Lexikon der Biologie: messenger-RNA
messenger-RNAw [von engl. messenger = Bote], messenger-Ribonucleinsäure, Boten-Ribonucleinsäure, Abk. mRNA oder m-RNA, Boten-RNA, Botschafter-RNA, Ribonucleinsäure-Moleküle (Ribonucleinsäuren), die durch den Prozeß der Transkription an DNA (Desoxyribonucleinsäuren) als Matrize (sog. Matrizenstrang, auch antisense-DNA) entstehen und anschließend mit Hilfe von Ribosomen und tRNA (transfer-RNA) im Prozeß der Translation in die Aminosäuresequenzen von Proteinen übersetzt werden (Struktur von mRNA: vgl. Infobox 1 ). Bei Prokaryoten wird die mRNA im einzig vorhandenen Zellkompartiment (Kompartimentierung) transkribiert und translatiert; die beiden Vorgänge laufen gleichzeitig ab. Ribosomen binden bereits an die mRNA, bevor diese vollständig transkribiert ist, so daß das entstehende Polyribosom noch mit der DNA zusammenhängt. In einer Eukaryotenzelle (Eukaryoten, Eucyte) finden Synthese sowie die hier notwendige Reifung (Prozessierung) der mRNA im Zellkern statt, die Translation im Cytoplasma. Bei Eukaryoten gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Regulation der Genexpression (Genregulation) auf der Ebene der mRNA: Im Zellkern ist die Reifung der mRNA durch differentielles Spleißen (alternatives Spleißen) und unterschiedliche Polyadenylierung von Bedeutung, außerdem der Austausch assoziierter Proteine (Ribonucleoproteine) im Rahmen des nucleocytoplasmatischen Transports. Im Cytoplasma spielen die Struktur und Sequenz der nicht proteincodierenden Leader- und Trailer-Bereiche (Leader-Sequenz, Trailer) und die Länge des poly(A)-Schwanzes eine wichtige Rolle für die Effizienz der Initiation und Elongation der Translation (Translationskontrolle) sowie für die Stabilität der einzelnen mRNAs ( vgl. Infobox 2 ). So wird für die Initiation bei einem Leader mit hohem Sekundärstrukturanteil (Sekundärstruktur) mehr Energie als bei einem unstrukturierten Leader für die Entwindung von Haarnadelschleifen und ähnlichem benötigt, was Voraussetzung dafür ist, daß das Ribosom von der Cap-Struktur (Capping) zum Initiationscodon (Codon) an der mRNA entlanggleiten kann. Dies bedeutet, daß unter normalen Bedingungen die Initiationsfrequenz an der unstrukturierten mRNA höher ist. Weiter sind cytoplasmatische Proteine bekannt, die durch spezifische Assoziation an einzelne mRNAs (bzw. mRNPs, messenger-Ribonucleoproteine) deren Translationseffizienz und Stabilität beeinflussen. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für Translationskontrolle durch mRNA-bindende Proteine konnte bei den mRNAs für Ferritin und den Transferrin-Rezeptor (TfR) gezeigt werden ( vgl. Abb. ). Lokalisierung von mRNA, RNA-Editing; Transkription –Translation.
J.S./S.Kl.
messenger-RNA
Die Proteine Ferritin und der Transferrin-Rezeptor (TfR) sind beide am zellulären Eisenstoffwechsel beteiligt. Während der Transferrin-Rezeptor für die Übernahme des Eisens vom Transferrin und die Eisenaufnahme in die Zelle zuständig ist, bindet Ferritin überschüssiges Eisen, das sonst toxisch für die Zelle wäre. Die mRNAs für Ferritin und den Transferrin-Rezeptor enthalten beide spezifische Sequenzen (iron responsive elements, Abk. IRE, vgl. Abb.), die eine Haarnadelschleife ausbilden. Diese Strukturen, die im Leader der Ferritin-mRNA und fünffach in der nichttranslatierten 3'-Region (Trailer) der TfR-mRNA vorhanden sind, dienen als Bindestellen für ein spezifisches Protein, das iron responsive element-binding protein (Abk. IRE-BP; auch iron-regulatory-protein-1, IRP-1). Bei Eisenmangel in der Zelle findet eine verstärkte Synthese des Transferrin-Rezeptors statt, um in gesteigertem Maße Eisen aufnehmen zu können. Gleichzeitig ist die weitere Synthese von Ferritin nicht mehr nötig. In dieser Situation bindet das IRE-BP, das jetzt in einer Konformation mit hoher Affinität zu den IREs vorliegt, an die Zielsequenzen im Leader bzw. Trailer der beiden mRNAs. Dadurch wird die mRNA für den Transferrin-Rezeptor vor dem Abbau durch Nucleasen geschützt (durch die Funktionshemmung noch unbekannter, destabilisierender Sequenzen), ihre Stabilität also erhöht, so daß sie länger für die Translation zur Verfügung steht. Im Fall der Ferritin-mRNA bewirkt die Bindung des IRE-BP im Leader, daß das Ribosom nicht mehr von der Cap-Struktur zum Initiationscodon an der mRNA entlanggleiten kann, wodurch die Initiation an der Ferritin-mRNA blockiert wird. Neuere Untersuchungen deuten darauf hin, daß IRE-BP dabei den für die Proteinsynthese erforderlichen engen Kontakt der mRNA zum Ribosom verhindert. Liegt ein Überangebot an Eisen vor und wird daher viel Ferritin benötigt, sinkt die Konzentration von IRE-BP. Dessen Platz an der mRNA bleibt leer, ein anderes Protein (eIF-3, Initiationsfaktoren) kann dort binden und die Interaktion mit dem Ribosom und damit die Translation der Ferritin-mRNA gewährleisten. Die TfR-mRNA dagegen wird bei sinkender Konzentration von IRE-BP degradiert.
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