Lexikon der Kartographie und Geomatik: kartographisches Zeichenmodell
kartographisches Zeichenmodell, E cartographic sign model, beschreibt für die kartographische Informationsverarbeitung zum einen die Zuordnung von Daten (kartographisches Datenmodell) und Zeichen (Kartenzeichen) auf der Grundlage des Prinzips der Objekt-Zeichen-Referenzierung. Ziel dieser Zuordnung ist die Ableitung von Karten. Zum anderen strukturiert das kartographische Zeichenmodell graphische Mittel zur Ausrichtung der entsprechenden Karten auf spezifische Situationen der Kartennutzung. Ziel der Anwendung dieser graphischen Mittel ist die Unterstützung der gedanklichen Verarbeitung von Informationen (kartographische Information) durch den Kartennutzer (Abb.).
Die Zuordnung von Daten und Zeichen ist in unterschiedlichem Umfang in einigen Kartenkonstruktionssystemen bzw. Kartographischen Informationssystemen implementiert. Sie basiert auf der Umsetzung von definierten Regeln zur kartographischen Abbildung von Objektattributen. Grundsätzlich lassen sich in diesem Bereich des kartographischen Zeichenmodells Regeln zur geometrisch-graphischen Reproduktion des Zustands von Objekten und Regeln zur geometrisch-graphischen Reproduktion der Beziehungen von Objekten sowie die hierfür erforderlichen Regelparameter unterscheiden (Tab.).
Regeln, die den Objektzustand betreffen, beschreiben erstens auf der Grundlage geometrischer Attributwerte (Attribut) die Abbildung der Stützpunkte, der Dimension und der Grundrissform von Objekten durch die Zeichen-Geometrie (vgl. Zeichendimension). Zweitens wird die Abbildung der substantiellen Attributwerte durch entsprechend wirkende ikonische Zeichen, symbolische Zeichen usw. festgelegt (vgl. auch Assoziation, Analogie, Konvention, Indexikalität).
Regeln zur Reproduktion von Objektbeziehungen beschreiben die Abbildung der Beziehungen von Objekten durch Beziehungen von Zeichen. Dabei werden erstens auf der Grundlage der euklidischen und topologischen Relationen von Objekten die projektiven und graphischen Merkmale von geometrischen Zeichenbeziehungen festgelegt (vgl. Zeichenmusters). Zweitens werden aufgrund der substantiellen Beziehungen von Objekten graphisch-visuelle Zeichenbeziehungen und die Graphischen Variablen Form, Richtung und Farbe zur Abbildung von nominalskalierten Objektbeziehungen, Helligkeit und Form zur Abbildung von ordinalskalierten Objektbeziehungen und Größe zur Abbildung von intervall- und ratioskalierten Objektbeziehungen abgeleitet (vgl. Skalierungsniveaus).
Für die konnotative Ausrichtung von Zeichen in Karten auf spezifische Nutzungssituationen werden im kartographischen Zeichenmodell die Zeichenelemente und graphischen Mittel zu deren Variation strukturiert, die nicht unmittelbar bedeutungstragend sind. Sie haben beispielsweise Funktionen der Signalassoziation, der Gliederung oder der Orientierung für die Wahrnehmung und gedankliche Verarbeitung kartographischer Informationen. Unterschieden werden dabei Ordnungselemente und syntaktische Elemente in kartographischen Zeichen.
Als Ordnungselemente wirken 1. graphische Elemente, die die eigentliche Zeichenrepräsentation aufgrund von allgemein bekannten graphischen Eigenschaften bzw. in Zusammenhang mit bestimmten Wahrnehmungsbedingungen durch Redundanz unterstützen. Solche graphischen Elemente sind beispielsweise Konturen, die eine Farbfläche zusätzlich begrenzen, oder Fondtöne zur Abgrenzung inhaltlich nicht erfasster Gebiete. 2. Wirken als Ordnungselemente indexikalische Elemente, die bestimmte Zeichenzustände oder Zeichenbeziehungen gegenüber anderen Zeichenzuständen und Zeichenbeziehungen visuell hervorheben. Beispiele hierfür sind die zurückhaltenden Farben einer topographischen Basiskarte, die eine thematische Darstellungsschicht von dieser deutlich trennt (vgl. Kartenschichtung) oder die hinweisende Farbe einer Flächennutzungskategorie, die inhaltlich eng mit einer thematischen Informationsschicht verknüpft ist (vgl. Indexikalität).
Als syntaktische Elemente in kartographischen Zeichen wirken 1. indexikalische Figuren, die aufgrund von allgemein bekannten Signalassoziationen Objekte oder Objektbeziehungen in kartographischen Medien graphisch zusätzlich kennzeichnen und damit der gedanklichen Verarbeitung unmittelbar zugänglich machen. Das sind beispielsweise visuell hervortretende Farbtöne, eingrenzende Kreise oder kennzeichnende Pfeile, die auf solche Objekte hinweisen. 2. wirken als syntaktische Elemente ikonische Figuren, die aufgrund ihrer visuellen Eigenschaften die variable graphische Substanz für diejenigen Zeichenelemente bilden, welche unmittelbare Repräsentationsfunktion haben. Beispiele für ikonische Figuren sind einerseits Farbverhältnisse und Formeigenschaften sowie qualitative, ordnende und quantitative Eigenschaften von Zeichenreihen und andererseits Schatteneffekte, Figur-Grund-Unterscheidungen sowie Übergangseffekte zwischen punkt-, linien- und flächenförmigen Zeichen. Signalisierende, gliedernde und orientierende Funktionen von kartographischen Zeichen werden dabei durch gezielte Variation ikonischer Figuren im Rahmen des von den Regeln zur Daten-Zeichen-Zuordnung vorgegebenen Variationsspielraumes erreicht.
Die Zuordnung dieser nicht unmittelbar bedeutungstragenden Elemente in kartographischen Zeichen auf der Grundlage konkreter Kartenfunktionen, Nutzungssituationen und Nutzermerkmalen ist im Modell der kartographischen Arbeitsgraphik näher beschrieben (vgl. Zeichenmodell, kartographisches Zeichensystem).
PTZ
Literatur: [1] BERTIN, J. (1974): Graphische Semiologie. Berlin, New York. [2] BOLLMANN, J. (1996): Kartographische Modellierung – Integrierte Herstellung und Nutzung von Kartensystemen. In: Schweiz. Ges. f. Kartographie. (Hrsg:) Kartographie im Umbruch – neue Herausforderungen, neue Technologien. Beiträge zum Kartographiekongress Interlaken 96. Bern, 35-55. [3] TAINZ, P. (1997): Kommunikationsansätze zur Präsentation kartographischer Bildschirminformation. – Beiträge zur kartographischen Informationsverarbeitung, Band 11, Trier.
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