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Lexikon der Astronomie: Photon

Ein alternativer Begriff für Photon ist Lichtteilchen. Photonen sind demnach 'Lichtpakete' die Quantencharakter haben.

Der Wegbereiter Maxwell

Etwas präziser gesagt ist ein Photon das Austauschteilchen, Feldquant oder Eichboson der elektromagnetischen Wechselwirkung. Vor dieser Erkenntnis im 20. Jahrhundert war die Auffassung, dass Licht aus klassischen Wellen besteht. Diese klassische (unquantisierte) Beschreibung gelang in der Elektrodynamik, die der schottische Physiker James Clerk Maxwell (1831 – 1879) im 19. Jahrhundert begründet hat. Er fand vier Gleichungen, die elektrische Felder in Beziehung setzen zu Magnetfeldern: die Maxwellschen Gleichungen. Die Felder werden mathematisch als Dreiervektoren beschrieben. Die Maxwell-Gleichungen kann man entweder in integraler oder in differenzieller Form notieren.
Aus den vier Maxwell-Gleichungen kann man mit relativ wenig mathematischem Bemühen eine Wellengleichung ableiten. Das ist gerade die Bewegungsgleichung der elektromagnetischen Welle ist. Aus der Maxwell-Theorie folgt, dass sich diese Welle mit der Lichtgeschwindigkeit c fortpflanzt. In die Wellengleichung kann man die Komponenten des Magnetfeldes, des elektrischen Feldes und deren Potentiale (magnetisches Vektorpotential, elektrisches Potential) einsetzen. Im Rahmen der klassischen Elektrodynamik ist Licht eine unendlich ausgedehnte elektromagnetische Welle, die sich auch im Vakuum ausbreiten kann. Im strengen Sinne ist dies noch kein Photon, weil es nicht diskret, sondern kontinuierlich ist.

Lichtquantenhypothese

Von der klassischen Welle zum Lichtquant

Den nächsten entscheidenden Beitrag lieferte um 1900 der Physiker Max Planck (1858 – 1947). Er deutete – in einem 'Akt der Verzweiflung' wie er es umschrieb – die Wärmestrahlung von Körpern bestimmter Temperatur (Schwarze Körper) mit kleinen Oszillatoren, die diskrete Energiezustände einnehmen können. Daraus folgte die berühmte Plancksche Strahlungsformel.
Doch erst Albert Einstein (1879 – 1955), der Begründer der Relativitätstheorie, war mutig genug, Plancks Diskretisierung viel allgemeiner zu sehen: Einstein postulierte die Lichtquanten. Die elektromagnetische Strahlung solle für jede Strahlungsenergie quantisiert sein. Sie könne nur Vielfache des Planckschen Wirkungsquantums annehmen (siehe Gleichung unten). Mit dieser Hypothese deutete Einstein in seinem Wunderjahr 1905 erfolgreich den Photo-Effekt, also die Fähigkeit von Licht Elektronen aus einer Oberfläche zu schlagen. Quantisierung war noch kein allgemein akzeptiertes Phänomen, weshalb die Deutung des Franck-Hertz-Versuchs mit Lichtquanten bahnbrechend war. Für diese Lichtquantenhypothese erhielt Einstein 1921 den Nobelpreis für Physik. In gewisser Weise muss Einstein deshalb als Mitbegründer (nicht als Gegner, wie fälschlicherweise oft zu lesen ist!) der Quantentheorie angesehen werden. Das, was in später von der Quantentheorie abschreckte, war die Wahrscheinlichkeitsinterpretation und im Speziellen die Kopenhagener Deutung ('Gott würfelt nicht!').

Farbe gibt's nur in Häppchen

Die Photonenenergie ist quantisiert. Je nach seiner kinetischen Energie, die man als Strahlungsenergie identifiziert, tritt das Photon (aufsteigend mit zunehmender Energie) als Radioquant, Mikrowellenquant, Infrarotquant, optisches Quant, Ultraviolettquant, Röntgenquant oder Gammaquant in Erscheinung. Die Lichtenergie ist gerade ein Maß für die Farbe. Die Energie des Quants E berechnet sich aus der Strahlungsfrequenz ν oder Wellenlänge λ, wobei h eine fundamentale Naturkonstante ist: das Plancksche Wirkungsquantum, mit der Einheit einer Wirkung (Energie × Zeit, also Joulesekunden im SI):

h = 6.62608 × 10-34 Js

An der Gleichung oben rechts sieht man also direkt die Quantelung des Lichts, also Portionierung in diskrete 'Energiepakete', nämlich in Vielfachen von h. Im modernen Sprachgebrauch sind solche Lichtpakete bereits Photonen.

Ursprung des Begriffs Photon

Die Bezeichnung Photon wurde erst 1926 von dem US-amerikanischen Chemiker Gilbert Newton Lewis (1875 – 1946) erfunden. Er schrieb (Nature 118, 874, 1926):

I therefore take the liberty of proposing for this hypothetical new atom, which is not light but plays an essential part in every process of radiation, the name photon.

Wie aus dem Zitat hervorgeht, meinte Lewis mit Photon zunächst nicht das Lichtquant, sondern ein neues, hypothetisches Teilchen. Während sich seine neue Hypothese nicht durchsetzte, blieb der Begriff des Photons und setzte sich als Bezeichnung für das Lichtquant durch. Schon 1930 benutzt Lewis die Begriffe Photonen und Lichtquanten explizit synonym (siehe seine Veröffentlichung mit dem Titel Quantum kinetics and the Planck equation, Phys. Rev. 35, 1533, 1930).
Der Begriff Photon passt wegen seiner griechischen Bedeutung, phos: 'Licht', hervorragend.

Quantenfeldtheorie des Lichts

Anfang des 20. Jahrhunderts war der Siegeszug der Quantentheorie nicht aufzuhalten: Viele Physiker trieben die neue quantisierte Theorie voran und fanden andere physikalische Größen (Teilchenspin etc.), die ebenfalls quantisiert sind. Schließlich wurde die Quantenelektrodynamik (QED) entwickelt. Sie war die erste erfolgreich formulierte Quantenfeldtheorie von allen. Die QED hat eine relativ einfache Gruppenstruktur und basiert auf der unitären Symmetriegruppe U(1).
Anschaulich kann man sich den Austausch von Photonen in Feynman-Diagrammen vorstellen. Wenn elektrische Ladungen miteinander wechselwirken werden virtuelle Photonen ausgetauscht, die so kurzlebig sind, dass sie nicht direkt nachgewiesen werden können. Photonen koppeln immer an elektrische Ladungen: sie sind die 'Botenteilchen' oder Austauschteilchen der elektromagnetischen Wechselwirkung.

Eigenschaften des Photons

Eine wichtige Eigenschaft des Photons ist, dass es Ruhemasse null hat und deshalb überhaupt die Lichtgeschwindigkeit c erreichen kann. Teilchen mit endlicher Ruhemasse werden nämlich durch einen kinematischen Effekt der Spezielle Relativitätstheorie am Erreichen von c gehindert (siehe auch Tardyon). Dies wird häufig – auch in vielen Physik-Lehrbüchern – etwas unglücklich mit 'relativistischem Massenzuwachs' bezeichnet. Es ist jedoch nicht die Masse, die anwächst, sondern der Impuls! Treffender wäre also der Begriff 'relativistische Impulszunahme'. Die Konsequenz der Tatsache, dass sich Photonen mit c bewegen, ist faszinierend: Photonen altern nicht! Der Lorentz-Faktor (siehe dazu Lorentz-Transformation) divergiert im Falle v = c: die Zeitdilatation wird daher unendlich und die Längen- oder Lorentz-Kontraktion geht gegen null! Alle Luxonen unterliegen diesem Effekt 'ewiger Jugend'. Die Kosmetikindustrie hat leider noch keine Möglichkeit gefunden, sich dies zunutze zu machen. Die Photonen leben also in einer zeitlosen Welt.
Weiterhin besitzen Photonen Spin 1 und gehören deshalb zur Teilchengruppe der Bosonen. Sie unterliegen nicht dem Pauli-Prinzip, d.h. beliebig viele Photonen können denselben quantenmechanischen Zustand bevölkern (siehe auch Spin-Statistik-Theorem). Das ermöglicht z.B. erst den Laser, weil sich hier viele Photonen im gleichen Zustand aufhalten. Photonen zählen wegen der Spin-1-Eigenschaft zu den intermediären Vektorbosonen: Vektorbosonen haben Spin 1; intermediär sind alle Austauschteilchen. Man sagt auch: Photonen sind die Eichbosonen der elektromagnetischen Wechselwirkung.
Außerdem ist das Photon selbst elektrisch neutral, farbungeladen und punktförmig wie die Quarks und Leptonen, d.h. es weist keine weitere Substruktur oder Zusammensetzung auf.

Boten aus der Tiefe des Weltraums

Die Photonen sind die wesentlichen Informationsträger der Astronomie, tragen sie doch über Milliarden von Lichtjahren hinweg die Informationen astrophysikalischer Objekte (verschlüsselt in ihrer Energie, Richtung, Anzahl, Polarisation) bis zu unseren Strahlungsdetektoren auf der Erde. Die Astronomie hat sich je nach Energiedomäne der Photonen verzweigt in Radioastronomie, Infrarotastronomie, dem Archetypus der optischen Astronomie, Röntgen- und Gammaastronomie. Jede Teildisziplin hat ihre besonderen Messtechniken. Die CCD-Kameras, im Prinzip eine riesige Digitalkamera mit einem metergroßen Teleskop als gigantisches Objektiv, sind für alle Spektralbereiche empfindlich. CCDs beruhen gerade auf dem erwähnten Photo-Effekt, weil die auf den Pixeln auftreffenden Photonen elektrische Ströme aus Elektronen in jedem Pixel produzieren; diese Ströme werden verstärkt und in ein Bild umgewandelt. Eine Synthese bzw. Synopsis der gewonnenen CCD-Daten liefert dem Astronomen eine puzzleartig zusammengesetzte Vorstellung von kosmischen Objekten, das der theoretische Astrophysiker mit physikalischen Gesetzen zu erklären versucht.
Selbstverständlich sind neben den Photonen auch andere Teilchen hinzugekommen, die das Fenster ins Universum beträchtlich vergrößert haben. So bildet die Neutrinoastronomie ein modernes Betätigungsfeld, dass uns sogar aus bisher verborgenen Bereichen Informationen zukommen lässt. Zu diesen verborgenen Stätten gehört das Innere von Sternen, Supernovae-Explosionen und Hypernovae. Es ist zu erwarten, dass bald Akkretionsflüsse nahe kompakter Objekte und relativistische Jets dazukommen werden.
Die hochenergetischen Teilchen der kosmischen Strahlung (Protonen, α-Teilchen, Elektronen, Myonen etc.) erweitern die Palette der kosmischen Informationsboten.
Mit Spannung erwarten die Physiker, insbesondere die Relativisten, die experimentelle, direkte Messung von Gravitationswellen. Dabei handelt es sich um Störungen in den Krümmungen und Glättungen der Raumzeit, die sich ebenfalls gemäß der Allgemeinen Relativitätstheorie mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten sollen. Sie würden wertvolle Informationsträger sein, weil man mit ihnen sogar tiefer ins Universum blicken kann, als mit elektromagnetischer Strahlung. Denn Gravitationswellen passieren die elektromagnetische Barriere der kosmologischen Rekombinationsepoche. Mit ihrer Hilfe könnten Astronomen vielleicht bis zum Urknall blicken!
Die Staubastronomie ist ein weiterer Bereich, in dem die Eigenschaften interstellaren und intergalaktischen Materials untersucht werden. Staub (engl. dust) bezeichnet in der Astronomie einfache bis komplexe Verbindungen mit Durchmessern von Bruchteilen eines Mikrometers bis etwa einem Mikrometer. In erdnahen Regionen (Sonnensystem) ist das direkte Studium von Staubteilchen möglich (siehe Zodiakallicht), in fernen Regionen wird indirekt auf den Staub mithilfe sekundärer Teilchen, wiederum den Photonen, geschlossen. Dies begründet sich durch die vielfältigen Reaktionen, die Photonen mit Staubteilchen eingehen (Streuung, Anregung zur Emission, Absorption, Extinktion).

Photonen verwandeln sich

Solange die Erhaltungssätze der Teilchenphysik erfüllt sind, können Photonen sich in andere Teilchen umwandeln. Ein bekanntes Beispiel ist die Paarbildung, wo aus Gammaphotonen Materie werden kann, nämlich z.B. Elektron und Positron. Welche Teilchenpaare materialisieren können, hängt von der Ausgangsenergie ab, die die Photonen mitbringen (siehe Reaktionsgleichung im Eintrag Penrose-Prozess).
Ein ähnlicher Vorgang bestünde in der Oszillation von Photonen in die hypothetischen Axionen. Axionen sind pseudoskalare Nambu-Goldstone-Bosonen, die die chirale Peccei-Quinn-Symmetrie der Quantenchromodynamik brechen. Dieser Primakoff-Mechanismus wäre von großem Belang für die Teilchenphysik und Kosmologie. Im Gegensatz zur Umwandlung in Leptonen, ist die Umwandlung in Axionen eine bisher nicht bestätigte Hypothese.

  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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