Lexikon der Neurowissenschaft: Spinnengifte
Spinnengifte,Espider poisons,giftige Sekrete, die von manchen Spinnen in ihren Giftdrüsen gebildet werden. Spinnengifte enthalten als wirksame Bestandteile Peptide und Proteine, die als Nervengifte wirken können (Neurotoxine), niedermolekulare Komponenten wie Polyamine (Cadaverin, Putrescin, Spermidin) und biogene Amine (Histamin und Serotonin) sowie Derivate biogener Amine (Asparaginderivate, Argiotoxine). Für Vergiftungen beim Menschen spielen ausschließlich Peptide und Proteine als Neurotoxine und nekrosenbildende Toxine eine Rolle. Neben niedermolekularen Polyaminen wirken vor allem Peptidtoxine (z.B. Robustoxin) oder makromolekulare Proteine (z.B. α-Latrotoxin) neurotoxisch. – Das Robustoxin aus dem Gift der australischen Trichternetzspinne Atrax robustus ist ein Polypeptid aus 42 Aminosäuren, das eine massive Transmitterfreisetzung aus motorischen Synapsen bewirkt. Der Biß dieser Spinne ruft einen starken, lang anhaltenden Schmerz hervor. Zu den Symptomen einer (seltenen) systemischen Vergiftung gehören vegetative Erscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, starkes Schwitzen, Speichel- und Tränenfluß, Atembeschwerden und Bewußtseinstrübung. – Das α-Latrotoxin aus dem Gift der schwarzen Witwe (Latrodectus,siehe Abb. ) ist ein makromolekulares Protein (125 kD), das im peripheren Nervensystem durch die Freisetzung von Neurotransmittern aus cholinergen und adrenergen Synapsen eine Dauererregung von Muskulatur und vor allem auch Schmerzrezeptoren bewirkt. Das Toxin ist an der übermäßigen Ausbildung eines Calcium-durchlässigen Ionenkanals in der präsynaptischen Membran beteiligt. Der vermehrte Einstrom von Calciumionen führt dann zur Freisetzung der Neurotransmitter. Kurze Zeit nach dem Biß von Lactrodectus setzt ein sich stetig steigernder Schmerz ein, der von neuro-vegetativen Symptomen, wie Atemnot, Speichel- und Tränenfluß, begleitet ist. Charakteristisch ist daneben ein gerötetes, schweißbedecktes und durch Grimassen verzerrtes Gesicht (Facies latrodectismica). – Eine gewisse Bedeutung haben Vergiftungen durch Bisse der Bananenspinne (Phoneutria nigriventer) aus der Familie der Kammspinnen. Phoneutria-Gift besteht aus Proteinen und Polypeptiden, die vor allem eine Aktivierung (Öffnung) von Natriumkanälen und damit eine Dauererregung verursachen. Hauptsymptom ist ein sich von der Bißstelle ausbreitender Schmerz, der von vegetativen Symptomen und Muskelkrämpfen sowie Lähmungen begleitet sein kann. – Für die Therapie von Spinnenbissen stehen neben der symptomatischen Behandlung in schweren Vergiftungsfällen spezifische Antisera zur Verfügung. Analgetika und Sedativa sind oft wirkungslos, zur Beruhigung des Patienten werden Benzodiazepine empfohlen.
Spinnengifte
Schwarze Witwe (Latrodectus tredecimguttatus)
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