Astro-Lexikon B 3
B
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Big Bang
Ein populärer Begriff für den Anfang des Universums, der von
dem Kosmologen Fred Hoyle 1949 eingeführt wurde und eigentlich als Abwertung (big
bang: dt. 'großer Knall') des Urknall-Modells zu
verstehen sein sollte.
Säulen der Urknall-Theorie
Nun, es ist eigentlich keine 'Theorie', sondern eher ein Modell bzw. Szenario, das mit Theorien wie der
Allgemeinen Relativitätstheorie oder der Quantenfeldtheorie
beschrieben wird. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Urknall-Modell als äußerst erfolgreiche
Erklärung für die Entstehung des Kosmos bewährt. Zwar gibt es - wie Hoyle seinerzeit - auch
heute noch Gegner dieses Modells, doch überwiegen die Fürsprecher unter den Experten, weil die
Indizien eine sehr klare Sprache sprechen. Der Urknall ist ein heißer Anfang des Universums in einem
sehr kleinen Raumbereich, der so genannten Urknall-Singularität. Aus diesem
Grund spricht man in der Fachwelt auch vom hot big bang (HBB). Der Urknall beschreibt, wie alles anfing,
woher Materie, Strahlung, Sterne und Galaxien - sowie
in letzter Konsequenz Planeten und schließlich Menschen kommen.
Zeugen des Urknalls sind die Fluchtbewegung der Galaxien gemäß des
Hubble-Gesetzes, die kosmische Hintergrundstrahlung,
sehr weit entfernte Sternexplosionen vom Typ Supernova Ia, die großräumige
Verteilung der Galaxienhaufen und die primordiale Nukleosynthese.
Was war vor dem Urknall?
Paradoxerweise liefert das Urknall-Modell keinen Grund für den Urknall selbst, sondern
beschreibt nur die Folgen des Urknalls! Lange Zeit galt eine Frage der Form 'Was war vor dem
Urknall?' als inakzeptabel, da doch mit dem Urknall auch die Zeit an sich erst
entstand. Mittlerweile ist die o.g. Frage auch in der Kosmologie populär geworden. Sicher ist die Ursache
des Urknalls bislang Spekulation. Doch einen möglichen Grund könnte das Ekpyrotische
Modell angeben, in dem ganze Universen miteinander kollidieren (Steinhardt & Turok, 2001). Eine
experimentelle Bestätigung wird jedoch außerordentlich schwierig, wenn nicht sogar unmöglich sein.
Big...
Der Big Bang ist das bekannteste 'Big...' der Kosmologie.
Weitere folgen unterhalb dieses Eintrags. Mehr Details zum Big Bang unter dem Eintrag
Urknall.
Big Bounce
Dieser 'große Aufprall' ist ein klassisches Modell der Kosmologie und stammt von Priester & Blome
(1991). Hauptzielsetzung in diesem Szenario ist es, die pathologische Singularität des kanonischen
Urknall-Modells zu vermeiden. Der Ansatz ist, dass das Universum anfangs
aus einem Zustand ohne Materie bestand und homogen sowie isotrop war. Zunächst hatte es eine unendliche Ausdehnung. Dieses instabile Gebilde
kontrahierte und unterlag dann einem Phasenübergang, einer spontanen Symmetriebrechung, so dass infolgedessen
Materie erzeugt wurde.
Das Big Bounce-Modell stellt eine Lösung der materiefreien Friedmann-Gleichungen der relativistischen
Kosmologie dar, nämlich diejenige mit positiven Krümmungsparameter, k = 1. Es handelt sich um eine kugelsymmetrische Metrik. Das Szenario
startet mit unendlich ausgedehntem Volumen, kontrahiert auf ein Minimalvolumen, Radius etwa 10-25 cm, und expandiert dann
wieder ('bounce'). Die Phase vor dem Minimaldurchgang heißt vakuumdominiert, die danach materiedominiert, weil hier der Übergang
zum Materie- und Strahlungskosmos einsetzt. Das hochenergetische Quantenvakuum im Big-Bounce-Modell ist
umstritten, weil es ein oberes Limit für sämtliche Energiedichten markiert und in der vakuumdominierten Phase konstant war.
Eine neu gefundene Theorie der Quantengravitation, die Loop-Quantengravitation (LQG), basiert auf einer neuartigen Physik, nämlich einer quantisierten Raumzeit auf der
Planck-Skala; ihre Konzepte münden jedoch auch in ein Big-Bounce-Szenario, das von der quantisierten Raumzeit bewerkstelligt wird (Arbeiten von Bojowald et al., AEI Golm).
Big Crunch
Das 'Große Knirschen' bezeichnet einen erneuten Zusammenfall des
Universums, der durch ein Zuviel an Materie bzw.
Energieinhalt hervorgerufen werden könnte. Der Big Crunch kann jedoch auch durch ein zeitlich variables
Quintessenz-Feld oder im Ekpyrosis-Modell
durch das zeitlich variable Radion-Feld ausgelöst werden. Die Quintessenz-Modelle
prognostizieren einen Kollaps des Universums auf Zeitskalen von etwa 20 Milliarden Jahren.
Die aktuellen Messungen sprechen jedoch für ein flaches, ewig expandierendes Universum, das entweder im
Big Whimper oder im Big Rip endet.
Big Rip
Die neuste Bezeichnung unter den 'Big...' der Kosmologie. Sie wurde
im Rahmen der Phantom-Energie-Modelle (Caldwell, Kamionkowski
& Weinberg, 2003) entwickelt und beschreibt das Ende des Universums
im völligen Zerreißen von allem, was sich in ihm befindet: Galaxienhaufen, Galaxien,
Milchstraße,
Sonnensystem, Erde, Atome, Atomkerne und Elementarteilchen! Interessanterweise verläuft dieser Zerfall
sukzessiv von 'außen nach innen': der Beobachtungshorizont schrumpft immer mehr, so dass ein beobachtender
Astronom der Apokalypse zusehen kann! So kann er das Verschwinden fernen Galaxien zuerst beobachten, dann
das seiner Heimatgalaxie und schließlich das der Sonne, der Erde und sein eigenes Verschwinden.
Exotische Energieform zerreißt das All!
Ursache für den Big Rip ist das Anwachsen der Phantom-Energiedichte über alle Massen in endlicher Zeit.
Phantom-Energie ist die bizarrste Form von Dunkle Energie mit einem Parameter
der Zustandsgleichung unterhalb von -1.
Wie lange haben wir noch bis zum totalen Aufriss?
Auf welcher Zeitskala der Big Rip zu erwarten ist, hängt von der genauen Zustandsgleichung der Dunklen Energie
ab, den man bislang nur mit den WMAP-Daten zwischen -1.22 bis -0.78 beschränken kann. Werte oberhalb von -1
entsprechen den Quintessenz-Modellen ohne Big Rip, ein Wert von exakt
-1 entspricht der kosmologische Konstante. Bei einem
w-Parameter von -1.2 und dem aktuellen Wert des Hubble-Konstanten
von 73 km/s/Mpc (nach WMAP3; 72 km/s/Mpc nach Freedman et al., 2001) bleiben noch etwa 50 Milliarden Jahre bis zum Big Rip.
Das erste Viertel des Alters des Universums ist damit verstrichen.
Beruhigende Worte
Ob sich der Big Rip tatsächlich ereignen wird, ist aufgrund der Messfehler in den Beobachtungsdaten unklar.
Big Whimper
Das 'Große Wimmern' ist das Szenario vom kalten Ende des Universums. Es
kühlt langsam aus, weil es ewig expandiert. Physikalisch gesehen liegt das daran, weil der Energieinhalt
zu klein ist, als dass die (beobachtete) Expansion gestoppt oder gar wieder umgekehrt werden könnte. Am Ende
dieses Szenarios steht ein trostloses Universum, angefüllt mit Schwarzen Zwergen,
Schwarzen Löchern, Kälte und Dunkelheit.
Dramatischer als dieser Kältetod ist der Zerreißtod im Big Rip. Der Hitzetod
im Big Crunch lässt auch kaum Überlebenschancen, so dass in jedem Fall
ein 'Großes Jammern' angesagt zu sein scheint.
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© Andreas Müller, August 2007
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