Lexikon der Biologie: Diffusion
Diffusionw [von latein. diffusio = Auseinanderfließen, Ausbreitung; Verb diffundieren], passiver Transport von Molekülen in Gasen, Flüssigkeiten oder Festkörpern entlang einem Konzentrationsgefälle (Gradient, Konzentration), der den Ausgleich von Konzentrationsunterschieden anstrebt ( vgl. Abb. ). Die Diffusion ist ein irreversibler Prozeß, der mit einer Zunahme der Entropie verknüpft ist und nur unter Arbeitsaufwand rückgängig gemacht werden kann. Sie ist ein wesentlicher Faktor bei vielen biologischen Prozessen, z. B. im intra- und interzellulären Stoff-Transport, im Wasserhaushalt und Elektrolythaushalt, beim Gasaustausch im Verlauf von Atmung und Photosynthese oder bei der Nährstoffaufnahme von Pflanzen. Treibende Kraft für den Transport ist die Energie, die durch die thermische Bewegung der Moleküle (Brownsche Molekularbewegung) entsteht, d. h., es wird keine Stoffwechselenergie für den Transport benötigt. Die Geschwindigkeit der Diffusion ist von einer Reihe von Faktoren abhängig, deren quantitative Beziehungen im Fickschen Diffusionsgesetz (Fick, A.) zusammengefaßt sind. Es besagt, daß die Anzahl der pro Zeiteinheit durch eine Fläche einer definierten Schichtdicke hindurchtretenden Moleküle direkt proportional der Konzentrationsdifferenz der Moleküle vor und hinter der Diffusionsbarriere und der Größe der Fläche, aber umgekehrt proportional der Diffusionsstrecke ist ( vgl. Infobox ). Der Proportionalitätsfaktor (Diffusionskoeffizient) ist vom Diffusionsmedium und von der Art des diffundierenden Moleküls (insbesondere von seiner relativen Molekülmasse) abhängig. Ist der diffundierende Stoff ein Gas, wird häufiger mit Partialdruckgefällen (Partialdruck) als mit Konzentrationsgradienten gerechnet, da hier die unterschiedlichen Diffusionsmedien, wie Luft und Wasser bzw. Gewebe, in denen zwar die Gaspartialdrücke, nicht aber die Gaskonzentrationen im Gleichgewicht übereinstimmen, zu betrachten sind. Der Diffusionskoeffizient wird in diesem Fall als Kroghsche Diffusionskonstante (Kroghscher Diffusionskoeffizient, Diffusionsleitfähigkeit; Krogh, S.A.S.) bezeichnet. Die beiden Atemgase (Blutgase) haben sehr unterschiedliche Diffusionsleitfähigkeiten. Kohlendioxid (CO2) diffundiert 20- bis 30mal schneller als Sauerstoff (O2). Aus dem Fickschen Diffusionsgesetz lassen sich die Bedingungen für eine Optimierung der Transportprozesse mittels Diffusion ableiten: z. B. möglichst dünne Diffusionsbarrieren mit möglichst großer Oberfläche und gegebenenfalls dem Anschluß von zu- und abführenden Transportsystemen, um die Konzentrations- bzw. Partialdruckdifferenzen groß zu halten. Die vielfältigen Strukturen der Atmungsorgane ebenso wie die mannigfaltigen Oberflächenvergrößerungen transportierender Epithelien (Verdauung) zeigen, wie derartige Optimierungen als Anpassungen entwickelt wurden. Von erleichterter Diffusion (erleichtertem Transport) spricht man, wenn Substanzen (z. B. D-Glucose, L-Aminosäuren) schneller durch die Zell-Membran (z. B. Erythrocytenmembran; Erythrocyten) gelangen, als über eine normale Diffusion zu berechnen wäre. Dieser Transportmechanismus (Membrantransport) basiert auf der Mithilfe eines in die Zellmembran integrierten Carrier-Proteins (Carrier), das mit der zu transportierenden Substanz einen Komplex bildet (analog einem Enzym-Substrat-Komplex; Enzyme), von dem die Substanz nach der Membranpassage wieder abdissoziiert (Dissoziation). Die erleichterte Diffusion zeigt demgemäß eine Sättigungscharakteristik, die auf die begrenzte Kapazität der Carrier-Moleküle zurückzuführen ist. Ferner kann diese Art der Diffusion mit aktiven Transportprozessen gekoppelt sein (aktiver Transport). Assimilattransport, Bodenentwicklung, Brownsche Molekularbewegung, Dialyse, Diffusionspotential, Grenzschicht, Hautatmer, Hormone, Ionentransport, irreversible Vorgänge, Kiemen, Körpergröße, Membranpotential, Multienzymkomplex, Niere, osmotischer Druck, Permeation, Resorption, Schlußleisten, Transpiration, Wasserstoff.
K.-G.C./M.B.
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