Lexikon der Biologie: Phototaxis
Phototaxisw [von *photo- , Taxien; Adj. phototaktisch], Phototaxie, durch Licht bewirkte, gerichtete ortsverändernde Bewegung freibeweglicher Organismen. Man unterscheidet die Phobo- und Topophototaxis. Phobophototaxis liegt vor, wenn Organismen bei einem plötzlichen Wechsel der Strahlungsintensität ihre Bewegungsrichtung ändern, die in keiner Beziehung zur Strahlungsrichtung steht. Die meist ziemlich abrupte Richtungsänderung wird Schreckreaktion oder Phoboreaktion genannt (Phobotaxis). Die Schreckreaktion tritt auf, wenn die Zelle auf eine Schattengrenze trifft, so daß die Zellen den belichteten Bereich nicht verlassen können (Lichtfalleneffekt). Das Prinzip ist also der bakteriellen Chemotaxis analog (zufällige Richtungsänderung bei Abnahme des Signals, stetige Bewegung bei Zunahme des Signals). Topophototaxis liegt vor, wenn die Bewegung der Organismen durch die Strahlungsrichtung bestimmt wird. Bei positiver Phototaxis bewegt sich der Organismus auf die Lichtquelle zu, bei negativer Phototaxis von ihr weg. Einen Sonderfall stellt die „Ruderboot-Taxis“ der Kugelalge Volvox (Volvocaceae) dar: hier wird über eine Schreckreaktion die Geißelbewegung auf der belichteten Seite gestoppt, so daß die Alge gerichtet auf das Licht zuschwimmt. Die Topotaxis des Gesamtorganismus beruht also auf einer Phobotaxis der Einzelzellen. Auch beim „Augentierchen“ Euglena, einer Geißelalge (Euglenophyceae [Abb.]) und bei Chlamydomonas, wo die Phototaxis eingehend untersucht wurde, geht die Wahrnehmung der Lichtrichtung letztlich auf eine Schreckreaktion zurück. Die Zelle rotiert beim Schwimmen um ihre Längsachse, so daß ein spezielles, mit Carotinoiden gefülltes Organell (Augenfleck, „eyespot“) den eigentlichen Photorezeptor an der Geißelbasis beschattet, solange die Zelle nicht in Lichtrichtung schwimmt und der Augenfleck während der Rotation gerade auf der belichteten Seite liegt. Die Beschattung des Photorezeptors führt über eine Schreckreaktion zu einer zeitweiligen Hemmung des Geißelschlags. Die Phototaxis der Grünalge Chlamydomonas zeigt ein Wirkungsspektrum, das dem Rhodopsin entspricht, so daß man das phototaktische Pigment ursprünglich der Rhodopsin-Familie zuordnete. Neuere Untersuchungen zeigen allerdings, daß der Retinalchromophor (Retinal, chromophore Gruppen) des Chlamydomonas-Pigments offensichtlich aus der all-trans-Form heraus isomerisiert (Isomerisierung), so daß man dieses phototaktische Pigment eher den halobakteriellen (Halobakterien) Retinalproteinen zuordnet. Für die Phototaxis von Euglena wurden lange Zeit Flavoproteine (d.h. Pigmente, die als Chromophor ein Flavinderivat enthalten; Flavinenzyme) als Photorezeptoren angenommen. Inzwischen wurde der Photorezeptor jedoch als Rhodopsin identifiziert. Über eine Weiterleitung des durch Blaulicht ausgelösten Signals im Innern der Zelle ist bisher fast nichts bekannt. Bei den halophilen Bakterien induzieren einzelne, nicht in geordneten Strukturen vorliegende photosensitive Retinalpigmente phototaktische Reaktionen, die sowohl Flucht- als auch Attraktionsverhalten (je nach Wellenlänge des absorbierten Lichts) darstellen können. Es wurden mindestens 2 verschieden absorbierende Pigmente nachgewiesen (im UV- und im langwelligen Spektralbereich), die beide hohe Sequenzhomologien und Strukturhomologien zu den anderen halophilen Retinalproteinen (Bakteriorhodopsin) aufweisen. An der Signalübermittlung der Halobakterien, die in eine Stopreaktion oder eine Umkehrung der Drehrichtung des Flagellenmotors mündet, ist als Überträgersubstanz Fumarat beteiligt. – Die Phototaxis kommt vor allem bei Cyanobakterien, Purpurbakterien, Geißeltierchen und Algen vor. Ihr biologischer Sinn scheint ursprünglich die Sicherung der Photosynthese gewesen zu sein. Bei vielen Algen spielt sie eine wichtige Rolle für die Sexualität, da die Häufigkeit möglicher Sexualpartner an belichteten Stellen sehr hoch ist. Lichtverschmutzung, Taxien.
P.N.
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