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Lexikon - E 4 Lexikon - E 6

Astro-Lexikon E 5


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eos-Parameter

Der eos-Parameter wird häufig auch w-Parameter genannt (siehe dort für detaillierte Erläuterungen) und ist wesentlich für die Kosmologie.

Epizykel

Dieser Begriff wird im Zusammenhang unter dem Begriff Gravitation erläutert. Siehe auch Quasi-periodische Oszillationen für die Klärung des Begriffs Epizykelfrequenz.

Ereignishorizont

Der Ereignishorizont (engl. event horizon) ist ein bestimmter Typus eines Horizonts, der in der Theorie Schwarzer Löcher und in der relativistischen Kosmologie eine wichtige Rolle spielt.

Horizonte trennen Beobachtbares von Unbeobachtbarem

Wie alle Horizonte trennt er Beobachtbares von Unbeobachtbaren. In der Relativitätstheorie trennt der Horizont Ereignisse (Weltpunkte) von einem Außenbeobachter. Ereignisse sind dabei durch Angabe eines Ortes (drei Raumkoordinaten) und einer Zeitkoordinate charakterisiert. Daher rührt der Name Ereignishorizont.

Schwerkraftfalle Schwarzes Loch

Bei Schwarzen Löchern ist der Ereignishorizont eine ausgezeichnete Fläche, die die echte Singularität umschließt. Anschaulich definiert wird beim Ereignishorizont die Fluchtgeschwindigkeit gleich der Lichtgeschwindigkeit. Weil schon in der Speziellen Relativitätstheorie die Lichtgeschwindigkeit eine Obergrenze für Signale darstellt, die nicht überschritten werden kann, trennt der Ereignishorizont alle Ereignisse, die innerhalb des Horizonts geschehen, von der Außenwelt ab. Deshalb markiert der Ereignishorizont einen Bereich von 'Orten ohne Wiederkehr' (engl. point of no return): Alles, Materie und Strahlung, was sich einem Schwarzen Loch bis zum Ereignishorizont nähert, muss notwendigerweise in die Singularität stürzen. Alle Geodäten zeigen dann nach innen, direkt auf die Singularität. Aus diesem Grund ist der Horizont eine Einfangfläche (engl. trapping surface). Der Einfang ist aber vom Standort des Beobachters abhängig. Die Definition des Horizonts über Einfangflächen führt auf den Begriff des scheinbaren Horizonts.
Erstaunlichweise kommt klassisch - in einer Newtonschen Rechnung - dasselbe Ergebnis zustande, wie korrekt gerechnet mit der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART), wenn man den Horizont eines nicht rotierenden Schwarzen Loches berechnen will. Das ist allerdings ein Zufall. Die richtige Mathematik zur Beschreibung von Ereignishorizonten liefert nur die ART.

Gestalt des Horizonts

Horizonte von Schwarzen Löchern sind exakt kugelförmige Regionen, wie die (gleich folgenden) Definitionsgleichungen zeigen. Dies gilt sowohl in der statischen Schwarzschild-Metrik, als auch in der stationären, aber rotierenden Kerr-Metrik. Dennoch wird ein Außenbeobachter eine nicht kugelsymmetrische Form des Horizonts wahrnehmen, falls das Loch rotiert und falls der Beobachter geeignet zum Loch orientiert ist. Dies ist ein Resultat von dem Gravitationslinseneffekt und von dem Frame-Dragging-Effekt.

Horizonte in der Sprache von Einsteins Theorie

Im Unterschied zu 'normalen' Sternen ist der Ereignishorizont nur eine mathematisch definierte Fläche, eine so genannte Nullfläche, die nicht mit einer festen Oberfläche assoziiert ist! In der ART beschreibt man den Ereignishorizont eines rotierenden Schwarzen Loches als zweidimensionale Nullfläche. Sie wird von den beiden Killing-Vektoren aufgespannt. Die Killing-Vektoren folgen wiederum aus der Symmetrie der Raumzeit. Aus der Betrachtung der Isometrien lässt sich die Killing-Gleichung ableiten, deren Lösungen die Killing-Vektoren sind. Weil sie eine Nullfläche erzeugen, heißen sie auch Nullgeneratoren. Die Nullfläche der Kerr-Geometrie ist aufgrund der Isometrien unabhängig von den Koordinaten t (Zeit) und Φ (Azimuthalwinkel). Mit dieser Invarianz sind eindeutig die beiden Symmetrien Stationarität und Axialsymmetrie assoziiert.
Definition von innerem und äußerem Horizont in der Kerr-Geometrie Der Horizontradius berechnet sich aus der Masse des Schwarzen Loches M und dessen spezifischen Drehimpuls a, wie in der Abbildung rechts abzulesen ist. Der Kerrparameter a ist null für Definition des Schwarzschildradius die Schwarzschild-Lösung und vom Betrag her M für die maximale Kerr-Lösung (in geometrisierten Einheiten, d.h. wenn G = c = 1). Der Horizont ist für Schwarzschild bei zwei Gravitationsradien oder einem Schwarzschildradius, wie in der zweiten Gleichung links dargestellt ist. Der Schwarzschildradius beträgt einfach nur 2M in geometrisierten Einheiten.

Kerr: Noch ein Horizont!

eine metrische Funktion der Kerr-Geometrie Wer gerade aufmerksam die Gleichungen gelesen hat, wird eine Besonderheit bei der Kerr-Geometrie festgestellt haben: zwei Horizonte. Dabei ist der innere Horizont r- kleiner als der äußere Horizont r+. Der innere Horizont ist eine so genannte Cauchy-Fläche. Die relativistische Definition der Horizonte ist das Verschwinden des so genannten Delta-Potentials (siehe Gleichung oben rechts). Es handelt sich dabei um eine bestimmte Funktion, wie sie in der Kerr-Geometrie in Boyer-Lindquist-Koordinaten verwendet wird. Weil Delta am Horizont null ist, zeigen die Boyer-Lindquist-Koordinaten leider pathologisches Verhalten an den Horizonten: die Komponente grr des metrischen Tensors divergiert und strebt gegen unendlich. Diese Koordinatensingularität (keine 'echte') kann mit anderen Koordinaten, wie den Kerr-Schild-Koordinaten vermieden werden.

Deshalb sieht man schwarz

Das Verschwinden von Delta am Ereignishorizont führt dazu, dass der Rotverschiebungsfaktor dort null wird. Dies ist im Kern der Grund dafür, dass Schwarze Löcher schwarz sind, denn dieser Faktor gewichtet in hoher Potenz jede Emission, die bei Schwarzen Löcher beispielsweise aufgrund der Akkretion entsteht. Diesen gravitativen Effekt auf Strahlung nennt man Gravitationsrotverschiebung. Der Energie- und Intensitätsverlust von Strahlung wird für einen Außenbeobachter am Horizont unendlich stark. Strahlung, die sich knapp vor dem Horizont auf den Weg macht, sieht ein Außenbeobachter extrem gerötet und extrem verdunkelt - aber er sieht sie im Prinzip noch.

rotierender Horizont, aber keiner sieht's!

Der äußere Horizont, den man in der Regel meint, wenn man nur von einem Ereignishorizont spricht, liegt in der Kerr-Metrik mit maximaler Rotation (a = M bzw. a = -M in geometrisierten Einheiten) bei nur einem Gravitationsradius. Der Horizont rotiert wie ein starrer Körper, was ein Unterschied zur differentiellen ('breitenabhängigen') Rotation der Sonne ist. Er reißt bei seiner Drehbewegung alles mit, was Relativisten als Frame-Drag bezeichnen. Diese Korotation mit dem Horizont ist eine wichtige Randbedingung für alle Objekte, die sich dort befinden. Zieht man den Ereignishorizont als Größenkriterium für Schwarze Löcher heran, so sind Kerr-Löcher bei gleicher Masse immer kleiner.

nackte Tatsachen

An sich verhüllt der Ereignishorizont gemäß der kosmischen Zensur (engl. cosmic censorship) intrinsische Singularitäten, wie der englische Mathematiker und Relativist Roger Penrose als Erster vermutet hat. Intrinsisch meint immer 'echte' Singularitäten oder Krümmungssingularitäten, die im Gegensatz zu den Koordinatensingularitäten nicht zu beheben sind. Ein Kuriosum bietet in dieser Hinsicht die extreme Kerr-Lösung: Der innere Horizont ist in diesem Fall (a = M bzw. a = -M), deckungsgleich mit dem äußeren Horizont (siehe Definitionsgleichung oben). Die zentrale Ringsingularität ist in diesem Spezialfall eine so genannte 'nackte Singularität', die von außen sichtbar ist. Solche sichtbaren, unverhüllten Singularitäten sind jedoch verboten. Im Rahmen der ART kann man zeigen, dass durch nackte Singularitäten allerlei Unfug angestellt werden kann, weil sie z.B. das Prinzip der Kausalität verletzen. Beruhigend ist, dass noch kein Astronom eine nackte Singularität in der Natur beobachtet hat. Insofern stützt das die Hypothese von Penrose. In gleicher Weise spricht diese Zensur gegen Weiße Löcher bzw. der einen 'Seite' eines Wurmlochs.
Für Zwischenwerte von a gibt es einen signifikanten Versatz zwischen innerem und äußerem Horizont, der umso größer ist, je näher a der Null kommt. Im Schwarzschild-Fall verschwindet der innere Horizont in der zentralen Singularität bei r = 0. Dies alles fasst eine verlinkte Abbildung zusammen, die beide Horizonte in Abhängigkeit von a illustriert.

Geodäten am Horizont

Am Schwarzschildradius der Schwarzschild-Lösung bzw. am äußeren Horizont der Kerr-Lösung werden alle Geodäten lichtartig! D.h. Strahlung und Materie bewegen sich auf dem Lichtkegel. Man kann sehr leicht nachrechnen, dass alles - Strahlung und Materie - exakt mit der Lichtgeschwindigkeit radial in den Ereignishorizont einfällt. Innerhalb des Horizonts werden die Geodäten raumartig, also tachyonisch.

Evidenzen für den Ereignishorizont?

Die folgende Aussage ist an sich eine Sensation:

Bisher ist es nicht gelungen, bei irgendeinem kosmischen Objekt einen Ereignishorizont nachzuweisen!

Die Astronomen beobachten zwar eine Vielzahl dunkler kompakter Objekte (engl. compact dark object, CDO), doch gibt es mittlerweile zum Schwarzen Loch mit Ereignishorizont Alternativen, z.B. den Gravastern oder den Holostern, die beide ohne Ereignishorizont auskommen. Das ist ein Dilemma in der Physik Schwarzer Löcher! Einschränkend muss gesagt werden, dass bei vielen Loch-Kandidaten die Rotation (durch Eisenlinien oder quasi-periodischen Oszillationen) nachgewiesen wurde. Diese Objekte können zurzeit nur befriedigend als Kerr-Loch, aber nicht durch den Grava- oder Holostern beschrieben werden. Auch die theoretische Astrophysik sieht im Kerr-Loch ein unverzichtbares Objekt, das beispielsweise relativistische Jets antreibt (siehe auch Blandford-Znajek-Mechanismus). Insofern wird von den Astronomen tatsächlich nach wie vor versucht, den Ereignishorizont nachzuweisen. Vom uns am nächsten befindlichen mutmaßlichen Schwarzen Loch im Röntgendoppelstern XTE J1118+480 (Distanz 1.8 kpc) wurde behauptet, dass der Ereignishorizont nachgewiesen wurde (McClintock et al. 2004, astro-ph/0403251). Die Argumentation beruht darauf, dass eine thermische Strahlungskomponente, wie sie in einem Neutronenstern (der eine feste Oberfläche hat) auftritt, fehlt. Sie solle durch die starke Gravitationsrotverschiebung in der Nähe des und am Ereignishorizont stark unterdrückt werden. Die Argumentation dieser Autoren ist jedoch in der Fachwelt umstritten: So behaupten hingegen Abramowicz und Kollegen (A&A 396, L31, 2002) sinngemäß,

..., dass es prinzipiell unmöglich sei, den Ereignishorizont mittels elektromagnetischer Strahlung nachzuweisen!

Die einzige Hoffnung besteht nach den Verfechtern dieser Gegenposition in Gravitationswellen, deren Wellenform in eindeutiger Weise von einem Ereignishorizont zeugen könnten. Diese Sichtweise untermauert eine recht aktuelles Papier von Berti & Cardoso (2006, gr-qc/0605101). Anmerkung des Autors: Falls Sie mich fragen, so teile ich die Position von Abramowicz und Kollegen.

Hoffnungsträger Radioastronomie

Innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre werden möglicherweise die Radioastronomen den Ereignishorizont und den umgebenden dunklen Bereich direkt abbilden können! Die Radioastronomie erlaubt derzeit die höchste räumliche Auflösung am Himmel, nämlich mittels interferometrischer Methoden wie VLBI bis in den Bereich von Millionstel Bogensekunden. Um eine Vorstellung dieses winzigen Himmelsareals zu bekommen, betrachte man den Vollmond, dessen scheinbarer Durchmesser etwa ein halbes Grad, also 30 Bogenminuten oder 1800 Bogensekunden beträgt. Eine Zerlegung des Vollmonddurchmessers in 1.8 Milliarden gleich große Teile liefert also die Auflösungsgrenze der Radioastronomie!
Favorisierte Kandidaten zur radioastronomischen Abbildung des 'Großen Schwarzen Flecks' (nach der Terminologie meiner Dissertation) um ein Schwarzes Loch sind die zentralen supermassereichen Schwarzen Löcher im Zentrum der Milchstraße in 8 kpc Entfernung (etwa drei Millionen Sonnenmassen schwer) oder im Aktiven Galaktischen Kern von M87 (siehe Arbeiten von Krichbaum et al., MPIfR, astro-ph/0411487, astro-ph/0607072). M87 ist zwar weiter weg (18.7 Mpc), aber dafür ist das zentrale Loch schwerer (drei Milliarden Sonnenmassen), was in einem größeren 'Schwarzen Fleck' resultiert.

Literatur von Andreas Müller zum Thema

In meiner Doktorarbeit (Download PhD, pdf) und einem Konferenzbeitrag (Download Proceeding, pdf) finden Sie viele Einzelheiten zu Schwarzen Löchern und zum Ereignishorizont.
Ich lege in diesen Arbeiten außerdem dar, wie man aus der genauen Gestalt des 'Großen Schwarzen Flecks' nicht nur die Masse des Loches, sondern auch seinen Rotationsparameter und Neigungswinkel zum Beobachter bestimmen könnte.
Die Radioastronomen erreichen im Wellenlängenbereich von Millimetern ein sehr gutes Auflösungsvermögen. Vermutlich wird der Durchbruch in der Radioastronomie gelingen: die erste obskurative Verifikation eines Schwarzen Loches, also der Nachweis eines Lochs durch seine Schwärze.
Inwiefern die (noch hypothetische) Hawking-Strahlung für einen Nachweis taugt (was man als eruptive Verifikation bezeichnen kann), muss noch gezeigt werden. Denn zum einen ist diese Strahlungsform dermaßen schwach, dass sie von anderen Strahlungsformen überstrahlt wird; zum anderen gibt es auch andere thermische Strahlung am Schwarzen Loch, so dass eine überzeugende Beweisführung sehr erschwert wird. In dieser Hinsicht ist die Verfolgung der Experimente an Teilchenbeschleunigern wie dem LHC anzuraten.

erg

Eine Einheit für die Energie. 1 erg entspricht 10-7 Joule, der gebräuchlicheren SI-Einheit.

Diese Theoretiker...

Die Einheit erg ist eine typische Theoretikereinheit, weil in der theoretischen Physik im cgs-System (c: Zentimeter, g: Gramm, s: Sekunde) gerechnet wird. 1 erg folgt dann auf natürliche Weise, wenn man cm, g und s zu der Dimension einer Energie (Kraft × Länge = Masse × Beschleunigung × Länge = Masse × Länge zum Quadrat pro Zeit im Quadrat) verknüpft:

g × cm × cm × s-2 = 1 erg = 10-7 kg × m2 × s-2 = 10-7 J.

Astronomische Zahlenbeispiele

So gibt man beispielsweise die Leuchtkraft, mit der Dimension einer Leistung (Arbeit pro Zeit) in erg/s an. Die typische frei werdende Energie bei einer Supernova beträgt gewaltige 1051 erg. Diese Energiemenge wird auch in Form von Röntgenstrahlung frei, wenn ein Stern von einem Schwarzen Loch durch Gezeitenkräfte zerrissen wird.

Ergosphäre

Die Ergosphäre ist eine abgeplattetete Kugelfläche, die die Forscher auch statisches Limit nennen. In der Abbildung unten ist sie blau dargestellt. Diese Fläche umschließt vollständig den Ereignishorizont (schwarz) rotierender Schwarzer Löcher. Noch innerhalb des Ereignishorizonts liegt der innere Horizont oder Cauchy-Horizont (grün und transparent dargestellt). Die Quelle der Gravitation eines rotierenden Schwarzen Loches ist die zentrale Ringsingularität (die hier aus grafischen Gründen vergrößert dargestellt wurde). Das Gebiet zwischen Ergosphäre und Ereignishorizont (äußerem Horizont) nennen Theoretiker bisweilen auch die Ergoregion - häufig wird Ergosphäre gleichbedeutend mit Ergoregion verwendet. Ergosphäre und Ergoregion gibt es nur bei der Kerr-Lösung der Allgemeinen Relativitätstheorie.

Strukturen eines Kerr-Loches inklusive Ergosphäre

Kein Entrinnen von der rotierenden Raumzeit

Ab der statischen Grenze muss jeder Beobachter mit dem Schwarzen Loch ko-rotieren. Dieser Effekt heißt Frame-Dragging, d.h. innerhalb der Ergosphäre gibt es keine statischen Beobachter. Das Kerr-Loch zwingt seine Rotation allen Körpern, Beobachtern, selbst dem Licht auf, weil eben die Raumzeit selbst rotiert. Das gilt sogar dann, wenn der Körper oder das Teilchen sich ursprünglich gegen die Rotationsrichtung des Schwarzen Loches bewegte: es wird zur Bewegungsumkehr gezwungen! Ein Beobachter innerhalb der Ergosphäre würde den Fixsternhimmel in der Ferne rotierend wahrnehmen (siehe ZAMO). So nah an einem Kerr-Loch wäre das ein Schwindel erregender Höllenritt im Karussell der Raumzeit. Dramatischer wird es noch näher am Loch: Am Horizont selbst rotiert alles mit der exakt identischen Winkelgeschwindigkeit wie das Schwarze Loch. Ausgedrückt in Geschwindigkeiten ist das im Falle des extremen Kerr-Lochs (a = M) exakt die halbe Vakuumlichtgeschwindigkeit (Bardeen, Press & Teukolsky 1972).

Ein Dickwanst am Äquator

Die statische Grenze ist vom Poloidalwinkel (θ) abhängig. Deshalb besitzt die Ergosphäre keine Kugelsymmetrie, sondern ist an den Polen abgeplattet. Diese Achsensymmetrie passt zu derjenigen der Kerr-Geometrie. Die Fläche des statischen Limits ist allgemein definiert mit der Gleichung gtt = 0, d.h. die 00-Komponente des metrischen Tensors verschwindet auf der Berandungsfläche der Ergoregion. Benutzt man gtt der Kerr-Geometrie in Boyer-Lindquist-Form, so erhält man gerade folgende Gleichung:

statisches Limit, Gleichung für die Ergosphäre

Hier sind M die Masse des Schwarzen Loches und a = J/Mc der Rotationsparameter des Loches (beachte geometrisierte Einheiten: G = c = 1). An der statischen Grenze springt also gerade das Vorzeichen der metrischen Komponente gtt der Kerr-Metrik. Das folgende Diagramm illustriert in die Abhängigkeit der metrischen Komponente gtt vom Radius r (große Version):

Radialverhalten der metrischen 00-Komponente in der Äquatorialebene

Physikalisch bedeutet die Änderung des Vorzeichens von gtt, dass die Koordinatenzeit t von einer zeitartigen zu einer raumartigen Koordinate wird! An der Gleichung für rstat erkennt man auch, dass die Ergosphäre in der Äquatorialebene (θ = π/2) immer bei zwei Gravitationsradien beginnt, unabhängig vom Kerr-Parameter. Außerdem berührt die Ergosphäre an den Polen (θ = 0 bzw. θ = π) immer den äußeren Horizont (der von a abhängt).
Im Schwarzschild-Fall (Kerr-Parameter a = 0) fällt die Ergosphäre mit dem Ereignishorizont (siehe auch Schwarzschild-Radius) zusammen und verschwindet.
Im Falle der extremen Kerr-Lösung, a = ±M hat die Ergoregion maximale Größe.

Bedeutung für die Astrophysik

Die schnell rotierenden Kerr-Löcher haben für die relativistische Astrophysik eine überragende Bedeutung. Dabei ist die Ergosphäre das entscheidende Schlüsselelement. Denn es ist möglich, dass Akkretionsscheiben bis in die Ergoregion hineinreichen, vor allem dann, wenn das Schwarze Loch schnell rotiert und die marginal stabile Bahn bei kleinen Radien liegt. Der Innenrand der Standardscheibe reicht nämlich in üblichen Akkretionsmodellen bis an den Radius marginaler Stabilität, rms. Für den maximalen Kerr-Fall (a = M) ist rms genau ein Gravitationsradius, so dass in der Äquatorialebene die Scheibe exakt einen Gravitationsradius in die Ergoregion reichen könnte. Falls die Akkretionsscheibe in die Ergosphäre eintritt, so sprechen Astrophysiker von einer ergosphärischen Scheibe.
Die Astronomen beobachten bei leuchtkräftigen Aktiven Galaktischen Kernen (AGN) wie den radiolauten Quasaren und den Radiogalaxien, aber auch bei den Gamma Ray Bursts und einigen Röntgendoppelsternen extrem schnelle Materiestrahlen. Der aktuell favorisierte Entstehungsmechanismus dieser relativistischen Jets basiert gerade auf der Magnetosphärenphysik der Kerr-Löcher. Wesentliche Prozesse funktionieren nur innerhalb der Ergosphäre, wie z.B. Penrose-Prozess, Blandford-Znajek-Mechanismus und Frame-Dragging. Die Idee: Akkretionsflüsse 'schwemmen' Magnetfelder an das Loch heran. Diese Felder werden von der schnell rotierenden Raumzeit extrem verdreht. Anders gesagt: Rotationsenergie des Loches überträgt sich auf die Magnetfelder. Irgendwann setzt eine Art 'Kurzschluss' ein, weil verdrillte Felder mit entgegengesetzter Polarität aufeinandertreffen. Als Konsequenz kollabieren die Felder (Rekonnexion) und setzen die Feldenergie frei. Das Plasma in der Umgebung nimmt dies als kinetische Energie auf und strömt daher mit großer Geschwindigkeit vom Loch weg. Ein relativistischer Ausfluss ist entstanden, der durch Magnetfelder weiter gebündelt wird: ein Jet ist entstanden. Dieser Materiestrahl entsteht typischerweise an beiden Hemisphären des Loches, so dass in vielen AGN zwei Jets beobachtet werden. Sie bewegen sich weit aus den Zentren der Galaxien heraus und können sogar die Mpc-Skala erreichen. Ein kompaktes, rasant rotierendes, superschweres Schwarzes Loch hat Materie einige Millionen Lichtjahre weit von sich geschleudert!
Auf Supercomputern lösen die Theoretiker die komplizierten Gleichungen der Magnetohydrodynamik in der Kerr-Raumzeit. Zwar weisen die Modelle noch einige Unzulänglichkeiten auf (keine Berücksichtigung von Kühlung durch Strahlung; keine Berücksichtigung von Rekonnexion; innere Randbedingung am Horizont), aber sie zeigen eindrucksvoll die Wechselwirkung der rotierenden Raumzeit mit der Umgebung und belegen auf überzeugende Weise die Stimmigkeit dieses Szenarios.

Anmerkung

Die Ergosphäre ist nicht zu verwechseln mit der Photonensphäre, die durch den Photonenorbit bestimmt ist.

Weitere Informationen

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Andreas Müller © Andreas Müller, August 2007

Index

A
Abbremsparameter
ADAF
ADD-Szenario
ADM-Formalismus
AdS/CFT-Korrespondenz
AGB-Stern
Äquivalenzprinzip
Akkretion
Aktiver Galaktischer Kern
Alfvén-Geschwindigkeit
Alfvén-Zahl
Allgemeine Relativitätstheorie
Alpha-Zerfall
AMR
anthropisches Prinzip
Antigravitation
Antimaterie
Apastron
Apertursynthese
Aphel
Apogäum
Astronomie
Astronomische Einheit
asymptotisch flach
Auflösungsvermögen
Axion
AXP
B
Balbus-Hawley- Instabilität
Bardeen-Beobachter
Baryogenese
Baryonen
baryonische Materie
Bekenstein-Hawking- Entropie
Beobachter
Beta-Zerfall
Bezugssystem
Bianchi-Identitäten
Big Bang
Big Bounce
Big Crunch
Big Rip
Big Whimper
Birkhoff-Theorem
Blandford-Payne- Szenario
Blandford-Znajek- Mechanismus
Blauverschiebung
Blazar
BL Lac Objekt
Bogenminute
Bogensekunde
Bosonen
Bosonenstern
Boyer-Lindquist- Koordinaten
Bran
Brans-Dicke- Theorie
Brauner Zwerg
Brill-Wellen
Bulk
C
Carter-Konstante
Casimir-Effekt
Cauchy-Fläche
Cepheiden
Cerenkov-Strahlung
Chandrasekhar-Grenze
Chaplygin-Gas
Chiralität
Christoffel-Symbol
CMB
CNO-Zyklus
Comptonisierung
Cosmon
C-Prozess
D
Deep Fields
Derricks Theorem
de-Sitter- Kosmos
DGP-Szenario
Diffeomorphismus
differenzielle Rotation
Distanzmodul
Dodekaeder-Universum
Doppler-Effekt
Drei-Kelvin-Strahlung
Dunkle Energie
Dunkle Materie
E
Eddington-Finkelstein- Koordinaten
Eddington-Leuchtkraft
Effektivtemperatur
Eichtheorie
Einstein-Ring
Einstein-Rosen- Brücke
Einstein-Tensor
Eisenlinie
Eklipse
Ekliptik
Ekpyrotisches Modell
Elektromagnetismus
Elektronenvolt
elektroschwache Theorie
Elementarladung
Energie
Energiebedingungen
Energie-Impuls-Tensor
Entfernungsmodul
eos
eos-Parameter
Epizykel
Ereignishorizont
erg
Ergosphäre
eV
Extinktion
Extradimension
extragalaktisch
extrasolar
extraterrestrisch
Exzentrizität
F
Falschfarbenbild
Fanaroff-Riley- Klassifikation
Faraday-Rotation
Farbindex
Farbladung
Farbsupraleitung
Feldgleichungen
Fermi-Beschleunigung
Fermionen
Fermionenstern
Fernparallelismus
Feynman-Diagramm
FFO
FIDO
Flachheitsproblem
FLRW-Kosmologie
Fluchtgeschwindigkeit
Frame-Dragging
f(R)-Gravitation
Friedmann-Weltmodell
G
Galaktischer Schwarz-Loch-Kandidat
Galaxie
Gamma Ray Burst
Gamma-Zerfall
Geodäte
Geometrisierte Einheiten
Geometrodynamik
Gezeitenkräfte
Gezeitenradius
Gluonen
Grad
Granulation
Gravastern
Gravitation
Gravitationskollaps
Gravitationskühlung
Gravitationslinse
Gravitationsradius
Gravitations- rotverschiebung
Gravitationswellen
Gravitomagnetismus
Graviton
GRBR
Große Vereinheitlichte Theorien
Gruppe
GUT
GZK-cutoff
H
Hadronen
Hadronen-Ära
Hamilton-Jacobi- Formalismus
Harvard-Klassifikation
Hauptreihe
Hawking-Strahlung
Hawking-Temperatur
Helizität
Helligkeit
Herbig-Haro- Objekt
Hertzsprung-Russell- Diagramm
Hierarchieproblem
Higgs-Teilchen
Hilbert-Raum
Hintergrundmetrik
Hintergrundstrahlung
HLX
HMXB
Holostern
Homogenitätsproblem
Horizont
Horizontproblem
Horn-Universum
Hubble-Gesetz
Hubble-Klassifikation
Hubble-Konstante
Hydrodynamik
hydrostatisches Gleichgewicht
Hyperladung
Hypernova
Hyperonen
I
IC
Inertialsystem
Inflation
Inflaton
intergalaktisch
intermediate-mass black hole
interplanetar
interstellar
Isometrien
Isospin
Isotop
ITER
J
Jahreszeiten
Jansky
Jeans-Masse
Jet
K
Kaluza-Klein-Theorie
Kaup-Grenzmasse
Kaonen
Kataklysmische Veränderliche
Keine-Haare- Theorem
Kepler-Gesetze
Kerr-de-Sitter- Lösung
Kerr-Lösung
Kerr-Newman- de-Sitter- Lösung
Kerr-Newman- Lösung
Kerr-Schild- Koordinaten
Killing-Felder
Killing-Tensor
K-Korrektur
Koinzidenzproblem
Kollapsar
Kompaktes Objekt
Kompaktheit
Kompaktifizierung
Kompaneets-Gleichung
konforme Transformation
Kongruenz
Koordinatensingularität
Kopenhagener Deutung
Korona
Korrespondenzprinzip
Kosmische Strahlung
Kosmische Strings
Kosmographie
Kosmologie
Kosmologische Konstante
Kosmologisches Prinzip
kovariante Ableitung
Kovarianzprinzip
Kreisbeschleuniger
Kretschmann-Skalar
Krümmungstensor
Kruskal-Lösung
Kugelsternhaufen
L
Laborsystem
Ladung
Lagrange-Punkte
Lambda-Universum
Lapse-Funktion
Laserleitstern
Lense-Thirring- Effekt
Leptonen
Leptonen-Ära
Leptoquarks
Leuchtkraft
Leuchtkraftdistanz
Levi-Civita- Zusammenhang
Licht
Lichtjahr
Lichtkurve
Lie-Ableitung
Linearbeschleuniger
LINER
Linienelement
LIRG
LMXB
LNRF
Lokale Gruppe
Loop-Quantengravitation
Lorentz-Faktor
Lorentzgruppe
Lorentzinvarianz
Lorentz-Kontraktion
Lorentz-Transformation
Lundquist-Zahl
Luxon
M
Machscher Kegel
Machsches Prinzip
Machzahl
Magnetar
magnetische Rotationsinstabilität
Magnetohydrodynamik
Magnitude
marginal gebundene Bahn
marginal stabile Bahn
Markariangalaxie
Maxwell-Tensor
Membran-Paradigma
Mesonen
Metall
Metrik
Mikroblazar
Mikrolinse
Mikroquasar
Milchstraße
Minkowski-Metrik
Missing-Mass- Problem
mittelschwere Schwarze Löcher
MOND
Monopolproblem
Morphismus
M-Theorie
Myonen
N
Neutrino
Neutronenreaktionen
Neutronenstern
Newtonsche Gravitation
No-Hair-Theorem
Nova
Nukleon
Nukleosynthese
Nullgeodäte
O
Öffnung
Olbers-Paradoxon
O-Prozess
Oppenheimer-Volkoff- Grenze
optische Tiefe
Orthogonalität
P
Paradoxon
Paralleluniversum
Parsec
partielle Ableitung
Pauli-Prinzip
Penrose-Diagramm
Penrose-Prozess
Pentaquark
Periastron
Perigäum
Perihel
periodisch
persistent
Petrov-Klassifikation
PG1159-Sterne
Phantom-Energie
Photon
Photonenorbit
Photosphäre
Pion
Pioneer-Anomalie
Planck-Ära
Planckscher Strahler
Planck-Skala
Planet
Planetarische Nebel
Poincarégruppe
Poincaré- Transformation
Polytrop
Population
Post-Newtonsche Approximation
Poynting-Fluss
pp-Kette
p-Prozess
Prandtl-Zahl
primordiale Schwarze Löcher
Prinzip minimaler gravitativer Kopplung
Protostern
Pseudo-Newtonsche Gravitation
Pulsar
Pulsierendes Universum
Pyknonukleare Reaktionen
Q
QPO
Quant
Quantenchromodynamik
Quantenelektrodynamik
Quantenfeldtheorie
Quantengravitation
Quantenkosmologie
Quantenschaum
Quantensprung
Quantentheorie
Quantenvakuum
Quantenzahlen
Quark-Ära
Quark-Gluonen- Plasma
Quarks
Quarkstern
Quasar
quasi-periodisch
Quasi-periodische Oszillationen
Quelle
Quintessenz
R
Radioaktivität
Radiogalaxie
Radion
Randall-Sundrum- Modelle
Randverdunklung
Raumzeit
Rayleigh-Jeans- Strahlungsformel
Ray Tracing
Reichweite
Reionisation
Reissner-Nordstrøm- de-Sitter- Lösung
Reissner-Nordstrøm- Lösung
Rekombination
relativistisch
Relativitätsprinzip
Relativitätstheorie
Renormierung
Reverberation Mapping
Reynolds-Zahl
RGB-Bild
Ricci-Tensor
Riemann-Tensor
Ringsingularität
Robertson-Walker- Metrik
Robinson-Theorem
Roche-Volumen
Röntgendoppelstern
Roter Riese
Roter Zwerg
Rotverschiebung
Rotverschiebungsfaktor
r-Prozess
RRAT
RR Lyrae-Sterne
Ruhesystem
S
Schallgeschwindigkeit
scheinbare Größe
Schleifen- Quantengravitation
Schwache Wechselwirkung
Schwarzer Körper
Schwarzer Zwerg
Schwarzes Loch
Schwarzschild-de-Sitter- Lösung
Schwarzschild-Lösung
Schwarzschild-Radius
Schwerkraft
Seltsamer Stern
Seltsamkeit
Seyfert-Galaxie
Singularität
skalares Boson
SNR
Soft Gamma-Ray Repeater
Sonne
Spektraltyp
Spezialität
Spezielle Relativitätstheorie
Spin
Spin-Netzwerk
Spinschaum
Spin-Statistik-Theorem
Spintessenz
s-Prozess
Standardkerzen
Standardmodell
Standardscheibe
Starke Wechselwirkung
Statisches Universum
Staubtorus
Stefan-Boltzmann- Gesetz
stellare Schwarze Löcher
Stern
Sternentstehung
Strange Star
Stringtheorien
Subraum
Supergravitation
supermassereiche Schwarze Löcher
Supernova
Supernovaremnant
Superstringtheorie
Supersymmetrie
Symbiotische Sterne
Symmetrie
Symmetriebrechung
Symmetriegruppe
Synchrotron
Synchrotronstrahlung
Synchrozyklotron
T
Tachyon
Tagbogen
Tardyon
Teilchen
Teilchenbeschleuniger
Tensorboson
Tensoren
Tetraden
Tetraquark
TeVeS
Thermodynamik
thermonukleare Fusion
Tiefenfeldbeobachtung
Tierkreis
TNO
Topologie
topologische Defekte
Torsionstensor
Trägheit
transient
Transit
Triple-Alpha-Prozess
T Tauri Stern
Tunneleffekt
U
ULIRG
ULX
Unifikation
Unitarität
Universum
Unruh-Effekt
Urknall
V
Vakuum
Vakuumstern
Vektorboson
Velapulsar
Veränderliche
Vereinheitlichung
Viele-Welten- Theorie
VLA
VLBI
VLT
VLTI
Voids
VSOP
W
Walker-Penrose- Theorem
Weakonen
Weinberg-Winkel
Weiße Löcher
Weißer Zwerg
Wellenfunktion
Weylsches Postulat
Weyl-Tensor
Wheeler-DeWitt- Gleichung
Wiensche Strahlungsformel
Wilson-Loop
WIMP
Wolf-Rayet-Stern
w-Parameter
Wurmlöcher
X
X-Bosonen
X-Kraft
X-ray burster
Y
Y-Bosonen
Yerkes- Leuchtkraftklassen
YSO
Yukawa-Potential
Z
ZAMO
Zeit
Zeitdilatation
Zodiakallicht
Zustandsgleichung
Zustandsgröße
Zwerge
Zwergplanet
Zwillingsparadoxon
Zyklisches Universum
Zyklotron