Lexikon der Neurowissenschaft: Actin
Actins [von latein. actio = das In-Bewegung-Setzen], Aktin, Eactin, ein Strukturprotein, das in allen eukaryotischen Zellen am Aufbau des Zellskeletts, an der Signalübertragung (Signaltransduktion) durch Zellmembranen (Membran) sowie an der Erzeugung verschiedener Formen von Zellbewegung beteiligt ist und einen bedeutenden Anteil am zellulären Gesamtprotein ausmacht (in Leberzellen 1-2%, in amöboid beweglichen Zellen bis zu 17%, in Säugermuskeln bis zu 25%). Die Familie von Actin-Genen umfaßt in Säugern sechs äußerst konservierte Mitglieder, die durch Genduplikation entstanden sind. Entsprechend ihren Funktionen in der Zelle unterteilt man sie in zwei Gruppen: die namentlich am Aufbau der Muskulatur (Myofibrillen) beteiligten α-Actine und die cytoplasmatischen β-Actine und γ-Actine. In den meisten Organismen und Zelltypen werden mehrere dieser Actine gleichzeitig ausgebildet. Actin wird als monomeres G-Actin (globuläres Actin) synthetisiert, besteht aus einer einzigen Polypeptidkette mit einer relativen Molekülmasse von 40000 bis 45000 (je nach Spezies und Actin) und wird in den meisten Zellen durch Acylierung des Aminoterminus und durch Methylierung eines der Histidine modifiziert. Die G-Actin-Monomere zeigen eine deutliche Polarität. An ihrer Plus-Seite vermögen sie ein Kation, entweder Ca2+ oder Mg2+, und ein Molekül ATP (Adenosintriphosphat) oder ADP mit hoher Affinität zu binden. Bei Anwesenheit von K+- oder Mg2+-Ionen polymerisieren die Monomere in vitro spontan unter Hydrolyse von ATP zu F-Actin (filamentäres Actin), perlschnurartigen Doppel-Ketten, wobei die zwei Ketten von Actin-Untereinheiten helical zueinander verdreht sind. Durch die Polarität der Actin-Untereinheiten ergibt sich so ein Filament mit einer eingebauten Polarität, die sich in einer unterschiedlichen Polymerisierungsgeschwindigkeit der beiden Enden widerspiegelt. Unter den physiologischen Bedingungen der Zelle wird der Grad der Polymerisation und Depolymerisation des Actins durch eine Reihe Actin-bindender Proteine gesteuert. – In tierischen Zellen sind Actine, gewöhnlich in Zusammenwirkung mit Myosinen, entscheidend an der Erzeugung intrazellulärer Bewegungsvorgänge beteiligt. Zudem spielen sie bei der Bildung von Kontaktstrukturen zwischen Zellen und bei der Adhäsion an Substrate (Zelladhäsion) eine wichtige Rolle. Die Steuerung der Actindynamik durch Signaltransduktionsketten wurde an Fibroblasten genauer untersucht ( siehe Abb. 1 ). Hier werden durch rezeptorvermittelte Signalwege (angeregt z.B. durch PDGF) innerhalb von 30 Minuten zwei mit Chemotropismus zusammenhängende Reaktionen des Actinskeletts aktiviert: 1) die Ausbildung von Lamellopodien in Richtung des Signals (sogenanntes ruffling), wobei Actin am Außensaum des Lamellopodiums polymerisiert, an dessen Basis jedoch abgebaut wird (treadmilling); 2) die Bildung langer Actinbündel von der Zellmitte in Bewegungsrichtung, die für Adhäsion und Zusammenhalt der Fibroblasten wichtig sind (sogenannte stress fibers). Die einzelnen Schritte der entsprechenden Signalübertragungswege werden durch kleine GTPasen (Guanosintriphosphatasen) wie Rho, Ras und Rac ausgelöst. Rho steht in Wechselwirkung mit einem Myosin und steuert so die Bildung der stress fibers. Parallel wird über die Inositol-3-phosphat-Kaskade (IP3) die Bindung des Actin-bindenden Proteins Profilin an G-Actin gelöst und so die Polymerisation von G-Actin zu F-Actin freigegeben. Dies gilt als entscheidender Schritt für die chemotropische Ausrichtung der Lamellopodien amöboider Zellen. – In jungen Nervenzellen findet man Actinfilamente vor allem im Wachstumskegel von auswachsenden Axonen, später in der Entwicklung ist Actin vor allem in den Dornen von Dendriten konzentriert ( siehe Abb. 2 ).
Actin
Abb. 1: Modell zur Steuerung der Actindynamik (ruffling und stress fibers) in Fibroblasten nach Zugabe des platelet derived growth factor (PDGF)
Actin
Abb. 2:
1 Das Zellskelett einer jungen Nervenzelle in Kultur zeigt Actinfilamente in den Wachstumskegeln der Fortsätze.
2 Das Actincytoskelett reifer Nervenzellen in Kultur. Die untere Abbildung zeigt einen Ausschnitt (Kasten) der oberen. Actinfilamente sind in den Dornen der Dendriten (Pfeile) angereichert. Axone (Pfeilspitzen) enthalten in diesem Stadium weniger Actin.
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