Lexikon der Biologie: Dinosaurier
Dinosaurier [von *dino – 2), griech. sauros = Echse], Dinosauria, Schreckenssaurier, Schrecksaurier. Der Name Dinosauria wurde 1842 schriftlich von R. Owen vorgeschlagen für die damals unvollständig bekannten Genera Iguanodon, Megalosaurus und Hylaeosaurus. Nach beträchtlicher Wissensvermehrung der vor allem von E.D. Cope und O.C. Marsh in Nordamerika ( vgl. Tab. ) entdeckten Dinosaurier erkannte G. Seeley 1888, daß sie keine natürliche systematische Einheit bilden, sondern sich aus 2 Gruppen zusammensetzen, der Ordnung Saurischia (Echsenbecken-Dinosaurier) und der OrdnungOrnithischia (Vogelbecken-Dinosaurier) ( vgl. Tab. ). Seither gilt das Taxon Dinosauria als "künstlich" und wird in der wissenschaftlichen Literatur ohne systematischen Rang und oft in der umgangssprachlichen Form "Dinosaurier" verwendet. Dennoch gehören beide Dinosaurier-Ordnungen derselben Reptil-Unterklasse Archosauria (Archosaurier) an und stammen wahrscheinlich von gemeinsamen untertriassischen Thecodontia (Thecodontier, früher auch als "Urwurzelzähner" bezeichnet) ab. Nächste lebende Verwandte der Dinosaurier sind die Krokodilier (Krokodile). Nach neueren Erkenntnissen sollen viele Dinosaurier, im Gegensatz zu heutigen Reptilien, warmblütig gewesen sein. So hatten die riesigen Sauropoden (Sauropoda) aufgrund ihres großen Körpervolumens im Verhältnis zur kleinen Körperoberfläche sehr wahrscheinlich eine gleichmäßig hohe Körpertemperatur. Man spricht von Gigantothermie. Von einigen bipeden, räuberisch in Rudeln jagenden Theropoden (Theropoda), z. B. den Coelurosauria, nimmt man aufgrund ihrer Knochenstruktur, der Hohlknochen, der starken Gehirnzunahme und der engen Verwandtschaftsbeziehungen zu den Vögeln an, daß sie wie diese warmblütig (homoiotherm; Homoiothermie) waren.
Anatomie: Dinosaurier waren vielgestaltige Tiere von 0,3 bis ca. 37 m (z. B. der Sauropode Seismosaurus) Länge. Hals und Schwanz waren vor allem bei den Sauropoda sehr lang; hingegen war der Hals bei den Ornithischia meist sehr kurz, jedoch der Schwanz bei vielen Formen sehr lang. Schädel mit unterer und oberer Schläfenöffnung (diapsid; Schläfenfenster) und Praeorbitalöffnung (Praeorbita); Gehirn vor allem bei den Ornithischia (z. B. Stegosauria) sehr klein; bei einigen Theropoden (z. B. Coelurosauria) mit stereoskopischem Sehvermögen stark entwickelt. Zähne sehr unterschiedlich ausgebildet; bei pflanzenfressenden Saurischia einzeln stehend, spatelförmig oder gekerbt (z. B. Plateosaurus) oder bei Ornithischia als einzeln stehende Mahlzähne ausgebildet (z. B. Iguanodontia) oder in Zahnbatterien angeordnet (z. B. Hadrosaurier); bei carnivoren Theropoden (z. B. Carnosauria) seitlich abgeflacht und an der Vorder- und Hinterkante gesägt; bei piscivoren (fischfressenden) Theropoden (z. B. Baryonyx) auch kegelförmig; Dinosaurier ohne vordere Zähne mit Hornschnabel (z. B. Ceratopsia). Dinosaurier liefen biped (Bipedie) oder quadruped (Quadrupedie). Bei bipeder Fortbewegungsweise werden die Vordergliedmaßen in der Größe reduziert; Hand und Fuß ursprünglich fünffingrig und fünfzehig, jedoch bei der Umgestaltung zur Greifhand Reduktion auf bis zu 2 Finger (z. B. Theropoda); bei bipeden Theropoden und einigen Ornithopoden Reduktion des Lauffußes auf bis zu 3 Zehen. Wichtigster Unterschied zwischen beiden Dinosaurier-Ordnungen ist der Bau des Beckens (Beckengürtel; vgl. Abb. ): Saurischia hatten ein triradiates (dreistrahliges) Becken mit einfachem, nach vorn gerichtetem Schambein (Pubis) wie bei den Reptilien generell; Ornithischia besaßen durch Ausbildung eines Schambeinfortsatzes (Processus praepubicus) ein tetraradiates Becken wie die Vögel. Ornithischia mit zusätzlichem Praedentale-Knochen am Vorderende des Unterkiefers. – Dinosaurier brachten mit den Sauropoden die größten Landtiere aller Zeiten hervor (z. B. Seismosaurus mit einer Gesamtlänge von ca. 37 m; Sauroposeidon, vgl. Infobox ), die sogar noch die Größe des heutigen Blauwals übertreffen. Man kennt von Dinosauriern einzelne Knochen, Zähne, Skelettreste und ganze Skelette, manchmal mumifiziert (z. B. Trachodon). Es sind Hautabdrücke, Osteoderme (Hautverknöcherungen), Abdrücke des hornigen Rückenkamms und Gastrolithen, z. B. bei Sauropoden, bekannt geworden. Es wurden Mageninhalte und Exkremente, Fährten ( vgl. Abb. ), Eier (von unterschiedlicher Form und Schalenstruktur, die verschiedenen Dinosaurier-Gruppen zugeordnet werden können), ganze Gelege ( vgl. Abb. ) in Bodenmulden- und Bodenhügelnestern und Embryonenreste in Eiern (sogar mit erhaltenem Hautabdruck) gefunden. Aus der Feinstruktur der Knochen von Dinosauriern mit Wachstumsringen und Blutgefäßöffnungen (in ähnlicher Anordnung wie bei Vögeln und Säugetieren) wurde auf ein schnelles Wachstum vom Jugend- ins Altersstadium geschlossen. Sogar Weichteile sind, durch Fossilisationsvorgänge umgewandelt, bei Dinosauriern erhalten. Bei Scipionyx, einem kleinen Theropoden aus der Unterkreide von Süditalien, wurden Muskelfasern, der fossilisierte Dickdarmtrakt, die mineralisierte Leber und die Luftröhre nachgewiesen. Bei einigen Theropoden schließlich sind federartige Gebilde oder Federn als Abdruck überliefert (z. B. Caudipteryx), ein Hinweis für die enge Verwandtschaft zwischen Theropoden und Vögeln.
Lebensweise: Die meisten Dinosaurier bewohnten Niederungsgebiete im Meeresküstenbereich oder in intrakontinentalen Senkungs- und Riftgebieten im Bereich von Binnengewässern (Seen, Flüsse) mit reicher Vegetation. Einige Dinosaurier, wie die Hadrosaurier und die Sauropoden, konnten schwimmen. Nur wenige, wie z. B. die Ceratopsia, lebten in Hochlandgebieten. Die Dinosaurier waren an warmes, subtropisches Klima angepaßt. Doch konnten sie auch Kälteperioden, wie z. B. in der mittleren Kreide von Queensland in Australien, überstehen. Quadruped und biped laufende Dinosaurier, wie alle Ornithischia und die Sauropodomorpha, waren Pflanzenfresser. Hingegen waren die agilen, bipeden Theropoden räuberische Fleischfresser oder waren, wie einige Spinosauridae (z. B. Baryonyx), piscivor. Schachtelhalme, Cycas-Palmen (Cycadales), Koniferen und Ginkgogewächse (Ginkgoartige) werden den Dinosauriern als Hauptnahrung gedient haben. Doch nimmt man neuerdings wieder an, daß die Sauropoden im und unter Wasser pflanzliche Nahrung aufgenommen haben. Mit der Verdrängung der Nacktsamer durch die Bedecktsamer in der Unterkreide mußten sich herbivore Dinosaurier auf andere Nahrung umstellen, was auch mit dem Niedergang einzelner Dinosaurier-Gruppen in Verbindung gebracht wurde.
Verhalten: Viele Dinosaurier lebten – worauf vor allem Fährten hinweisen – in Familien- oder Gruppenverbänden. Von den Coelurosauriern unter den Theropoden nimmt man an, daß sie in Rudeln jagten. Aus Fährtenansammlungen, sog. "megatracksites", kann auf saisonale Wanderungen von Familienverbänden von Dinosauriern geschlossen werden. Hierbei liefen die Jungtiere in der Mitte des Verbands, geschützt von den am Rand laufenden Alttieren. Bei den Hadrosauriern (Abb.) werden die kamm-, helm- oder röhrenförmigen Nasenfortsätze des Schädels als Schallresonanzorgane (zur sozialen Kontaktaufnahme im Gruppenverband) gedeutet. Sozialverhalten ist insbesondere bei dem Hadrosaurier Maiasaura durch Brutpflege, Fütterung und Beschützung von Jungtieren in Nistkolonien aus der Oberkreide von Montana belegt. Ein infolge von Staubsturm-Überdeckung fossilisiertes Bodennest aus der oberen Kreide der Wüste Gobi mit länglichen, radial abgelegten Eiern, über dem schützend das Skelett eines offenbar im Brutvorgang sich befindenden Oviraptors liegt, dokumentiert auch die Brutpflege bei Theropoden. Diese Fossilüberlieferung zeigt außerdem, daß bei einigen Dinosauriern, wie den Theropoden, der Brutvorgang ähnlich wie bei Vögeln ablief. Dies bezeugt die nahe Verwandtschaft zwischen Vögeln und Theropoden, die sich auch im übereinstimmenden Skelettbau ausdrückt.
Paläobiogeographie: Waren in der Trias die Dinosaurier-Faunen auf den einzelnen in dem Superkontinent Pangaea (Kontinentaldrifttheorie) zusammengeschlossenen Kontinenten noch einheitlich, änderte sich dies vor allem von der unteren Kreide an. Auf den auseinanderdriftenden Kontinenten bildeten sich Dinosaurier-Provinzialfaunen heraus. Doch kam es über Landbrücken bis in die obere Kreide zur Einwanderung bestimmter Dinosaurier-Gattungen, die nach Unterbrechung dieser Landverbindungen eine eigenständige Entwicklung auf den nun nicht mehr verbundenen Kontinenten erfuhren. Als Beispiel sei die in der unteren Kreide noch einheitliche Fauna von Theropoden aus der Gruppe der Spinosauridae in Nord- und Südafrika, Nord- und Südamerika und Europa angeführt. In der oberen Kreide hat sich dann in Nordafrika eine eigenständige Raubdinosaurier-Fauna herausgebildet, die sich, nach der Einwanderung europäischer Formen, als Folge des Auseinanderdriftens der Kontinente von der Theropodenfauna von Europa, Nord- und Südamerika und Südafrika unterscheidet. So sind das Vorkommen und die Zusammensetzung von Dinosaurier-Faunen für die zeitliche Datierung der Kontinentaldrift-Ereignisse von großer Bedeutung. Doch steht diese Forschungsrichtung erst am Beginn.
Großgliederung der Dinosaurier:
1) Ordnung Saurischia, Echsenbecken-Dinosaurier (Mitteltrias bis Oberkreide): bipede oder quadrupede Dinosaurier mit Zähnen, die in Alveolen stecken, also thekodont oder subthekodont befestigt sind; Beckengürtel echsenhaft (triradiat), Schlüsselbein reduziert, jedoch meist vorhanden; bei fortschrittlichen Coelurosauriern sind beide Claviculae zum Gabelbein (Furcula) verwachsen, wie bei den Vögeln; Haut mit einzelnen knöchernen Osteodermen und bei Sauropoden mit hornigem Rückenkamm; Hintergliedmaßen meist länger als Vordergliedmaßen, die auch mehr oder weniger reduziert sind. – Unterordnung Theropoda, auch "Raubtierfuß-Dinosaurier" (Obertrias bis Oberkreide): carnivore, meist bipede Saurischia mit seitlich komprimierten Zähnen, deren scharfe Schneidekanten gesägt sein können; Vordergliedmaßen stark reduziert, Hintergliedmaßen verlängert; mit sehr langem, dem Ausbalancieren des Vorderkörpers dienendem Schwanz beim schnellen Lauf; dieser kann, wie bei dem zwischen Coelurosauriern und Carnosauriern stehenden Deinonychus, durch verlängerte Gelenkfortsätze der Wirbel und Hämapophysen (Hämalbögen) ausgesteift werden. Zwischenordnung Coelurosauria (Abb.), "Hohlknochen-Dinosaurier" (Obertrias bis Oberkreide): kleine, bis etwa 4 m Länge erreichende, schnellfüßige, bipede, räuberische Dinosaurier mit sehr langen Hintergliedmaßen, aber wenig reduzierten Vordergliedmaßen, die in eine drei- oder zweifingrige, mit Schlagkrallen bewehrte Greifhand übergehen (z. B. Maniraptora); Knochen hohl (z. B. Compsognathus); die Coelurosaurier waren sehr formenreich und werden in eigenständige Gruppen aufgeteilt (z. B. Ornithomimosauria und Dromaeosaurier, hierzu auch Deinonychus gehörend, der bekrallte Greifhände hatte und einen dreizehigen Fuß, bewehrt mit einer gewaltigen sichelförmigen Schlagkralle an der ersten von den 3 Zehen; Angehöriger einer dieser Gruppen von Coelurosauriern war auch der zahnlose, mit einem Hornschnabel ausgestattete Oviraptor); weltweit verbreitet; einige Formen vogelähnlich und sogar befiedert, wie neuere Funde aus der Unterkreide von China zeigen (z. B. Caudipteryx); sehr wahrscheinlich warmblütig. Zwischenordnung Ceratosauria (Obertrias bis Oberkreide): carnivore Saurischia mit reduzierten Vordergliedmaßen und vierfingriger Greifhand; mit paarigem Knochenkamm oder Hörnern über den Augen; einzelne Osteoderme in der Haut (z. B. Ceratosaurus). Zwischenordnung Carnosauria (Abb.) (Unterjura bis Oberkreide): bipede, carnivore Saurischia mit großem Kopf und steakmesserartigen, gekerbten Zähnen, kurzem Hals und langem, kräftigem Schwanz; Tendenz zur Dreizehigkeit; Höhepunkt der Carnosaurier-Evolution in Spinosauridae und in Tyrannosaurus ( vgl. Abb. ). – Unterordnung Sauropodomorpha (Mitteltrias bis Oberkreide): große bis riesige, pflanzenfressende, quadruped laufende Dinosaurier mit etwa gleich langen, säulenförmigen, Elefantenfuß-ähnlichen Gliedmaßen (Sauropoden) oder, wie bei den Prosauropoden, biped mit verlängerten Hintergliedmaßen und reduzierten Vordergliedmaßen; im Bereich des Magens mit Gastrolithen zum Aufschließen der pflanzlichen Nahrung. Zwischenordnung Prosauropoda (Obertrias bis Unterjura): Vorfahren der Sauropoda, quadruped und/oder biped (z. B. Plateosaurus). Zwischenordnung Sauropoda, "Elefantenfuß-Dinosaurier" (Unterjura bis Oberkreide): quadrupede Saurischia mit säulenförmigen Gliedmaßen und sehr langem Schwanz, der wahrscheinlich der Verteidigung diente; spatel- oder stiftförmige Greifzähne im vorderen Kieferabschnitt zum Abreißen pflanzlicher Nahrung, die dann im Magen mit Hilfe von Gastrolithen aufbereitet wurde (z. B. Apatosaurus = Brontosaurus, Brachiosaurus, Sauroposeidon).
2) Ordnung Ornithischia, Vogelbecken-Dinosaurier (Obertrias bis Oberkreide): bipede oder quadrupede, pflanzenfressende Dinosaurier mit vogelartigem (tetraradiatem) Beckengürtel, thekodonte Einzelzähne oder Zahnbatterien (z. B. Hadrosaurier); weltweite Verbreitung. – Unterordnung Ornithopoda, "Vogelfuß-Dinosaurier" (Obertrias bis Oberkreide): bipede Pflanzenfresser ohne vordere Kieferzähne, aber mit Hornschnabel; Unterkiefer mit Praedentale-Knochen; Rücken und Schwanz meist durch knöcherne Sehnen ausgesteift; Vordergliedmaßen verkürzt, Hintergliedmaßen als Laufbeine verlängert, bei manchen Formen (z. B. Hadrosauriern) mit hufähnlichem Fuß; Fuß dreizehig (z. B. Iguanodon,vgl. Abb. ). – Unterordnung Pachycephalosauria, "Dickschädel-Dinosaurier" (Unterkreide bis Oberkreide): Dinosaurier-Gruppe mit schwach entwickeltem Schambein; Schädeldach im Bereich des Frontoparietale pachyostotisch (Pachyostose) verdickt und aufgewölbt; Pflanzenfresser; der ca. 2 m lange Stegoceras aus der Oberkreide von Alberta besaß spatelförmige Zähne mit gekerbten Schneidekanten, die zum Abschneiden und Zerschneiden pflanzlicher Nahrung geeignet waren. – Unterordnung Psittacosauria, "Papageischnabel-Dinosaurier" (Unterkreide): seltene, 1,5 bis 2,5 m lange, bipede, herbivore Dinosaurier, mit mächtigem, papageiähnlichem Schnabel, zu den Ornithopoda gehörend und mit den Ceratopsia eng verwandt. – Unterordnung Stegosauria (Abb.), "Stachel-Dinosaurier" (Obertrias bis Oberkreide, vorwiegend Jura): quadrupede Pflanzenfresser mit extrem kleinem Gehirn, dafür im Bereich von Schultergürtel und Kreuzbeinregion (Sakralregion) Verdickung des Rückenmarkstrangs zur Steuerung des Bewegungsablaufs, jedoch ausgehend vom Gehirn; Körper mit großen Knochenplatten und -stacheln bedeckt (z. B. Stegosaurus). – Unterordnung Ankylosauria, "Panzer-Dinosaurier" (Kreide, meist Oberkreide): quadrupede Pflanzenfresser mit dorsoventral abgeflachtem Körper; Rücken mit einem Mosaik von miteinander verwachsenen Knochenplatten gepanzert; Schädel mit Osteodermen überdeckt (z. B. Ankylosaurus). – Unterordnung Ceratopsia (Abb.), "Horn-Dinosaurier" (Unter- bis Oberkreide): quadrupede, Rhinoceros-ähnliche Pflanzenfresser mit dicker Haut, aber ohne Knochenplatten; Schädel mit 1, 3 oder mehr knöchernen Hörnern; Schädelhinterhaupt und Genick durch knöchernen, vom Squamosum (Schuppenbein) ausgehenden Nackenschild geschützt (z. B. Chasmosaurus, Triceratops). – Aussterben der Dinosaurier: Das Aussterben der Dinosaurier am Ende der Kreidezeit vor ca. 65 Millionen Jahren ist nur eines der mehreren, rätselhaften und bislang ungeklärten Aussterbe-Ereignisse in der Erdgeschichte, die sich global und in geologisch sehr kurzer Zeit, fast plötzlich, ereigneten. Was die Anzahl der Pflanzen- und Tiergruppen anbetrifft, war das permotriassische Massensterben weitaus gravierender für Flora und Fauna. Wegen der Popularität der Dinosaurier wird sich jedoch wissenschaftlich, aber auch spekulativ und in Science fiction-Manier, eher mit dem an der Kreide/Tertiär-Wende sich ereignenden Aussterben und seinen Ursachen befaßt. Es sind weit mehr als 50 Hypothesen, die (nur die wissenschaftlich soliden werden erwähnt) den Untergang und das Aussterben der Dinosaurier zu erklären versuchen. Zur Kategorie der biologischen und ökologischen Ursachen zählen Überbevölkerung, Ernährungsprobleme, Nahrungsmangel, Verhungern, Umstellungsprobleme bei der Ernährung von den seit der Mittelkreide an dominierenden Bedecktsamern (Angiospermen), eventuell dadurch hervorgerufene Vergiftungen, Zunahme der Körpergröße bei fast allen Dinosauriern (Gigantismus), Überspezialisierung, genetische Überalterung, Degeneration, Krankheiten, Parasiten, Konkurrenz mit den Säugetieren, Schlüpf- und Überlebensprobleme der Jungtiere durch eine zu dicke oder zu dünne Eischale oder die Vertilgung der Eier durch Säugetiere, um nur einige solcher Hypothesen anzuführen. Ihnen gesellen sich Hypothesen hinzu, die sich auf die Physik, den Bau und die Geologie der Erde gründen: Verlagerung der rotierenden Erdachse, Umpolung des Erdmagnetfeldes (die in der Erdgeschichte immer wieder erfolgt ist, ohne sich jedoch auf die Flora und Fauna auszuwirken), Änderung der Gravitation, Änderung des Drucks und der atmosphärischen Zusammensetzung der Luft (Atmosphäre), Gebirgsbildungen, Meeresrückzug (Regression), Überflutungen (Transgression), sich verändernde Umweltbedingungen, Vulkanismus, der Zerfall von Gondwanaland sowie das Auseinanderbrechen von Laurasia am Ende der Kreidezeit und die Herausbildung der heutigen Kontinentalblöcke (Kontinentaldrifttheorie), Meeresspiegelschwankungen, Abkühlung des Klimas auf einigen Kontinenten einerseits (Klimaänderungen), Zunahme der Aridität auf einigen Kontinenten andererseits, Verschwinden der Schelfmeere durch weltweite Regression und Entstehung von Tiefozeanen und Tiefseegräben. Diese biologischen und ökologischen, auf der Physik der Erde sowie geologischen Kriterien sich gründenden Hypothesen für das Aussterben der Dinosaurier lassen sich unter terrestrischen Ursachen zusammenfassen. Ihnen steht die seit den 1980er Jahren, insbesondere durch L.W. Alvarez propagierte Hypothese gegenüber, daß extraterrestrische Ursachen zum Aussterben der Dinosaurier geführt hätten. Sie basiert auf der erhöhten Konzentration des seltenen Platinmetalls Iridium (Iridium-Anomalie) in einer Grenzschicht an der Wende Kreide/Tertiär, die durch den Einschlag eines Asteroiden (Planetoiden, Kleinplaneten) oder Meteoriten auf die Erde verursacht worden sein soll (Impact-Theorie). Extraterrestrische Ursachen für das Aussterben der Dinosaurier und anderer Organismen wurden schon früher mit Eruptionen auf der Sonne, der Explosion einer Supernova und in abgewandelter Form mit den Auswirkungen eines Kometeneinschlags auf der Erde oder mit der Zunahme der kosmischen Strahlung in Verbindung gebracht. Einer dieser von der Oberkreide bis zum Alttertiär gehäuft auftretenden extraterrestrischen Impacts soll vor ca. 65 Millionen Jahren in der Karibik vor der mexikanischen Küste den Chicxulub-Krater erzeugt haben. Dieser Asteroiden-Einschlag soll das Aussterben der Dinosaurier herbeigeführt haben. Dieser Impact hätte sich über geologisch längere Zeit und nicht nur regional, sondern weltweit katastrophisch ausgewirkt. Hierfür finden sich jedoch weder gesicherte geologische noch paläontologische Hinweise. Auch scheint sein Alter mit dem des Aussterbeereignisses nicht genau übereinzustimmen, da weitere Iridium-Anomalien davor und danach aufgetreten sind. Erst kürzlich (Ende der 1990er Jahre) wurde nachgewiesen, daß infolge von Vulkanismus in den Übergangssedimenten von der Kreide- zur Tertiärzeit hohe Iridium-Konzentrationen vorkommen. Sie werden mit den gewaltigen Dekkan-Basaltergüssen in Indien in Zusammenhang gebracht, die über mindestens 500 000 Jahre andauerten. Iridium-Anomalien, wie sie in verschiedenen erdgeschichtlichen Zeitabschnitten festgestellt wurden, müssen also nicht extraterrestrischen Ursprungs sein. Daher wurde nun das Aussterben der Dinosaurier mit dem Dekkan-Vulkanismus in Zusammenhang gebracht. Durch die Stratosphäre wären gewaltige Mengen von Asche und Staub, Schwefelverbindungen und Kohlendioxid weltweit verbreitet worden. Durch den infolge des erhöhten Kohlendioxidgehalts der Luft entstandenen sauren Regen wäre die Verwitterung und Abtragung der Gesteine beschleunigt worden, was zu einer Reduktion der Produktivität der Weltmeere, zur Verringerung der Sonneneinstrahlung, Abkühlung der Erdoberfläche und dadurch bedingten Reduktion der Wassertemperatur sowie toxischen Effekten geführt hätte. Dies hätte die Nahrungsketten zusammenbrechen lassen und letztendlich das gradualistische, stufenweise sich ereignende Aussterben der Dinosaurier und vieler anderer Organismengruppen am Ende der Kreidezeit bewirkt. Es waren Land- und Meeresorganismen betroffen, wie z. B. die Cycas-Palmen, viele Gruppen von kalkschaligen Foraminiferen, die Ammoniten (Ammonoidea) und unter den Muscheln die riffbildenden Rudisten und die Inoceramen. Von den Wirbeltieren starben einige Fischgruppen aus, die Ichthyosaurier (bereits in der mittleren Oberkreide), die Flugsaurier, die Plesiosaurier, die Mosasaurier und von den Säugetieren die Triconodonten. Das Aussterben an der Wende Kreide/Tertiär war eines von mehreren sich in der Erdgeschichte ereignenden Massenaussterben, das viele Organismen betraf, jedoch nicht allesamt weltweit gleichzeitig. Dies spricht gegen die Impact-Theorie und für die Vulkanismus-Hypothese. Das Aussterben der Dinosaurier vollzog sich gradualistisch, stufenweise und nicht plötzlich. Über 90% aller Dinosaurier-Gattungen und einige Dinosauriergruppen, wie die Prosauropoden, waren schon lange, vor Ende der Kreidezeit, wieder verschwunden oder erlebten, wie die Sauropoda und die Stegosauria, schon mit Beginn der Oberkreide einen Niedergang. Nur ein winziger Bruchteil der gewaltigen Diversität der Dinosaurier im Mesozoikum wurde am Ende der Oberkreide ausgelöscht. Wie feinstratigraphische, in der obersten Oberkreide im Übergang zum Tertiär der Hell-Creek-Formation in Nordamerika durchgeführte Untersuchungen gezeigt haben, erstreckte sich das Aussterben der Dinosaurier über einen Zeitraum von ca. 3 Millionen Jahren. Während dieser Zeit sank die Diversität der Dinosaurier zum Top der Kreide/Tertiär-Grenze hin von 19 Gattungen auf 12 und schließlich auf 7 Gattungen. Darüber finden sich keine Dinosaurierreste mehr. Das Aussterbeereignis an der Wende Kreide/Tertiär verlief also stufenweise, graduell. Es erfaßte nur die letzten Vertreter der Dinosaurier, möglicherweise katastrophisch. Es betraf nicht die flugfähigen Vögel (wohl aber die flugunfähigen Wasservögel Ichthyornis und Hesperornis), nicht die aquatisch lebenden Krokodilier, die in jener Zeit Riesenformen hervorbrachten, nicht die Eosuchier (mit den krokodilähnlichen aquatischen Champsosauridae), nicht die Brückenechsen, nicht die Eidechsen und Schlangen, nicht die Schildkröten des Landes und des Meeres und auch nicht die Säugetiere. Das Aussterben ergriff jedoch landlebende Wirbeltiergruppen, wie die Dinosaurier, jene Gruppen, die in den Meeren lebten, wie die Plesiosaurier, oder den Luftraum beherrschten, wie die Flugsaurier. – Die Ursachen für das Aussterben waren vielfältig und sind noch weitgehend unbekannt. Wahrscheinlich sind sie hauptsächlich in der Biologie der Organismen begründet. Die Dinosaurier als auf Nahrung und Biotop, Größe, Lebensweise und Verhalten hochspezialisierte Tiere mit einer mehr als 150 Millionen Jahre alten Geschichte konnten sich den in der Oberkreide in geologisch kurzer Zeit grundlegend ändernden Umweltbedingungen nicht mehr anpassen. Weder ein extraterrestrischer Asteroiden-Einschlag noch die Vulkanismus-Hypothese für sich allein betrachtet – neuerdings werden beide Theorien auch kombiniert vertreten: Impact-Ereignisse an der Wende Kreide/Tertiär lösten den Vulkanismus und damit das Aussterben aus – können das Aussterben der Dinosaurier oder ein in der Erdgeschichte in unregelmäßigen geologischen Zeitabständen in seiner Intensität variierendes, immer wiederkehrendes Massenaussterben erklären. Andrews (R.C.), Größensteigerung, Homoiothermie, Körpergröße; Dinosaurier .
R.Wi.
Lit.: Alvarez, 123, 1982. Charig, A.: Dinosaurier. Rätselhafte Riesen der Urzeit. Hamburg 1982. Currie, P.J., Padian, K.: Encyclopedia of Dinosaurs. San Diego 1997. Desmond, A.: Das Rätsel der Dinosaurier. Köln 1978. Dinosaurier und andere Tiere der Vorzeit. Bindlach 1994. Erben, H.K.: Leben heißt Sterben. Der Tod des einzelnen und das Aussterben der Arten. Hamburg 1981. Haubold, H.: Die Dinosaurier. Magdeburg 41990. Hsü, K.J.: Die letzten Jahre der Dinosaurier. Meteoriteneinschlag, Massensterben und die Folgen für die Evolutionstheorie. Basel 1990. Klepsch, P., Thiemeyer, T.: Das grosse Buch der Saurier. Dinosaurier und andere Tiere der Urzeit. Ravensburg 91993. Lucas, S.G.: Dinosaurs. The Textbook. Dubuque 1994. Molnar, R., O'Reagan, M.: Dinosaurier extinctions. Austr.Nat.Hist., 22(12) 1989. Norman, D., Milner, A.: Dinosaurier. Hildesheim 51992. Swinton, W.E.: The Dinosaurs. London 1970.
Dinosaurier Dinosaurierfährten aus dem oberen Jura (vor ca. 135 Millionen Jahren), in Texas (USA) am Paluxy River freigelegt; die größeren Fußabdrücke (rechts) werden einem vierfüßigen, Apatosaurus ähnelnden Sauropoden zugeordnet; die kleineren dreizehigen Abdrücke (vor allem links deutlich sichtbar) stammen von den Hinterfüßen eines zweibeinigen Raubdinosauriers. Aus den fossilen Fußspuren können Paläoichnologen heute mittels Computerunterstützung nicht nur den Bau der Füße und Hände (und damit die systematische Zugehörigkeit des Tieres), sondern auch die Stellung der Extremitäten, die Körpergröße, Gangart und sogar die Geschwindigkeit der Fortbewegung rekonstruieren. |
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