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Lexikon der Mathematik: Weierstraß, Darstellungsformel von

eine Formel, mit der man durch Integration aus zwei holomorphen Funktionen f und g eine Minimalfläche in konformer Parametrisierung erhält.

Man setzt zunächst Z(z)=f(ζ)2(1g2(ζ)i(1+g2(ζ)2g(ζ))dζ.

Dann ist Z eine parametrisierte isotrope Kurve, d. h., eine komplexe Kurve, deren Tangentialvektor Z(z)=dZ(z)/dz die komplexe Länge Null hat.

Identifiziert man ℂ mit ℝ2, indem man die komplexe Zahl z = u + iv mit dem Punkt identifiziert, der die Koordinaten (u, v) hat, so ist der Realteil Φf,g(u,v) von Z(u + iv) eine Minimalfläche des ℝ3 in konformer Parametrisierung.

Die Zuordnung (f,g)Φf,g ist eine bijektive Abbildung auf die Menge aller Minimalflächen in konformer Parametrisierung (u,v)R2(x1(u,v),x2(u,v),x3(u,v),)R3, die die Ungleichung x1uix1υi(x2uix2υ) erfüllen, wobei Minimalflächen, die sich nur um eine Translation unterscheiden, als identisch anzusehen sind.

Eine Umkehrabbildung erhält man wie folgt: Da x1(u, v), x2(u, v), x3(u, v) harmonische Funktionen sind, existieren holomorphe Funktionen φ1(z),φ2(z),φ3(z) mit Re(φk(u+iυ))=xk(u,υ) für k ∈ {1, 2, 3} und (φ1(z))2+(φ2(z))2+(φ3(z))2=0. Setzt man f(z)=φ1(z)iφ1(z)undg(z)=φ3(z)f(z), so ist f(z) ≠ 0, und die aus diesen Funktionen mittels (1) gebildete isotrope Kurve stimmt bis auf konstante Summanden mit der gegebenen Kurve (φ1(z),φ2(z),φ3(z)) überein.

Die erste Gaußsche Fundamentalform von Φf, g hat die Gestalt I=(λ200λ2)mitλ2=|f|2(1+|g|2)24. Ebenso einfach und direkt läßt sich die zweite Gaußsche Fundamentalform von Φf, g mit der Formel II=(Re(fg)Im(fg)Im(fg)Re(fg)) aus den beiden Funktionen f und g berechnen. Für die Gaußsche Krümmungk ergeben (2) und (3) den Ausdruck k=(4|g||f|(1+|g2|2)2. Der durch die Parametrisierung Φf,g(u,υ)=Re(Z(u+iυ)) festgelegte Einheitsnormalenvektor n ist n=1|g|2+1(2Re(g)2Im(g)|g|21). Aus dieser Formel ist der folgende Zusammenhang zwischen der Gauß-Abbildung n(u,v) der parametrisierten Fläche Φf,g(u,v) und der durch die holomorphe Funktion g gegebenen Abbildung g : ℝ2 → ℝ2 ersichtlich:

Ist σ : ℝ2S2die inverse stereographische Projektion, so gilt n(u,v)=σg(u,v).

Ein Beispiel, bei dem diese Formel, kombiniert mit einer ebenfalls nach K. Weierstraß benannten elliptischen Funktion, eine von Selbstdurchdringungen freie Minimalfläche im ℝ3 mit endlicher Totalkrümmung liefert, ist nach dem brasilianischen Mathematiker C. J. Costa benannt. Sie war nach der Ebene und dem Katenoid die dritte bekannt gewordene Minimalfläche derart einfacher Gestalt und wurde 1984 publiziert. Die isotrope Kurve Z(z) der Costa-Fläche ergibt sich mit der Darstellungformel (1) aus den Funktionen f(z)=(z,g2,g3)undg(z)=2πg2(z,g2,g3.), worin (z,g2,g3)=1z2+ωL,ω0(1(zω)2+1ω2) die dem achsenparallen Gitter L={ω=aω1,bω2,;(a,b)Z2} der komplexen Ebene entsprechende Weierstraßsche -Funktion ist, deren Perioden ω1 und ω2 in diesem konkreten Fall die Werte ω1 = 1 bzw. ω2 = i annehmen.

Die in dieser Darstellung von auftretenden Konstanten g2 und g3 ergeben sich aus ω1 und ω2 als unendliche Summen g2=60ωL,ω01ω4bzw.g3=140ωL,ω01ω6 zu g2 ≈ 189.0727201 und g3 = 0.

Die Weierstraßsche ζ-Funktion ist in analoger Weise durch ζ(z,g2,g3)=1z+ωL,ω0(1zw+1ω+1ω2) definiert. Sie erfüllt die Gleichung ζ(z,g2,g3)=(z,g2,g3) und liefert somit, wenn man vom Vorzeichen absieht, einen Ausdruck für eine Stammfunktion von (z, g2, g3), wie er in der Weierstraßschen Darstellungsformel benötigt wird.

Schreiben wir zur Abkürzung S(z) = ζ(z, g2, g3) und P(z) = (z, g2, g3), so sind die drei Komponenten Z1(z), Z2(z), Z3(z) von Z(z) die folgenden meromorphen Funktionen: Z1(z)=12{π(zi)S(z)+π2(1+i)4e1+π2e1(S(z12)S(zi2))},Z2(z)=i2{π(z1)S(z)π2(1+i)4e1π2e1(S(z12)S(zi2))},Z3(z)=2π4(ln(p(z)e1p(z)+e1))πi. Die hier auftretende Konstante e1 hat den Wert e1=(ω1/2,g2,g3)

Abbildung 1 zum Lexikonartikel Weierstraß, Darstellungsformel von
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017
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Die Costa-Fläche

[1] Gray, A.: Modern Differential Geometry of Curves and Surfaces with Mathematica. CRC Press, New York Washington, D.C., 1998.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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