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Lexikon der Astronomie: Fermionenstern

Fermionensterne (engl. fermion stars) sind kompakte Objekte, die nur aus Fermionen bestehen. Gelegentlich sprechen Astrophysiker auch von Fermionenbällen. Theoretische Astrophysiker interessieren sich für Fermionensterne, weil sie Alternativen zu normalen Sternen oder schweren kompakten Objekten darstellen. Gravitationsforscher wollen vor allem wissen, ob Fermionensterne insbesondere als Alternative zu Schwarzen Löchern in Frage kommen. Die astronomischen Beobachter versuchen Eigenschaften der kompakten Objekte wie Radius oder Masse zu bestimmen. Ein Vergleich mit dem Zoo der kompakten Objekte verrät ihnen dann, ob sie im vorliegenden Fall beispielsweise einen Weißen Zwerg, einen Neutronenstern, ein Schwarzes Loch, einen Bosonenstern oder einen Fermionenstern entdeckt haben.

stabilisierender Quantendruck

Es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen Bosonen und Fermionen – das ist die Kernaussage des Spin-Statistik-Theorems: Fermionen unterliegen dem Pauli-Prinzip. Es besagt, dass zwei Fermionen nicht denselben Zustand besetzen können (d.h. sie dürfen nicht in allen Quantenzahlen übereinstimmen). Genau dieser Sachverhalt stellt einen nur quantentheoretisch zu verstehenden Druck zur Verfügung – den Entartungsdruck. Dieser stabilisiert die Neutronensterne bis zu einer gewissen Massenobergrenze – die Neutronen im Innern des Neutronensterns sind ja Fermionen mit Spin 1/2.

Oppenheimer-Volkoff-Masse

Im klassischen und einfachsten Neutronensternmodell, in dem tatsächlich nur Neutronen betrachtet werden, die außerdem nicht miteinander wechselwirken, resultiert die so genannte Oppenheimer-Volkoff-Grenze. Sie besagt, dass solche stark vereinfachten Neutronensterne maximal 0.7 Sonnenmassen schwer und knapp 20 Kilometer im Durchmesser sein können. Kompliziertere Modelle, die in der Folgezeit entwickelt wurden und sicherlich näher an den Neutronensternen in der Natur liegen, erlauben deutlich schwerere Neutronensterne – bis maximal ungefähr drei Sonnenmassen. Einzelheiten zu diesem aktuell immer noch brisanten Forschungsgebiet werden im Eintrag Neutronenstern vorgestellt.

Sternexoten

Es ist in der theoretischen Astrophysik durchaus diskussionswert, das Oppenheimer-Volkoff-Modell zu verallgemeinern und zu fragen, ob beispielsweise Neutrinosterne ein plausibeles Sternmodell sind. Andere Möglichkeiten bei den Fermionensternen bieten die fermionischen, supersymmetrischen Partner, z.B. Neutralinos (Neutralinostern) oder Gravitinos (Gravitinostern). In erster Näherung sind Abschätzungen für Masse und Radius dieser exotischen Objekte mit dem Oppenheimer-Volkoff-Modell durchführbar.

Fermionenball in M87?

Setzen wir doch einmal das schwerste, beobachtete supermassereiche Schwarze Loch in M87 an. Dieses Superloch hat etwa drei Milliarden Sonnenmassen, die wir als Oppenheimer-Volkoff-Grenzmasse MOV einsetzen (Gleichung zu finden unter Oppenheimer-Volkoff-Grenze). Für einen fermionischen Entartungsfaktor g = 2 finden wir eine notwendige Fermionenmasse von ca. 15 keV; bei g = 4 reduziert sie sich zu etwa 11 keV. Diese Masse schließt zumindest einen Neutrinostern aus, weil Neutrinos viel leichter sind (~ wenige eV).

Fermionenstern, Bosonenstern oder doch Schwarzes Loch?

Vergleicht man Fermionenbälle und Bosonenbälle, so scheinen mit den derzeit kursierenden Modellen, die Fermionenbälle durchaus konkurrenzfähig mit einigen Kandidaten für Schwarze Löcher zu sein, weil sie recht kompakt sein können. Allerdings ist es nicht möglich, die komplette Massenskala der kosmischen Schwarzen Löcher von 10 bis 10 Milliarden Sonnenmassen konsistent nur durch Fermionensterne zu erklären. Es scheint, als kommt die moderne Astrophysik auch in dieser Hinsicht nicht ohne klassische Schwarze Löcher aus.

  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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