Lexikon der Neurowissenschaft: Biochips
Biochips [von griech. bios = Leben, E chip = Splitter, kleinstes Speicherelement], uneinheitlich gebrauchte Bezeichnung für verschiedene Anwendungen, in denen biologisch aktive Komponenten auf engstem Raum immobilisiert vorliegen. Bei der Verwendung von Biochips alsBiosensoren dient der Biochip der Erfassung biologisch/medizinisch relevanter Eigenschaften und Reaktionen. Biologische Komponenten sind auf einem Siliciumchip immobilisiert, und deren Signale werden von einem im Chip integrierten Mikroprozessor analysiert. Ausgangspunkt der Entwicklung war die erfolgreiche Übertragung elektrischer Signale einer Nervenzelle auf einen Siliciumchip im Jahr 1996. Der Chip ist durch eine dünne Schicht von Siliciumoxid isoliert, da elektrische Ströme das Silicium angreifen und die Nervenzellen schädigen würden. Die Übertragung der elektrischen Signale verläuft indirekt durch Hervorrufen sog. Spiegelladungen (Influenz) an Kontaktstellen mit geringstem Abstand zwischen Nervenzelle und Silicium. Es ist möglich, sowohl Impulse von einer Leitungsbahn im Chip auf die Nervenzelle zu übertragen und die Reaktion der Zelle an Mikroelektroden zu messen, als auch über Mikroelektroden auf die Nervenzelle übermittelte Impulse mittels der Transistoren des Chips zu verfolgen. Inzwischen (1998) gibt es Anordnungen, mit denen sich die Ausbreitung von Signalen über einige tausend Zellen mit entsprechenden Kontakten zum Siliciumchip verfolgen läßt. Ziel ist es, ganze neuronale Netzwerke auf Mikrochips zu implantieren – mit Millionen von Kontakten zwischen Nervenzellen und Silicium. Zur Zeit werden dazu Versuche durchgeführt, bei denen eine Kontaktfindung durch Selbstorganisation im Verlauf des Wachstums der Zellen erreicht werden soll. Dazu läßt man Nervenzellen auf einer Schicht von Proteinen, meist Lamininen, wachsen, der zuvor durch entsprechende chemische Behandlung eine Struktur bzw. ein Muster vorgegeben wurde. Theoretisch sollte es mit einem solchen Vorgehen auch möglich sein, dreidimensionale Netzwerke zu generieren, mit denen die Verarbeitung noch komplexerer Informationen möglich wäre, als dies mit den herkömmlichen Computern erreichbar ist. Solche Biocomputer könnten zur Komplementierung ausgefallener Sinnesfunktionen (z.B. Blindheit) eingesetzt werden, wenn es gelingen sollte, deren Proteinschichten mit den Neuronen des Gehirns zu verschalten. Dies liegt derzeit aber noch in weiter Ferne. Bis dahin können jedoch Biochips mit einigen tausend Nervenzellen in der neurophysiologischen Forschung wertvolle Dienste leisten, unter anderem zum Studium neuronaler Erregungsmuster. Ähnliches gilt für Zellen vieler anderer Gewebe, z.B. der Herzmuskulatur oder von Tumoren. Andere Anwendungsmöglichkeiten umfassen Biochips als Zellkultivierungssystem oder für Gentests (DNA-Chips). Bioelektronik.
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