Lexikon der Ernährung: Sterilisation
Sterilisation, Sterilisierung, Entkeimung, Esterilisation, (lat. sterilis, unfruchtbar), Abtötung aller vermehrungsfähigen Mikroorganismen einschließlich der Sporen. Als Haltbarmachungsverfahren werden Sterilisationsverfahren angewandt, die entweder auf der Wirkung von trockener oder feuchter Hitze oder auf der von ionisierender Strahlung (Lebensmittelbestrahlung) beruhen.
Bei der Hitzesterilisation, die sowohl im Haushalt als auch im industriellen Maßstab erfolgen kann, müssen zur Abtötung der bakteriellen Endosporen Temperaturen zwischen 115–135 °C (vgl. Pasteurisieren) über eine bestimmte Zeit auf das Lebensmittel einwirken. Doch auch auf diesem Wege wird i. d. R. keine völlige Sterilität erreicht (Kennzahlen: D-Wert, F-Wert), sondern ein als „kommerzielle Sterilität“ bezeichneter Zustand, der die Abwesenheit pathogener und toxinbildender Keime voraussetzt und in dem die verbleibenden, z. T. subletal geschädigten Keime sich unter normalen Lagerbedingungen nicht vermehren. Im Haushalt werden die zu sterilisierenden Lebensmittel in Gläsern oder Dosen im Wasserbad oder im Backofen auf einem mit Wasser gefüllten Backblech für einen bestimmten Zeitraum erhitzt. Im industriellen Maßstab kann die S. durch direkte oder indirekte Erhitzung unverpackter, flüssiger oder breiiger Lebensmittel wie Getränke, Puddings oder Desserts oder bei stückigen Lebensmitteln wie z. B. Obst und Gemüse bereits abgefüllt in Konserven im Autoklaven erfolgen.
Bei der indirekten Erhitzung in Röhren- oder Plattenwärmeaustauschern werden die Lebensmittel durch dünne Röhren oder in dünner Schicht über Platten geleitet, die im Gegenstromverfahren mit Wasserdampf erhitzt werden. Bei der direkten Erhitzung wird entweder Wasserdampf in das Produkt eingespritzt (Dampfinjektion, z. B. angewandt bei UHT-Milch, Ultrahocherhitzung) oder das Produkt wird in den heißen Dampf eingespritzt (Dampfinfusion). Die auf diese Weise getrennt vom Behälter sterilisierten Lebensmittel müssen anschließend unter aseptischen Bedingungen in sterilisierte Packungen gefüllt werden.
Ernährungsphysiologische Beurteilung: Ziel aller Verfahren ist es, unter möglichst großem Erhalt der sensorischen und ernährungsphysiologischen Qualität, die im Lebensmittel enthaltenen Mikroorganismen abzutöten, um bei langer Haltbarkeitsdauer Verderbnisreaktionen und Lebensmittelvergiftungen zu verhindern. Die optimalen Zeit- und Temperaturbedingungen sind dabei für jedes Lebensmittel unterschiedlich, grundsätzlich ist jedoch eine kurze Erhitzung auf hohe Temperaturen bei gleichem mikrobiologischen Abtötungseffekt schonender als eine längere Erhitzung auf niedrigere Temperaturen. Als Leitsubstanz für die ernährungsphysiologischen Qualitätsverluste gilt der Abbau von Thiamin. Die Bildung sensorisch störender Nebenprodukte wird anhand der Menge des entstandenen 5-Hydroxymethylfurfurals gemessen.
Die S. von Obst und Gemüse führt zu z.T. erheblichen Vitaminverlusten, wobei die Angaben in der Literatur stark schwanken. Die Verluste an Thiamin, Vitamin C und Folsäure betragen bei verschiedenen Gemüsekonserven durchschnittlich 69, 64 bzw. 61 %, wobei die Vitamine in sauren Produkten wie Tomatenkonserven deutlich besser erhalten bleiben. Auch in Fruchtsäften oder Obstkonserven mit niedrigem pH-Wert und hohem Citratgehalt sind die Vitamin C Verluste relativ gering. Bei der S. von Milchprodukten können neben großen Einbußen an Vitamin C, Thiamin, Cobalamin und Folsäure auch erhebliche Lysinverluste entstehen. Weiterhin treten beim Sterilisieren Veränderungen in Farbe (z. B. rötliche Verfärbung mancher Obstarten durch Umwandlung farbloser Leucoanthocyanine in rote Anthocyanine) und Textur (starkes Erweichen vieler Obstarten, Zäh- und Faserigwerden von Fisch und Fleischprodukten) der Lebensmittel auf, die z. T. dazu führen, dass manche Produkte grundsätzlich nicht für das Sterilisieren geeignet sind.
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