Lexikon der Ernährung: Ahornsirup-Krankheit
Ahornsirup-Krankheit, Leucinose, Verzweigtketten-Ketonurie, Emaple syrup urine disease = MSUD; leucinosis; branched-chain ketoaciduria = BCKA, autosomal rezessiv erbliche Stoffwechselerkrankung mit heterogenem klinischem und molekularbiologischem Erscheinungsbild. Die A. wurde erstmals 1954 beschrieben von J.H. Menkes et al. Ursache ist ein Defekt beim Abbau der verzweigtkettigen Aminosäuren L-Leucin, L-Isoleucin und L-Valin (Abb.). Der 2. Reaktionsschritt, die oxidative Decarboxylierung der Keto-Analoga, ist blockiert (Verzweigtketten-α-Ketosäuredehydrogenase-Komplex); die Konzentration der Keto- und Hydroxysäuren und, da die Transaminierung reversibel ist, der Aminosäuren einschließlich des L-Isoleucin-Isomers L-Alloisoleucin in den Körperflüssigkeiten (Blut, Harn, Cerebralflüssigkeit) steigt auf das >10fache des Normwertes an. Die aus L-Leucin gebildete α-Ketoisocapronsäure ist neurotoxisch; sie gilt als ursächlich für die Enzephalopathie bei unbehandelter A. Ketoisovaleriansäure und Keto-3-Methylvaleriansäure verursachen auch bei hohem Serumspiegel keine Krankheitssymptome; zur Beurteilung der Stoffwechseleinstellung dienen deshalb ausschließlich Leucin und Metaboliten.
A. kommt in allen ethnischen Gruppen vor; die Inzidenz wird mit 1 : 120.00–1 : 500.000 angegeben (Europa: ca. 1 : 200.000); Pränataldiagnostik ist möglich. Intrauterin treten keine Schäden auf; das Neugeborene ist phänotypisch gesund.
Man unterscheidet drei Varianten der A.:
klassische A., Eclassical branched-chain ketoaciduria, MSUD: Die Störung manifestiert sich klinisch ab dem 3.–5. Lebenstag mit Lethargie, Trinkschwäche, Zeichen eines Hirnödems und dem typischen Geruch von Körper und Harn (Name!). Die Aminosäureanalyse von Serum und Harn erhärtet die Diagnose. Die Akuttherapie besteht in Bluttransfusion oder Peritonealdialyse und Infusion von Glucose, Lipiden und Insulin; Proteinkatabolismus muss vermieden werden.
Ernährungstherapie: Die strikte Einhaltung einer leucin-, isoleucin- und valinarmen Spezialdiät ist unverzichtbar (Aminosäurenmischungen); ggf. werden kleine Mengen an L-Isoleucin und L-Valin zugesetzt. Die Toleranz wird durch regelmäßige Stoffwechselkontrolle ermittelt; sie liegt in den ersten beiden Lebensmonaten bei 60–100 mg Leucin / kg KG / d, später niedriger. Bei Diätbeginn in der ersten Lebenswoche erscheint die Prognose gut. Die Diätpraxis entspricht der bei Phenylketonurie (phenylalaninarme Diät); neuerdings stehen für Säuglinge leucin-, isoleucin- und valinfreie Fertignahrungen zur Verfügung, die in Kombination mit Muttermilch oder konventioneller Säuglingsmilchnahrung gegeben werden.
milde A., Eintermittent / mild MSUD: Die Restaktivität des Verzweigtketten-α-Ketosäuredehydrogenase-Komplexes von 2–40 % erhöht die Toleranz für verzweigtkettige Aminosäuren; bei einigen Patienten genügt eine eiweißarme Diät (Diätplan) aus natürlichen Lebensmitteln. Regelmäßige Stoffwechselkontrolle ist erforderlich.
Thiamin-abhängige A., E : thiamine-responsive A: Diese sehr seltene Form der A. wird mit pharmakologischen Dosen an Thiamin behandelt (20–200 mg / d), ggf. in Kombination mit der Beschränkung der verzweigtkettigen Aminosäuren in der Nahrung.
Ahornsirup-Krankheit: Blockade des Abbaus verzweigtkettiger Aminosäuren bei Ahornsirup-Krankheit. [mod. n. U. Wendel, Disorders of Branched-chain Amino Acid Metabolism. In: J. Fernandes et al., eds., Inborn Metabolic Diseases, Springer, Berlin-Heidelberg (1990) 265] Ahornsirup-Krankheit
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