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Eulbergs tönende Tierwelt: Ausgefuchster Kosmopolit

Supersinne, enorme Anpassungsfähigkeit und vielseitige Strategien machen den Rotfuchs zum weltweit verbreitetsten Raubtier. Heute ist seine ikonische Schläue positiv besetzt, doch das war nicht immer so, erzählt unser Kolumnist.
Buntstiftzeichnung eines Rotfuchses
Die Ohren aufgestellt, die Augen wachsam: Dank seiner besonders scharfen Sinne ist der Fuchs ein ausgezeichneter Jäger.
Wissen Sie, wie ein Siebenschläfer klingt? Oder ein Reh? Warum der Pirol auch Regenkatze genannt wird? Vermutlich nicht – obwohl all diese Lebewesen Teil unserer heimischen Fauna sind. In der Kolumne »Eulbergs tönende Tierwelt« stellt der Techno-Künstler, Ökologe und Naturschützer Dominik Eulberg faszinierende Exemplare aus der Tierwelt vor unserer Haustür vor.

Mal ehrlich: Wissen Sie, wie ein Fuchs ruft? Manch heimische Tierart ist uns optisch sehr vertraut, dennoch wissen wir oft nicht, welche Laute sie äußert. So ist es auch beim Rotfuchs (Vulpes vulpes). Er ist in Mitteleuropa der einzige Vertreter aus dem Tribus der Echten Füchse (Vulpini) und wird daher meist einfach nur »der Fuchs« genannt. Die Unkenntnis über seine Stimme hat sogar einen echten Internet-Hype ausgelöst: Das 2013 veröffentlichte Lied »The Fox (What Does the Fox Say?)« des norwegischen Duos Ylvis wurde weit über eine Milliarde Mal geklickt.

Aber wie klingt denn nun der Fuchs? Er gibt eine ganze Reihe verschiedener Kommunikationslaute von sich, darunter bellende und knurrende Sounds. Besonders markant ist ein schrilles Schreien, das meist in der Nacht zu hören ist. Dieser schreiende Ruf erklingt während der winterlichen Paarungszeit, der so genannten Ranzzeit. Meist stößt ihn die Fähe – das Fuchsweibchen – aus, um Rüden anzulocken:

Der Rotfuchs ist ein wahrer Generalist und das Raubtier mit dem größten Verbreitungsgebiet weltweit. Außer in Südamerika kommt er auf jedem Kontinent vor und besiedelt nahezu alle Klimazonen, sowohl Gebiete nördlich des Polarkreises als auch fast tropisches Terrain. Er verdankt diese kosmopolitische Omnipräsenz zum einen seiner enormen ökologischen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Zum anderen ist er ein Nahrungsopportunist und verspeist eigentlich alles: von kleinen Säugetieren über Vögel und Insekten bis hin zu Früchten. Mit dem »Mausen« beherrscht er eine besonders bemerkenswerte Jagdstrategie: Aus dem Stand springt der Rotfuchs in die Höhe und erbeutet so Nager im Schnee oder im hohen Gras.

Supersinne sind ein weiteres Erfolgsgeheimnis des Fuchses. Sein Geruchssinn ist etwa 400-mal besser ausgeprägt als der des Menschen, seine hochsensiblen Ohren kann er wie Satellitenschüsseln in fast alle Richtungen drehen, und seine Augen sind wahre Nachtsichtgeräte. Ein dichter Pelz schützt ihn zudem vor jeglicher Witterung.

  • Der Rotfuchs
    Hier finden Sie wichtige Eckdaten und Beobachtungstipps rund um das vielseitige Raubtier.
  • Steckbrief

    Klasse: Säugetiere

    Ordnung: Raubtiere

    Familie: Hunde

    Größe: 62 bis 75 Zentimeter

    Gewicht: 5 bis 10 Kilogramm

    Fortpflanzungsperioden pro Jahr: eine

    Nachkommen pro Periode: 3 bis 6

    Höchstalter: 14 Jahre

    Bundesweiter Gefährdungsgrad (Rote Liste): nicht gefährdet

    Volkstümlicher Name: Fuchs, Reineke Fuchs

  • Beobachtungstipps

    Den Rotfuchs trifft man das ganze Jahr über an. Er bewegt sich in nahezu allen Lebensräumen wie etwa Wäldern, Äckern, Grasland, aber auch in Siedlungsgebieten.

    Hochsprung aus dem Stand | Beim »Mausen« jagt der Fuchs Mäuse oder andere kleine Tiere im Schnee oder hohen Gras.

In den letzten Jahrzehnten haben Rotfüchse dank ihrer hoch entwickelten Problemlösefähigkeit auch zunehmend den Weg in unsere Siedlungen gefunden. Allein in Berlin leben mittlerweile an die 15 000 von ihnen. So gibt es in Städten mancherorts 10- bis 15-mal mehr Füchse als im ländlichen Raum. Hier finden die Allesfresser Essensreste in Mülltonnen, viele Mäuse und Ratten, Regenwürmer oder Fallobst in Gärten. Unter Gebäuden oder in trockenen Abwasserrohren lässt sich eine bequeme Behausung für ihre Jungenaufzucht einrichten. Andernorts graben sie einen metertiefen Bau als Kinderstube. Oft beziehen Rotfüchse auch verlassene Dachsbauten – oder sogar bewohnte. So kann es vorkommen, dass Dachse und Füchse zusammen in einem Bau ihre Jungen aufziehen. Aufzuchtgemeinschaften mit Kaninchen oder Brandgänsen sind ebenfalls nachgewiesen. Den vermeintlichen »Fuchsleckerbissen« kann nichts passieren: Im Bau haben die Raubtiere eine Beißhemmung. So halten sie Burgfrieden. Füchse sind in ihrem Sozialverhalten sehr flexibel. Es gibt Einzelgänger, monogame Duos, aber auch kleinere Gruppen mit bis zu zehn Individuen. Letztere findet man meist in Stadtgebieten, wo es für sie genügend Nahrung gibt.

Der Rotfuchs | Roter Pelz, buschiger Schwanz, schwarze »Stiefel«: Der Fuchs ist eine ikonische Erscheinung.

Mit seinem markanten rostroten Fell, dem buschigen Schwanz samt weißer Spitze und den schwarzen »Stiefeln« ist der Rotfuchs nicht nur in freier Wildbahn, sondern auch in der Kulturgeschichte vieler Völker eine ikonische Erscheinung. Die Bezeichnung »Reineke« geht auf ein lateinisches Gedicht aus dem Jahr 1150 zurück. Im Mittelalter verbreiteten sich verschiedene Geschichten um »Reineke Fuchs«, und später griffen Schriftsteller wie Johann Christoph Gottsched und Johann Wolfgang von Goethe das Motiv auf. Der Fuchs wird in den Werken als unehrlich, rachsüchtig, widerspenstig und listig beschrieben. Noch bis ins 20. Jahrhundert stellte man ihn vorrangig negativ dar, etwa in Grimms Märchen oder im Kinderlied »Fuchs, du hast die Gans gestohlen«. Heute überwiegt hingegen das positive Bild des schlauen Fuchses oder des »Schlaufuchs-Seins«. Denn tatsächlich sind einige Strategien des Überlebenskünstlers wahrlich »ausgefuchst«: So können sie sich zum Beispiel tot stellen, um als vermeintliches Aas Rabenvögel anzulocken, welche sie dann in einem geeigneten Moment blitzschnell erbeuten.

Dennoch werden etwa 450 000 Füchse pro Jahr in Deutschland erlegt – und das, obwohl verschiedene Studien zeigen, dass sich ihre Populationsgröße durch Nahrungsangebot und Sozialstrukturen selbst regulieren würde.

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