Lexikon der Neurowissenschaft: Musik
Musikw,Emusic, durch Instrumente oder Stimme erzeugte Klänge, die nach Regeln melodisch, harmonisch und rhythmisch kombiniert werden. Musik ist ein hörbarer Träger von meist nicht-zeichenhafter bzw. definierter Bedeutung und somit eine spezifische Form der nonverbalen sozialen Kommunikation des Menschen. Sie ist in allen Kulturkreisen vorhanden. Musik bringt Emotionen und ästhetisches Empfinden (Ästhetik) zum Ausdruck, dient der Synchronisierung kollektiver Handlungen und fördert den sozialen Zusammenhalt. Sie wird auch für therapeutische Zwecke eingesetzt. Ihre Ausbildung ist in den angeborenen Ordnungsprinzipien vorprogrammiert, und ihre akustische Rezeption beginnt sich in Ansätzen bereits intrauterin zu entwickeln. Von Geburt an wird sie zusammen mit dem körperlichen Kontakt (Kontaktverhalten) und der visuellen Kommunikation über Körpergesten (Gestik, Körpersprache) und Mimik zu einem beständigen Bestandteil der averbalen sozialen Kommunikation des heranwachsenden Kindes. Die Kommunikation über Musik hat sich wie diejenige über die Sprache und die Kunst vom Beginn der Menschwerdung an entwickelt. Sie war von Anfang an auch mit rhythmischen Bewegungen des Körpers (Tanzen) oder von Körperteilen verbunden, wobei die Entwicklung zwar kulturell unterschiedlich verlief, aber stets auf den gleichen Grundprinzipien beruhte. Im Unterschied zur Sprache bestehen die Elemente der Musik nicht aus Wörtern und verbal-grammatischen Beziehungen, sondern aus Tönen (Musik als Tonkunst), Akkorden, Klangfarben usw., die in Motiven, Melodien, Rhythmusfolgen und formalen Bausteinen eine hierarchische Strukturierung erfahren. In ihrem Erleben und ihrer Ausführung kommen wechselnde emotionale Zustände zum Ausdruck. Das Verstehen und Nachempfinden des musikalischen Ausdrucks ist ebenso ein kognitiver Vorgang wie die Sprache. Bei ihrer Erzeugung spielen das Kurzzeitgedächtnis und die Erwartungshaltung eine ebenso große Rolle. Grundfaktor ist bei allen bekannten Musiksystemen die Oktave. Doch ihre Unterteilung ist bei den verschiedenen Kulturen sehr unterschiedlich und reicht bis zu 22 Untertönen (indische Musik). Die Ausbildung der unterschiedlichen Musiksysteme beginnt wie die der Sprache im zweiten Lebensjahr, und ihre Vollkommenheit ist von der Intensität und Qualität der Ausbildung abhängig. Die Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung von Musik erfolgt normalerweise im rechten und linken Schläfenlappen. Wird schon frühzeitig mit einem intensiven Musiktraining begonnen, so läßt sich eine deutliche Vergrößerung im linken Schläfenlappen, vor allem in der Gegend der Sprachregion nachweisen. Auch der vordere Teil des Balkens scheint bei seit Kindheit aktiven Musikern vergrößert zu sein. In die kognitive Verarbeitung der musikalischen Wahrnehmungs- und Produktionsprozesse werden differenziert zahlreiche Hirnregionen einbezogen ( siehe Zusatzinfo ). Kommunikation, Sprache, basale Stimulation.
Mittels Magnetencephalographie wurde gezeigt, daß musikalische Dissonanzen bzw. unerwartete Akkorde im Broca-Areal verarbeitet werden, und zwar unabhängig von der musikalischen Begabung der Versuchspersonen. Eventuell entstanden die Fähigkeiten zur Sprache und zur Musikalität zusammenhängend in der menschlichen Evolution. Eine Zwillingsstudie zeigte ferner unter Verwendung des distorted tunes test(DTT), bei dem die Intervalle in einer bekannten Melodie verändert werden, daß das musikalische Gehör deutlich von den Genen bestimmt wird.
Musik
Musik und Intelligenz:
Eine neue Langzeitstudie an Grundschulen kam zu dem Ergebnis, daß eine betonte musikalische Erziehung bei Kindern zu einer höheren sozialen Kompetenz und weniger Konzentrationsdefiziten führt. Außerdem wurde ein Zusammenhang zwischen musikalischer Begabung und Intelligenz festgestellt: mit zunehmender Musikalität ebenso wie mit verstärkter Musikerziehung geht ein höherer IQ (Intelligenzquotient) und höhere Leistungen auch in den anderen Schulfächern einher.
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