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Schwarze Löcher -Das dunkelste Geheimnis der Gravitation
Eigenschaften Schwarzer Löcher Schwarze Löcher verschlucken unter gewissen Bedingungen Strahlung und Materie. Die Punkte, wo es kein Zurück mehr gibt, bilden eine sphärische Region, die man Ereignishorizont (engl. event horizon) nennt. Es handelt sich dabei aber nicht um eine feste Oberfläche wie bei Sternen, sondern um eine an sich mathematisch definierte Grenzfläche (Nullfläche). An dieser Grenzfläche passieren jedoch eine Reihe von physikalischen Besonderheiten: Generell wird die Entweich- oder Fluchtgeschwindigkeit hier gerade der Vakuumlichtgeschwindigkeit c. Weil dies jedoch die Geschwindigkeitsobergrenze für Signale und Materie ist, wie Einstein in der Speziellen Relativitätstheorie gezeigt hat, muss ab dem Ereignishorizont alles im Schwarzen Loch verschwinden! Damit grenzt diese ausgezeichnete Fläche bei Schwarzen Löchern Ereignisse im Universum klar in zwei Bereiche ab: eine beobachtbare Zone, wo nämlich Ereignisse vor dem Horizont stattfinden und eine unbeobachtbare Zone, wo Ereignisse nach dem Horizont stattfinden. Horizonte und Kerr-Parameter Den Horizontradius kann man relativistisch exakt berechnen. Erstaunlicherweise liefert die viel einfachere Newtonsche (aber eigentlich inadäquate!) Berechnung dasselbe Ergebnis. Der Radius des Ereignishorizonts rH hängt vom Rotationszustand des Schwarzen Loches ab. Es ist sogar so, dass rotierende oder elektrisch geladene Löcher zwei Horizonte haben.
Die Abbildung oben stellt die beiden Extremfälle gegenüber: die Schwarzschild-Lösung (links) beschreibt
nicht rotierende, also statische, Schwarze Löcher. Rechts daneben ist die maximal rotierende Form eines Schwarzen Loches,
die extreme Kerr-Lösung, illustriert. In der Gegenüberstellung wurden gleiche Massen für die beiden Typen
Schwarzer Löcher angenommen. Man erkennt sofort, dass rotierende Löcher bei gleicher Masse offenbar kleiner sind als
ihr statisches Pendant. Der (äußere) Horizont ist in beiden Fällen exakt kugelsymmetrisch, aber im Kerr-Fall kleiner.
Rotation parametrisiert man in der Physik mit einem Drehimpuls. Bei rotierenden Schwarzen Löchern verwendet man den
spezifischen Drehimpuls (Drehimpuls/Masse) oder Kerr-Parameter a = J/Mc.
In der Theorie Schwarzer Löcher ist es üblich, die so genannten geometrisierten Einheiten
G = c = 1 einzusetzen, so dass der Kerr-Parameter in Einheiten der Masse M angegeben wird. Theoretiker setzen
manchmal sogar der Einfachheit halber auch die Masse eins, M = 1. Somit kann der Kerr-Parameter den Wertebereich von -1 bis
+1 durchlaufen.
In beiden Extremfällen, a = -1 oder a = +1, rotiert der Horizont am Äquator mit der halben Lichtgeschwindigkeit
(Bardeen, Press & Teukolsky 1972)!
An sich kann ein Schwarzes Loch jeden Wert von a im Bereich zwischen -1 und +1 annehmen; es gibt jedoch vermutlich
Einschränkungen, weil bei den beiden Extremwerten die Singularität (dazu gleich mehr) sichtbar wäre. Von außen
sichtbare Singularitäten sind allerdings nach der kosmischen Zensur (nach Roger Penrose) verboten. Es wurden
bislang zwei Grenzwerte vorgeschlagen, um sichtbare Singularitäten zu vermeiden: In den 1970er Jahren schlug der Relativist
Kip Thorne den Wert a = 0.998 vor (Thorne limit). Kürzlich wurde der Zahlenwert nach unten korrigiert: Der
Röntgenastronom Bernd Aschenbach (MPE) schlug auf der Basis von Beobachtungen quasi-periodischer
Oszillationen den Wert a = 0.996 vor (Aschenbach limit).
Die Kerr-Löcher haben eine Reihe besonderer Eigenschaften, die ihren statischen Pendants fehlt: So existieren im rotierenden
Fall zwei Horizonte: ein innerer und ein äußerer Horizont
(Definitionsgleichung). In der Regel meint man mit Ereignishorizont bei einem Kerr-Loch den
äußeren Horizont, weil er die Punkte ohne Wiederkehr enthält. Astronomisch ist diese äußere Zone wesentlich, die
den 'Anfang der Schwärze' markiert. Der innere Horizont heißt auch Cauchy-Horizont.
Geodäten können diese Nullfläche nur einmal schneiden. Anders gesagt: Was hereingeht, kommt niemals heraus! Der
Einfall in ein Schwarzes Loch ist eine Einbahnstraße. Die Relativisten und Astrophysiker nennen den Horizontradius der Schwarzschild-Lösung den Schwarzschildradius RS. Er hat immer den Wert von zwei Gravitationsradien. Benannt wurde der Radius und die Raumzeit selbst nach Karl Schwarzschild, einem deutschen Astrophysiker. Er fand bereits kurz nach der Veröffentlichung der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) Albert Einsteins im Jahre 1916 eine Lösung der Vakuumfeldgleichungen, die seither Schwarzschild-Lösung heißt. Sie beschreibt die Metrik, also die Raumzeit (eine vierdimensionale Mannigfaltigkeit), nicht rotierender und kugelsymmetrischer Schwarzer Löcher - oder allgemeiner gesprochen von Punktmassen.
Mit ansteigender Rotation des Schwarzen Loches hingegen, schrumpft der äußere Horizontradius, während sich ein
zusätzlicher innerer Horizont ausbildet. Der innere Horizont wächst mit zunehmender Rotation des Loches. Bei maximaler
Rotation liegen beide Horizonte bei nur einem Gravitationsradius: Innerer und äußerer Horizont fallen
zusammen. Entwicklung Schwarzer Löcher Einfallende Materie 'füttert' über Akkretion das Schwarze Loch. Das heißt die Gravitationskräfte des Loches ziehen alles in der Umgebung an. Betrachtet man ein Testteilchen, so hängt sein Schicksal von der genauen Größe der Gesamtenergie und des Drehimpulses ab. Das Teilchen kann gegebenenfalls wieder ins Unendliche entkommen oder in das Loch hineinfallen. Im letzten Fall sprechen Astrophysiker von Akkretion. Sie lässt das Loch durch Aufsammlung von Materie anwachsen und an Masse gewinnen. Dadurch wird es noch effizienter, weil der Horizontradius linear mit der Masse anwächst und damit der Einflussbereich des Loches wächst. Schwarze Löcher sammeln immer mehr Materie auf. Sie können aber auch Materie und Energie verlieren, z.B. indem sie Jets aus ihrer Rotationsenergie speisen, Teilchen Energie über Penrose-Prozesse entnehmen oder indem die Löcher Hawking-Strahlung emittieren. Letztendlich entscheidet eine Bilanz der Vorgeschichte des Lochs darüber, welche Masse und welchen Drehimpuls es hat. Im Würgegriff des Schwarzen Lochs
Studiert man Teilchenbahnen (zeitartige Geodäten) in den Raumzeiten Schwarzer
Löcher, so kann man mit einer kleinen Rechnung zeigen, dass die radiale Geschwindigkeit eines Teilchens
am Horizont immer gleich der Vakuumlichtgeschwindigkeit ist. Im freien Fall wirken enorme
Gezeitenkräfte (engl. tidal forces) auf den Körper, die ihn radial in die
Länge ziehen und transversal stauchen. Solche Kräfte sind Volumen erhaltend, d.h. der Körper wird zwar extrem
deformiert, aber füllt den gleichen Hohlraum aus. Die Gezeitenkraft skaliert mit der inversen dritten Potenz im
Abstand und wird in der Singularität unendlich! Das hat extreme Deformationen zur Folge, die mit der Annäherung
an das Loch ein bizarres Ausmaß annehmen. Man spricht in diesem Zusammenhang oft von 'Spaghettis' und der
'Spaghettisierung', weil Testkörper in eine solche Morphologie deformiert werden: lang und dünn. Singularitäten - Orte unendlicher Krümmung Der Bereich 'hinter' dem Ereignishorizont ist für Außenbeobachter prinzipiell uneinsehbar und ist der Ort, wo die akkretierte Materie und Strahlung schließlich hingelangt. Teilchen, die den Horizont erreichen, müssen in das Schwarze Loch fallen und erreichen dann die innere Singularität. Echte, nicht behebbare, intrinsische Singularitäten oder Krümmungssingularitäten sind bei jedem klassischen Schwarzen Loch vorhanden. Wie bereits besprochen, entdeckte der britische Mathematiker und Relativist Roger Penrose, dass alle intrinsischen Singularitäten hinter einem Horizont verborgen sein müssen. 'Hinter' meint 'verborgen für Außenbeobachter'. Diese Forderung nannte er die Kosmische Zensur (engl. cosmic censorship). Letztlich steckt in dieser Singularität die gesamte Masse des Schwarzen Loches! Es sei daran erinnert, dass (elektrisch neutrale) Schwarze Löcher Vakuumlösungen der Einsteinschen Gleichungen sind, d.h. alle Bereiche bis auf die zentrale Singularität sind im relativistischen Sinne leer! Hier verschwindet der Energie-Impuls-Tensor ('relativistisches Vakuum'). Die Singularität kennzeichnet außerdem einen Bereich, wo die physikalische Beschreibung versagt. Denn hier divergieren wesentliche Größen, die ein Physiker benötigt: Krümmung, Dichte, Temperatur. Mit anderen Worten: In Singularitäten bricht die physikalische Beschreibbarkeit zusammen. Im allgemeinen, rotierenden Fall gibt es keine punktförmige Singularität, sondern eine ringförmige Singularität. Singularitäten- und Krümmungsstrukturen von Raumzeiten analysieren die Relativisten mathematisch mit Krümmungsinvarianten, die definitionsgemäß in allen Koordinatensystemen übereinstimmen. Zu den Krümmungsinvarianten gehört z.B. der Kretschmann-Skalar (siehe auch Riemannscher Krümmungstensor sowie Weyl-Tensor). Die Abbildung oben zeigt das Krümmungsrelief eines rotierenden Schwarzen Loches: Der Kretschmann-Skalar wurde auf der vertikalen Achse in Abhängigkeit von Radius (Achse vorn) und Poloidalwinkel (Achse in die Tiefe) aufgetragen. Dabei wurde ein Kerr-Loch mit Kerr-Parameter a = 0.998, also maximaler Rotation, angenommen. Die Krümmungsstruktur zeigt eindeutig an, dass die zentrale Ringsingularität im Zentrum des Lochs bei r = 0 und θ = 90 Grad (hier am rechten Bildrand) sitzt. Die Krümmungsstruktur des klassischen, rotierenden Loches ist außerordentlich interessant, zeigt sie doch nicht nur das die Krümmung nach positiv unendlich geht - wie die drei abgeschnittenen Gipfel zeigen -, sondern auch nach negativ unendlich - entsprechend der Täler! Bislang gibt es für die negative Krümmung keine physikalische Erklärung, denn sie ist wesensverschieden von der negativen Krümmung von Sattelflächen. Das Diagramm zeigt auch, dass die Krümmungseigenschaften spiegelsymmetrisch zur Äquatorialebene sind. Außerdem erkennt man sehr schön die asymptotische Flachheit der Kerr-Lösung, denn bei großen Radien (und beliebigen Winkeln) geht der Kretschmann-Skalar gegen null, d.h. die Krümmung verschwindet außen (Diagramm nach Rechnungen von R. Conn Henry, ApJ 535, 350, 2000).
Die Riemannschen Invariante der Schwarzschild-Metrik beispielsweise ist proportional zu 1/r6. Die Größe
divergiert demnach auch bei r = 0, nämlich der intrinsischen Punktsingularität. Das Verfahren ist allerdings
nicht immer so trivial, denn nicht immer ist klar, wie das Ergebnis zu interpretieren ist. Es gibt besonders geeignete
Koordinatensysteme, wo die wahre Natur der intrinsischen Singularität besser erkennbar wird. Sollte die Kerr-Lösung tatsächlich in der Natur realisiert sein, so muss sich die Masse 'hinter dem Horizont' in Form dieser intrinsischen Singularität sammeln. In welcher Form die Materie vorliegt ist völlig unklar! Man könnte es mit 'singulärer Materie' bezeichnen, aber das wäre nur ein Etikett für etwas, das ebenso wenig verstanden ist. Mit den Mitteln der Relativitätstheorie lässt sich die Masse eines Schwarzen Loches als 'Masse ohne Materie' apostrophieren. Denn die Eigenschaft Masse ist da und messbar, nicht jedoch die Natur der Materie, z.B. ob es baryonische (aus Quarks bestehende) Materie ist oder ob sie aus Strings etc. besteht. Die Materie scheint alle Eigenschaften, wie Form und Farbe zu verlieren. Übrig bleibt nur eine fundamentale Eigenschaft: die Masse. Dazu gesellt sich die Eigenschaft Drehimpuls (Rotation) im Fall der Kerr-Löcher - mehr nicht. Dies ist gerade die Aussage des Keine-Haare-Theorems.
© Andreas Müller, August 2007
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