Lexikon der Neurowissenschaft: assoziative Agnosie
assoziative Agnosiew, Eassociative agnosia, Unfähigkeit, ein Objekt zu erkennen bzw. seine Bedeutung zu verstehen, obwohl es hinsichtlich seiner Details und seiner Gestalt wahrgenommen wird; jedoch reicht der Anschluß an das semantische Gedächtnis für eine Identifikation nicht aus. Im Gegensatz zu der – in der Praxis allerdings nicht immer unterscheidbaren – apperzeptiven Agnosie können die Patienten die Gegenstände meist richtig abzeichnen, verstehen sie aber trotzdem nicht. Fehlbenennungen sind mit dem Objekt in der Bedeutung verwandt, brauchen ihm aber visuell nicht ähnlich sein (z.B. bezeichnet ein Patient einen Hammer als Feile). Manchmal werden anstelle einer Benennung des Objekts Assoziationen produziert (z.B. zu einer Uhr, die auf 12 steht: "Es ist Mittag, die Kinder kommen aus der Schule"). Die Zuordnung von identischen Bildern, verschiedenen Darstellungen eines Gegenstandes und verschiedenen Exemplaren derselben Art von Gegenstände gelingt. – Als Ursache für die (visuelle) assoziative Agnosie wird eine beidseitige oder linke temporo-occipitale Läsion diskutiert, die zu einer Diskonnektion zwischen Perzeption und Wissen führt. Das erklärt warum der Gegenstand richtig benannt wird, wenn er z.B. durch Geräusche, Definitionen oder Tastempfindungen zugänglich gemacht wird. Eine Läsion im linksseitigen visuellen Cortex läßt die sprachdominante linke Gehirnhälfte "erblinden", und eine Läsion des Spleniums des Balkens oder der anschließenden Fasern des Forceps major schränkt den Input der Informationen aus der rechten Hirnhälfte soweit ein, daß zwar das Bedeutungsfeld angestoßen werden kann, was aber zu einer genauen Benennung nicht ausreicht. Eine assoziative Agnosie kann auch durch eine schwere retrograde Amnesie hervorgerufen werden, wenn das Wissen über den Gegenstand nicht mehr für eine Benennung ausreicht. Tatsächlich haben viele Patienten Gedächtnisstörungen oder visuoverbale Assoziationsstörungen (Störungen des Benennens), weshalb es häufig eher angebracht wäre, von einer optischen Aphasie oder einer optischen Anomie zu sprechen.
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