Astro-Lexikon G 6
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GUT
GUT ist das englische Akronym für die Großen Vereinheitlichten Theorien, den Grand Unified
Theories. Es handelt sich dabei um eine physikalische Theorie, die auf eine Unifikation der
Naturkräfte abzielt. Die GUT ist dabei die konsequente Weiterentwicklung der erfolgreichen Elektroschwachen
Theorie. Während diese Theorie die elektromagnetische Kraft und die schwache
Kraft vereint, vermag die GUT sogar drei Kräfte in einem vereinigenden Konzept zu beschreiben: elektromagnetische, schwache und
starke Wechselwirkung.
Nachwuchs im Teilchenzoo
Mit dieser Vereinheitlichung gehen notwendigerweise neue Teilchen einher, die
die Physiker X-Bosonen und Y-Bosonen nennen. Sie sind gerade die Austauschteilchen
der X-Kraft, derjenigen Kraft, zu der elektromagnetische, schwache und starke Kraft 'verschmolzen' sind.
Die GUT ist noch von hypothetischem Charakter und existiert in unterschiedlichen Ausarbeitungen (verschiedene
Gruppenstrukturen; mit oder ohne Supersymmetrie). Ein wesentlicher experimenteller
Test besteht im Zerfall des freien Protons, den die GUT prognostiziert. Bisher wurde er trotz erheblichen Aufwands nicht nachgewiesen.
In der Kosmologie ist die GUT von Relevanz, weil im Rahmen eines heißen Urknalls
(engl. Hot Big Bang, HBB) eine Epoche in der Entwicklung des Universums existiert haben muss, in der die
X-Kraft neben der Gravitation vorherrschte. Diesen Abschnitt bezeichnen Kosmologen als GUT-Ära und ordnen
in zeitlich hinter der Planck-Ära bzw. Epoche der Quantengravitation und vor der
Inflation ein.
Die GUT ist wesentliche Zutat der menschlichen Existenz, verursachte doch der Zerfall der X- und Y-Bosonen am Ende der GUT-Ära die Asymmetrie
zwischen Materie und Antimaterie. Die Anteile an Materie und Antimaterie zerstrahlten in Form von
Vernichtungsstrahlung (Annihilationsphotonen), ließen aber aufgrund der Asymmetrie einen kleinen Teil 'normaler Materie' übrig. Das war
der gerade der Keim für die ersten kosmischen Objekte, wie Sterne und Galaxien und
schließlich auch für Planeten und das Leben. Uncharmant formuliert (fast eine Kakophonie)
klingt das in etwa so: 'Menschen sind reprozessierte Reste von zerfallenen X-Bosonen.'
GZK-cutoff
GZK-cutoff ist die Fachbezeichnung für einen charakteristischen Abfall in der spektralen Verteilung der
kosmischen Strahlung (CR für Cosmic Rays). Die Hochenergiephysiker
erwarten diesen Abfall bei höchsten Energien ab etwa 1020
eV.
physikalischer Grund des Abfalls
Die Erklärung dafür ist die Folgende: Die Hauptkomponente in der kosmischen Strahlung sind die
Protonen. Besonders energiereiche Protonen ab Energien um 2 × 1020 eV können eine
baryonische Resonanz zeigen, die so genannte Deltaresonanz
bei 1232 MeV, auch als D(1232) bezeichnet. Die Lebensdauer dieser Resonanz ist mit 10-23 Sekunden
äußerst kurz. Der Zustand zerfällt in ein Pion und ein
Nukleon (Photopionenproduktion).
Nach Anregung sind die Protonen raus
Wenn nun ultrahochenergetische (UHE) Protonen (oder auch Neutronen, anderen Atomkerne) der kosmischen
Strahlung mit kalten Photonen der kosmischen Hintergrundstrahlung
(engl. Cosmic Microwave Background, CMB) wechselwirken und D(1232) anregen, fehlen
höherenergetische Protonen in der Verteilung der kosmischen Strahlung. Anders gesagt entsprechen die kalten CMB-Photonen
im Laborsystem heißen Gammaphotonen im Ruhesystem der
Protonen. Durch Reaktionen zwischen Proton und Photon verlieren in jedem Falle die ultrahochenergetische Protonen kinetische
Energie. Dies sollte sich in einem steilen Abfall des CR-Spektrums oberhalb von 1020 eV bemerkbar machen.
Ursprung des geheimnisvollen Akronyms GZK
Dies mutmaßten die Pioniere Greisen, Zatsepin und Kuz'min erstmals 1966. Daher nennt man diesen
Abfall (engl. cutoff) auch Greisen-Zatsepin-Kuz'min-cutoff oder kurz GZK-cutoff.
Experimenteller Status
Die mittlere freie Weglänge von diesen UHE-Protonen mit 1020 eV liegt Berechnungen zufolge zwischen 30 und
50 Mpc bzw. 100 und 150 Millionen Lichtjahren. Nur lokale
Quellen für UHE-Protonen kämen also in Frage, wenn Protonen mit größeren Energien detektiert
würden. Es gibt wenige dieser Beobachtungen, die bis heute nicht geklärt sind. Die aktuellen Daten des Airshower-Detektors
AGASA sprechen sogar eher für ein Fehlen des GZK-cutoffs. Deshalb warten die Hochenergiephysiker mit Spannung auf neue
Messungen, weil erst Großprojekte wie AUGER, EUSO und OWL eine ausreichende Zahl an detektierten Ereignissen und die
damit verbundene gute Statistik bringen werden (de Marco et al. 2003).
Es gibt noch eine zweite Prognose: Hill & Schramm bestimmten 1985 einen unteren Schwellwert von 5 × 1019 eV,
damit Photopionenproduktion stattfinden kann. Deshalb sollte neben einem scharfen Abfall der Verteilung eine Häufung
von Protonen dieser Energie mit unterem Schwellwert beobachtbar sein. Leider ist die Auswertung dieser UHE-Spektren nicht trivial
und daher konnte bisher weder eine Häufung (in Form eines Buckels, bumps), noch der GZK-cutoff zweifelsfrei
nachgewiesen werden.
Die detektierten Protonen sind gemäß diesem Szenario bestenfalls 'intergalaktisch'
(gerade mal etwas weiter als bis zum Virgo-Haufen) und nicht 'kosmologisch'.
Auswege in der Theorie
Eine mögliche Erklärung für die Abwesenheit des GZK-cutoffs sind topologische Defekte.
Es wurden einige Modelle vorgeschlagen, die UHE-Teilchen mit Energien im Bereich von 1011 GeV produzieren könnten.
So werden Hybrid-Defekte aus Monopol und kosmischem String oder magnetische Monopole, die in
intergalaktischen Magnetfeldern auf die UHE-Skala beschleunigt werden, diskutiert.
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© Andreas Müller, August 2007
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