: Astronomen erwarten sie nur alle 10000 Jahre bei nicht-aktiven Galaxien wie der Milchstraße (Magorrian & Tremaine, 1999). Es bleibt ein weiterer Hoffnungsschimmer: Massereiche Objekte, die um das Galaktische Zentrum kreisen, strahlen ebenfalls Gravitationswellen ab. Es bleibt abzuwarten, ob Gravitationswellen tatsächlich bald direkt entdeckt werden und ob sie die Erforschung des Zentrums der Milchstraße voranbringen werden. Eines ist klar: Die Gravitationswellenastronomie wird eine völlig neue Ära astrophysikalischer Forschung eröffnen! Und der Beweis?
Knapp gesagt: der eindeutige und endgültige Beweis für ein supermassereiches Schwarzes Loch im Zentrum der
Milchstraße steht noch aus! Im Kern liegt die Problematik darin, dass weder der Ereignishorizont, noch die
Singularität bewiesen wurden. Die Astronomen wissen allerdings, dass sich etwas
ungeheuer Massereiches, Kompaktes und Dunkles im Zentrum unserer Heimatgalaxie befindet. Nach heutigem Forschungsstand
passt in dieses Bild nur ein supermassereiches Schwarzes Loch.
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© Andreas Müller, August 2007
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