Kompaktlexikon der Biologie: Mammalia
Mammalia, Säugetiere, zum Stamm der Chordatiere (Chordata; Unterstamm Wirbeltiere, Vertebrata) gehörende Klasse, die 20 Ord. mit über 130 Familien und mehr als 4000 Arten umfasst Größe und Gestalt der M. sind sehr unterschiedlich; die kleinste Art ist eine etwa 4 cm große Fledermaus (Microchiroptera), die größte Art ist mit bis über 30 m Länge der Blauwal (Balaenopteridae). Hauptlebensraum der weltweit verbreiteten M. sind der Boden und die Pflanzendecke, jedoch gibt es auch wasserlebende Arten (Otter, Wale, Robben, Seekühe) und solche, die den Luftraum erobert haben (in erster Linie Fledertiere, aber auch Riesengleiter, Gleitbeutler und Gleithörnchen).
Gemeinsame Merkmale der M. sind die Milchdrüsen (lat. mammae, daher der Name!), deren Sekrete der Ernährung der Jungen dienen (Säugen), weiterhin die zumindest ursprünglich vorhandene Körperbedeckung aus Haaren; sie ist bei verschiedenen Formen nachträglich zurückgebildet. Die Zahl der Schädelknochen ist im Vergleich zu anderen Wirbeltieren verringert, das Gehirn ist höher entwickelt als bei anderen Tieren.
Kloakentiere sind ursprünglich darin, dass sie noch Eier legen, während die übrigen Säugetiere lebende und mehr oder weniger weit entwickelte Junge zur Welt bringen. Alle Säugetiere zeigen ein ausgeprägtes Sozialverhalten mit starker Mutter-Kind-Bindung und intensiver Fürsorge für die Jungen. Grundsätzlich können hier drei Entwicklungstypen unterschieden werden: Nestflüchter und Nesthocker und Traglinge. Bei vielen Arten haben sich eine Rangordnung und/oder Territorialverhalten herausgebildet.
In der herkömmlichen Systematik werden die M. in Eier legende Säugetiere (Prototheria) mit der Ord. Kloakentiere (Monotremata), Beutelsäuger (Metatheria) mit der Ord. Beuteltiere (Marsupialia) und die Placentatiere (Eutheria oder Placentalia) untergliedert. Zu letzteren gehören die Ord. Insektenfresser (Insectivora), Rüsselspringer (Macroscelidea), Fledertiere (Chiroptera), Riesengleiter (Dermoptera), Spitzhörnchen (Scandentia), Herrentiere oder Primaten (Primates), Nebengelenktiere (Xenarthra), Schuppentiere (Pholidota), Nagetiere (Rodentia), Raubtiere (Carnivora), Hasentiere (Lagomorpha), Wale (Cetacea), Röhrchenzähner (Tubulidentata), Rüsseltiere (Proboscidea), Seekühe (Sirenia), Schliefer (Hyracoidea), Unpaarhufer (Perissodactyla) und Paarhufer (Artiodactyla). Nach der phylogenetischen Systematik sind die Säugetiere eine monophyletische Gruppe (Autoapomorphien sind der Besitz von Milchdrüsen und Haaren) und auch ihre drei Teilgruppen (Monotremata, Marsupialia und Placentalia) werden jeweils als monophyletisch angesehen. Zitzen kommen nur bei Marsupialia und Placentalia vor, sodass diese als monophyletische Gruppe (Zitzentiere, Theria) zusammengefasst und den Monotremata, die dieses Merkmal nicht besitzen als Schwestergruppe gegenübergestellt werden können.
Die Säugetiere sind vor mehr als 200 Mio. Jahren im Erdmittelalter (Mesozoikum) entstanden, blieben aber rund 150 Mio. Jahre im Schatten der z.T. zu riesigen Formen (Dinosaurier) heranwachsenden Reptilien. Erst mit dem Tertiär setzte die Blütezeit der Säugetiere ein: Bei Fehlen der Echsen konnten die gebotenen Umweltlizenzen durch sich zu großer Formenvielfalt entwickelnde Säugetiere genutzt werden, sodass sie alle größeren Landlebensräume besiedelten. Die neu entstandene Vielfalt der Blütenpflanzen zog eine ungeheure Entfaltung der Insekten nach sich, die gleichzeitig ein hochwertiges Nahrungsangebot für Insekten fressende Säugetiere waren. Spitzmausähnliche Insektenfresser wiederum werden als die Vorfahren der Primaten angesehen, aus denen sehr viel später der Mensch hervorging.
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