Lexikon der Neurowissenschaft: evolutionäre Psychologie
evolutionäre Psychologiew, Eevolutionary psychology, Richtung der Psychologie, die jede menschliche Verhaltensweise auf einen stammesgeschichtlichen Ursprung zurückführt und ihren Einfluß auf die Überlebensfähigkeit des Individuums betont. Evolution.
Die evolutionäre Psychologie (Evolutionspsychologie, Darwinsche Psychologie) ist eine Synthese von Psychologie und Evolutionsbiologie (Evolution), die speziell den menschlichen Verstand und sein Gehirn aus evolutionärer Perspektive untersucht (Bewußtsein, Denken, Geist und Gehirn). Grundfragen der evolutionären Psychologie sind, basierend auf K. Lorenz, N. Tinbergen, I. Eibl-Eibesfeldt, nach David M. Buss: 1) Warum ist der Verstand so und nicht anders, welche kausalen Prozesse haben ihn kreiert und geformt? 2) Wie ist der menschliche Verstand beschaffen, welches sind seine Mechanismen oder Komponenten und wie sind diese organisiert? 3) Welches sind seine Funktionen? Wofür wurde er geschaffen? 4) Wie interagiert die aktuelle, speziell die soziale Umgebung mit dem Verstand zusammen, um zu beobachtbarem Verhalten zu führen? (Ethologie). Der fundamentale Unterschied zur Darwinschen Anthropologie, einer benachbarten humansoziobiologischen Richtung, besteht darin, daß die evolutionäre Psychologie viel größeren Wert auf den Unterschied zwischen der "Umwelt der evolutionären Angepaßtheit" (E environment of evolutionary adaptedness) und der heutigen Umwelt des Menschen legt. Die Darwinschen Anthropologen vertreten die Auffassung, daß Gesellschaften und Kulturen der Menschen lediglich neue komplexe Techniken und Tricks genegoistischer Mechanismen sind, die immer noch der Fitnessmaximierung dienen. Gene (Gen) und Kultur werden von einer elastischen, aber unzerreißbaren Leine zusammengehalten. Es macht dagegen aus Sicht der Evolutionspsychologen keinen Sinn, bei rezenten Kulturen Zusammenhänge zwischen Verhalten und Fortpflanzungserfolg messen zu wollen. Sinnvoll untersuchen ließen sich nur die evolvierten geistigen Mechanismen, die unserem Verhalten zugrundeliegen. Diese spiegelten jedoch Anpassungen an frühere, nicht an heutige Bedingungen wider. Die evolutionäre Psychologie ist als Disziplin im Werden begriffen. So gibt es z.B. unterschiedliche Auffassungen über die Feingliedrigkeit, mit der psychologische Mechanismen für die Bewältigung der vielfältigen Alltagsprobleme ererbt sind. MacDonald etwa geht von einem limitierten Set an Wahrnehmungs- und Verhaltenstendenzen aus, die unser Wahrnehmen und Verhalten in mehr allgemeiner Weise lenken (E evolved motive dispositions).
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