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Schwarze Löcher -

Das dunkelste Geheimnis der Gravitation


Computersimulation einer leuchtenden, um 40 Grad geneigten Materiescheibe um rotierendes Schwarzes Loch

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Relativitätstheorie und Raumzeit

Eine erste adäquate mathematische Beschreibung Schwarzer Löcher gelingt mit der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) (engl. General Relativity, GR). Diese Theorie geht auf den vermutlich bekanntesten Physiker überhaupt zurück: Albert Einstein (1879 - 1955). Er entwickelte die berühmte Relativitätstheorie in zwei Teilen: der Speziellen und der Allgemeinen Relativitätstheorie. Einstein war nach seinem Physikstudium ab 1901 Patentbeamter in Bern und fand neben dieser Arbeit viel Zeit, um sich mit der theoretischen Physik zu beschäftigen. Ein wesentliches Interessengebiet war das Licht und so z.B. die Frage, was man bei einem gedanklichen 'Ritt auf einem Lichtstrahl' wahrnehmen würde. Diese harmlos anmutende Frage, konnte kein Physiker der damaligen Zeit angemessen beantworten. Die Suche nach einer Antwort dieses Gedankenexperiments mündete in die Spezielle Relativitätstheorie (SRT) (engl. Special Relativity, SR). Die Grundpfeiler dieser Theorie veröffentlichte Einstein in der wissenschaftlichen Zeitschrift Annalen der Physik mit dem Titel Zur Elektrodynamik bewegter Körper im Jahre 1905.

Bezugssysteme - Alles eine Frage des Standorts

Die SRT vergleicht die Messung von Ereignissen, die durch Orts- und Zeitkoordinaten festgelegt sind, in verschiedenen Bezugssystemen. Ein Bezugssystem ist ein Ort, von dem aus Beobachtungen beschrieben werden. Es ist jedoch nicht nur ein Bezugs- oder Referenzpunkt im Raum, sondern auch in der Zeit.
In der Relativitätstheorie sind sowohl räumliche, als auch zeitliche Angaben wichtig. Um ein Ereignis eindeutig festzulegen gibt man vier Werte an: drei Raumkoordinaten und eine Zeitkoordinate. Ein anschauliches Beispiel für diese vier Zahlen ist ein Termin: Sie gehen in eine bestimmte Straße (erste Raumkoordinate), zu einer bestimmten Hausnummer (zweite Raumkoordinate), in eine bestimmte Etage des Gebäudes (dritte Raumkoordinate) zu einer bestimmten Uhrzeit (die Zeitkoordinate). Diese 'Termine' heißen in der Relativitätstheorie Ereignisse oder Weltpunkte. Sie sind vierdimensional, weil sie durch vier voneinander unabhängige Zahlen eindeutig festgelegt werden können.
Findet nun ein Ereignis statt, so kann es von unterschiedlichen Beobachtern beschrieben werden. Wichtig ist in der Relativitätstheorie, wie sich der Beobachter relativ zum Ereignis bewegt. Es gibt einen ausgezeichneten Beobachter, der sich relativ zum Ereignis nicht bewegt. Dieser Beobachter befindet sich im so genannten Ruhesystem. Ein Beobachter, der sich relativ zum beobachteten Ereignis bewegt (was im Allgemeinen der Fall ist) hat zum Ereignis eine (möglicherweise konstante) Relativgeschwindigkeit oder eine Relativbeschleunigung. Diese relativ bewegten Beobachter befinden sich in einem so genannten Laborsystem.
Ein Beispiel, um die unterschiedlichen Bezugssysteme klar zu machen ist ein Flugzeug. Aus der Sicht eines Beobachters am Boden bewegt sich das Flugzeug. Dieser bodengestützte Beobachter ist also in einem Laborsystem. Die Besatzung und die Passagiere an Bord hingegen bewegen sich relativ zum Flugzeug nicht, weil sie ja mitfliegen. Sie befinden sich im Ruhesystem des Flugzeugs.
Einstein hat sich nun gefragt, wie man physikalische Beobachtungen aus der Sicht der verschiedenen Beobachter miteinander vereinen kann. Er hat erkannt, dass es mathematische Beziehungen zwischen den verschiedenen Beobachter gibt (die Lorentz-Transformationen), die es ermöglichen, die Beobachtungen zu vergleichen. Bleiben wir bei dem Beispiel des Flugzeugs, das deutlich langsamer fliegt, als sich das Licht durch das Vakuum bewegt. Die Beobachter können ihre Beobachtungen im Rahmen der klassischen Mechanik sehr gut vergleichen. Bei Geschwindigkeiten, die allerdings ähnlich groß sind, wie die Vakuumlichtgeschwindigkeit, funktioniert das nicht mehr. Dann benötigt man Einsteins Theorie und stellt mit Erstaunen fest:

Raum und Zeit sind relativ.

Verschiedene Bezugssysteme bewegen sich in der SRT relativ zueinander mit einer gleichförmig geradlinigen Geschwindigkeit. Dabei zeigt sich, dass in allen diesen Bezugsystemen (Inertialsystemen) die Vakuumlichtgeschwindigkeit eine Konstante ist. Die Vakuumlichtgeschwindigkeit oder Lichtgeschwindigkeit im leeren Raum wird in der Physik mit dem Buchstaben c symbolisiert, was schlicht auf die Tatsache zurückgeht, dass sie konstant (engl. constant) ist. Der Zahlenwert von c im Système Internationale ist laut Committee on Data for Science and Technology CODATA (2002)

c = 299 792 458 m/s

Die Vakuumlichtgeschwindigkeit ist eine (nach allem, was die Physiker heute wissen) universelle Naturkonstante. Zunächst war diese Konstanz ein Postulat Einsteins, d.h. eine Annahme oder Arbeitshypothese, mit der er versuchte eine konsistente, physikalische Theorie zu konstruieren. Mittlerweile ist diese Annahme vielfach in Experimenten bestätigt worden. Somit ist klar: Nicht alles ist relativ in der Relativitätstheorie - die Lichtgeschwindigkeit ist absolut!

Das Wesen der Relativität

Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit hat weitreichende Konsequenzen: Nehmen wir an, zwei Beobachter betrachten einen bewegten Gegenstand aus verschiedenen Bezugssystemen. Wenn die Lichtgeschwindigkeit eine Konstante ist, so müssen andere Größen variieren, damit beide Beobachter die Beobachtung korrekt physikalisch beschreiben. Es stellt sich heraus, dass das Postulat von der Konstanz der Vakuumlichtgeschwindigkeit in eine Relativität der Zeit (auch der Gleichzeitigkeit) und eine Relativität der Länge mündet. Die klassisch unverständlichen Effekte Zeitdilatation und Längenkontraktion sind Belege für die Relativität von Zeit und Länge. Dieses Wesen der Relativität gab der Relativitätstheorie ihren Namen. Die Zeit verlor damit ihren absoluten Charakter, den schon Aristoteles und später Sir Isaac Newton postulierten: Zeit ist eine relative Größe. Außerdem verlor die Zeit ihre Eigenständigkeit: Zeit und Raum hängen eng miteinander zusammen und bilden in der Relativitätstheorie ein Kontinuum, das so genannte Raum-Zeit-Kontinuum. Dieses Gebilde heißt auch einfach nur kurz Raumzeit. In der SRT ist dieses Kontinuum flach, d.h. ungekrümmt, und wird durch die Minkowski-Metrik beschrieben. Die Flachheit ist gerade eine Folge davon, weil die SRT eine Theorie im relativistischen Vakuum ist (d.h. der Energie-Impuls-Tensor verschwindet).

'E gleich m c Quadrat'

Die zentrale Gleichung der SRT und die wohl berühmteste Gleichung der Physik ist das Masse-Energie-Äquivalent. Als mathematische Gleichung lapidar geschrieben als

Das Masse-Energie-Äquivalent von Einsteins Spezieller Relativitätstheorie

Diese Gleichung findet sich in dem Papier Ist die Trägheit eines Körpers von seinem Energieinhalt abhängig?, ebenfalls publiziert in den Annalen der Physik im Jahr 1905 - in Einsteins Wunderjahr (annus mirabilis). Die Masse ist also eine Energieform, so wie Strahlungsenergie, Wärmeenergie oder kinetische Energie auch. Aber neben dieser Aussage gibt es eine weitere, wichtige Folgerung: aufgrund der Gültigkeit dieser Gleichung besitzt auch eine relativ in Ruhe befindliche Masse (Relativgeschwindigkeit null) eine nicht verschwindende Ruheenergie. Man liest ab, dass bereits sehr kleine Massen durch die enorme Zahl 'Lichtgeschwindigkeit im Quadrat' (etwa 1017 m2/s2) eine außerordentlich hohe Ruheenergie haben.

Der Begriff der Raumzeit wurde in der Allgemeinen Relativitätstheorie erweitert. Hier kann die vierdimensionale Mannigfaltigkeit, bestehend aus drei Raumdimensionen (Länge, Breite, Höhe) und einer Zeitdimension, gekrümmt sein. Das geschieht genau dann, wenn eine Form von Energie (Masse, elektromagnetische Strahlung, Staub etc.) vorhanden ist. Sie erzeugt eine gekrümmte Raumzeit. Physiker sagen: Energie (Masse) ist die Quelle der Gravitation. Die Krümmung wird gerade dort besonders groß, wo sich die Energie befindet. Die Einsteinschen Feldgleichungen geben nun einerseits Auskunft darüber, wo die Raumzeit Krümmungen aufweist und wie stark diese sind. Andererseits sagen die Gleichungen auch, wie sich die Krümmungen auf die Energie auswirken. Diese komplizierte, gegenseitige Kopplung von Raumzeit an Energie und Energie an Raumzeit steckt gerade im komplizierten, nicht-linearen Charakter der Feldgleichungen.

Tensoren

Die Entwicklung der Allgemeinen Relativitätstheorie kostete Einstein enorme Anstrengungen, wie man anhand des viel späteren Publikationsjahrs 1916 erahnen kann. Dies liegt am mathematischen Formalismus der Relativitätstheorie, der Tensor-Rechnung. Zwar findet dieser bereits in der SRT Anwendung, wird jedoch in der ART komplizierter und auch umfangreicher. Der Mathematiker Marcel Grossmann (1878 - 1936), Einsteins Freund und Kommilitone zur Zeit seines Physikstudiums an der ETH Zürich, lehrte ihn den Umgang mit Tensoren. Grossmann muss als wichtiger Mitbegründer der ART angesehen werden, denn er kannte die Arbeiten der folgenden Mathematiker:

  • Die deutschen Mathematiker Johann Carl Friedrich Gauß (1777 - 1855) und Georg Friedrich Bernhard Riemann (1826 - 1866) entwickelten die Grundlagen der Differentialgeometrie.
  • Ebenso kannte Grossmann die Literatur des deutschen Physikers und Mathematikers Elwin Bruno Christoffel (1829 - 1900), der die Tensoranalysis begründete und die nach ihm benannten Christoffel-Symbole einführte. Auf Basis seiner Arbeit entwickelten Ricci-Curbastro und Levi-Civita einen koordinatenfreien Zugang der Differentialrechnung.
  • Der italienische Mathematiker Gregorio Ricci-Curbastro (1853 - 1925) arbeitete u.a. auf dem Gebiet der Differentialgeometrie, die er hauptsächlich zwischen 1884 und 1894 entwickelte.
  • Sein Student, der italienische Mathematiker Tullio Levi-Civita (1873 - 1941) erweiterte die Tensorrechnung, behandelte 1887 die kovariante Ableitung (Christoffel folgend) und mit Ricci um 1900 die Differentialrechnung.

Tensoren sind Größen der Differentialgeometrie, die auf einer vierdimensionalen Mannigfaltigkeit definiert werden und bestimmten Transformationsgesetzen genügen. Die Skalare, Vektoren und Matrizen der Linearen Algebra sind ebenfalls Tensoren, allerdings niedriger Stufe. Die Differentialgeometrie kennt weit kompliziertere Tensoren, die immer als eine wohl definierte Anordnung von Zahlen und Funktionen geschrieben werden können. Die Tensoren der ART sind recht anschauliche Objekte, die mit einer physikalischen Größe, wie der Energie (Energie-Impuls-Tensor), der Raumkrümmung (Riemannscher Krümmungstensor) oder dem elektromagnetischen Feld (Maxwell-Tensor bzw. Faraday-Tensor) in Verbindung stehen. Die Raumzeit selbst, die Metrik, wird durch den metrischen Tensor beschrieben.
Die Schlüsseleigenschaft von Tensoren ist ihre Koordinatenunabhängigkeit, d.h. egal in welchem Koordinatensystem man sie formuliert: die physikalische Aussage, die sie machen, ist immer gleich.

Oft handelt es sich bei den physikalischen Größen der ART um Tensoren 2. Stufe, die man als 4 × 4 - Matrix (eine Anordnung von 16 Zahlen oder Funktionen in vier Spalten und vier Zeilen) schreiben kann und damit eine vertraute Gestalt bekommen. Physikalische Tensoren sind in der Regel symmetrisch. Für eine 4 × 4 - Matrix heißt das, dass nur 10 Komponenten (obere oder untere Dreiecksform) unabhängig sind, weil die anderen durch die Symmetrieeigenschaften festgelegt sind. Dies gilt auch für den metrischen Tensor, der alternativ auch durch das Linienelement beschrieben werden kann.

Die Allgemeine Relativitätstheorie ist in dem Sinne als allgemein zu verstehen, weil die relative Bewegung der Bezugssysteme zueinander (verglichen mit der SRT) verallgemeinert wird: die Inertialsysteme können gegeneinander beschleunigt werden. Ein fundamentales Postulat der ART ist das Äquivalenzprinzip. Es besagt, dass träge und schwere Masse äquivalent sind, d.h. dass es keinen Unterschied in der Bewegung macht, ob eine Masse beschleunigt wird (Trägheit) oder im Schwerefeld eines Körpers fällt (Schwere). Das Eötvös-Experiment, ein Aufbau einer Drehwaage mit beweglichen Massen an einem Torsionspendel, bestätigte dieses Prinzip im Rahmen der experimentellen Genauigkeit. Eine weitere glänzende Bestätigung des Äquivalenzprinzips, aber auch der ART an sich, ist die beobachtete Ablenkung von Strahlung im Schwerefeld von der Sonne und Planeten.

Revolutionäre Ansichten: Gravitation geometrisch betrachtet

Das Konzept der Allgemeinen Relativitätstheorie löste die alte, Newtonsche Sicht der Dinge ab, dass Gravitation die instantane (d.h. ohne Zeitverlust einhergehende) Vermittlung von Kräften zwischen Massen ist. Nach der ART ist die Gravitation eine geometrische Eigenschaft der Raumzeit, deren Vermittlung sich mit der Vakuumlichtgeschwindigkeit ausbreitet. Die fundamentale Erkenntnis der ART lautet:

Energie krümmt die Raumzeit

oder als Tensor-Gleichung geschrieben

Die Einsteinschen Feldgleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie

Das ist die so genannte Einsteinsche Feldgleichung oder kurz Einstein-Gleichung in der Sprache der Physiker (Nicht etwa die zweifellos berühmtere Formel E = mc2 ist unter Physikern mit 'Einstein-Gleichung' gemeint!) Die Einstein-Gleichung ist auch die wichtigere Gleichung.

Die Einstein-Gleichung steht hier sehr kompakt als eine einzige Gleichung, doch eigentlich sind das zehn! Die Einsteinschen Feldgleichungen sind aufgrund der Symmetrie der Metrik ein System von zehn nicht-linearen, gekoppelten, partiellen Differentialgleichungen. Einstein Tensor Auf der linken Seite steht der Einstein-Tensor G, der gerade zweite Ableitungen der Metrik enthält; auf der rechten Seite steht der Energie-Impuls-Tensor T, der die Materie (Staub, ideales Fluidum, elektromagnetisches Feld etc.) beschreibt. Im Vakuumfall, also in Abwesenheit Energie-Impuls Tensor im Vakuum von Materie, verschwindet der Energie-Impuls-Tensor. Dies ist gerade für elektrisch ungeladene Schwarze Löcher realisiert. Daher nennt man sie Vakuumlösungen der Einsteinschen Feldgleichungen.
Es bleibt also das Problem, den Einstein-Tensor zum Verschwinden zu bringen. Es gibt bei dieser Aufgabe aus gekoppelten nicht-linearen, partiellen Differentialgleichungen keine direkte Lösungsmethode, die sofort alle Lösungen des Problems liefern könnte. Das unterscheidet partielle Differentialgleichungen von gewöhnlichen Differentialgleichungen. Aus diesem Grund wurden die Vakuumlösungen historisch nach und nach und eher zufällig und manchmal sogar mehrfach gefunden. In der Numerischen Relativitätstheorie gibt es mittlerweile Verfahren, um das Wiederentdecken einer bereits bekannten Lösung in möglicherweise anderen Koordinaten zu verhindern. So werden Anstrengungen unternommen die Lösungen der Feldgleichungen der Gravitation zu systematisieren. Im Äquivalenzproblem geht es darum zu entscheiden, ob zwei Metriken g und g' übereinstimmen. A. Karlhede hat diese Problematik entscheidend vorangebracht, indem er die Geometrien mit Basissystemen, dem sog. Vierbein (Tetrade), systematisierte. Heutzutage gehen diese theoretischen Forschungen an den Einstein-Gleichungen z.B. am Albert-Einstein-Institut (AEI) in Golm weiter. Solche Anstrengungen vermeiden, dass bereits bekannte Lösungen 'wiederentdeckt' werden, wie es bei der Schwarzschild-Lösung nachweislich mindestens zwanzigmal geschehen ist!

Die Kopplungskonstante entspricht im Système Internationale dem Produkt aus dem Achtfachen der Kreiszahl π ('Pi') mit der Gravitationskonstante G, geteilt durch die Lichtgeschwindigkeit c in vierter Potenz. In den hier verwendeten geometrisierten Einheiten (G = c = 1) vereinfacht sich das zu 8π. Die Kopplungskonstante folgt notwendigerweise aus einem Korrespondenzprinzip: Im Grenzfall schwacher Gravitationsfelder und kleiner Geschwindigkeiten gegenüber der Lichtgeschwindigkeit muss die Einsteinsche in die Newtonsche Theorie übergehen. Dann kann man die Kopplungskonstante ableiten, indem man Einsteinsche Feldgleichungen mit der Poisson-Gleichung der Newtonschen Gravitationsphysik vergleicht.

Was die Welt im Innersten zusammenhält

Da schon die SRT zeigen konnte, dass Masse der Energie äquivalent ist, krümmt auch die Masse die Raumzeit. Mit dieser Erkenntnis lässt sich auch die zentrale Frage des Protagonisten in Goethes Faust beantworten:

Das, was die Welt im Innersten zusammenhält, ist die Welt selbst.

Denn die Begründung lautet, dass gemäß der ART die Materie der Erde selbst (repräsentiert durch den Energie-Impuls-Tensor T, der rechten Seite der Feldgleichungen) Raum und Zeit (die Raumzeit oder Metrik, eine vierdimensionale Mannigfaltigkeit, die in Form von Ableitungen im Einstein-Tensor G steckt, der linken Seite der Feldgleichungen) in der Umgebung der Erde so krümmen, dass ein selbstgravitierendes Objekt, die kugelige Erdmasse, resultiert. Alle irdische Energie bestimmt die Geometrie und zwar im relativistischen, aber auch direkten wörtlichen Sinn (geos, grch.: Erde, metros, grch.: Maß)!

Was tun mit der Feldgleichung?

Möchte man sich die Einsteinschen Feldgleichungen für den Vakuumfall in eine mehr einsehbare bzw. praktische Form bringen, so muss man lediglich die Definition des Einstein-Tensors kennen: Er ist nämlich gerade die Differenz aus Riemannschen Krümmungstensor und dessen Verjüngung, der skalaren Krümmung, dem Ricci-Skalar.
Den Riemannschen Krümmungstensor erhält man wiederum aus einer Summe von partiellen Ableitungen der Christoffel-Symbole. Hier kommt nun die Verknüpfung zur Metrik, die eindeutig durch den metrischen Tensor oder dem Linienelement festgelegt wird: die Christoffel-Symbole sind wiederum Summen aus Ableitungen von Komponenten des metrischen Tensors.
Die Konsequenz ist offensichtlich: der Einstein-Tensor ist grob gesagt eine Summe aus partiellen, zweiten Ableitungen des metrischen Tensors. Daher ist der metrische Tensor fundamental und legt alle Eigenschaften einer gekrümmten, vierdimensionalen Raumzeit fest.

Triviale Raumzeit der SRT

Der metrische Tensor in der Speziellen Relativitätstheorie (SRT) wird durch die Minkowski-Metrik festgelegt und hat eine denkbar einfache Gestalt: die nicht-diagonalen Elemente des metrischen Tensors geschrieben als 4 × 4 - Matrix sind alle null. Auf der Diagonale stehen wiederum nur konstante Zahlen und keine koordinatenabhängigen Funktionen. In einer möglichen Konvention (+ - - -) steht zum Beispiel als zeitliche Komponente +1 und bei allen räumlichen Diagonalelementen -1 (man sagt auch die Signatur der Metrik sei -2. Das bedeutet demnach: alle Ableitungen (nach Zeit- und Raumkoordinaten) dieser konstanten Einträge sind null. Nach den obigen Ausführungen verschwinden damit zunächst die Christoffel-Symbole. Dann ist aber auch der Riemannschen Krümmungstensor null, und dessen Verjüngung, die skalare Krümmung auch. Die Relativisten umschreiben das so: Die Raumzeit der SRT, der Minkowski-Raum, ist flach.
Bei Schwarzen Löchern gilt das nur im asymptotischen Limit, d.h. wenn man sehr weit entfernt ist vom Schwarzen Loch. Die Schwarzschild-Lösung und die Kerr-Lösung (auch die Pendants mit elektrischer Ladung) sind für Radien gegen unendlich asymptotisch flach.
In der Nähe des Schwarzen Loches werden die Krümmungen außerordentlich stark und divergieren sogar im Zentrum. In der zentralen Singularität ist die Krümmung unendlich! In dieser Krümmungssingularität sitzt die Quelle der Gravitation des Loches. Aber genau hier versagt auch die klassische Physik!

Schwarze Löcher sind relativistische Objekte

Schließen wir nun den Bogen von der Relativitätstheorie zu den Schwarzen Löchern: Schwarze Löcher sind Lösungen der Feldgleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie. Sofern sie keine elektrische Ladung tragen, sind sie Lösungen der Feldgleichungen im Vakuum. Die weit verbreitete, wissenschaftliche Lehrmeinung ist, dass die kosmischen Schwarzen Löcher elektrisch neutral sind und maximal nur durch zwei Eigenschaften charakterisiert sind: Masse und Rotation. Der wesentliche Typus eines Schwarzen Loches in der Astrophysik ist demnach die Kerr-Geometrie, die wir noch sehr detailliert im Verlauf dieses Aufsatzes besprechen werden. Die Kerr-Lösung ist ebenfalls eine Vakuum-Lösung. Mit anderen Worten: Setzt man die Metrik eines rotierenden Schwarzen Loches in die Einsteinschen Gleichungen ein, zeigt sich, dass der Einstein-Tensor (die 'linke Seite' der Feldgleichungen) verschwindet.
Schwarze Löcher sind allgemein relativistische Objekte und als solche nur korrekt mit der ART zu beschreiben. Man kann zwar den Horizontradius nicht rotierender Schwarzer Löcher auch mit den Mitteln der klassischen, Newtonschen Theorie ableiten, muss aber das korrekte Ergebnis als Zufall werten. Die Newtonsche Theorie versagt bei der Beschreibung rotierender Löcher. Neuere Theorien, die die ART weiterzuentwickeln suchen, wie die Stringtheorien und die Loop-Quantengravitation, erlauben auch eine Behandlung von Schwarzen Löchern unter Gesichtspunkten der modernen Physik.

Bei den kompakten Objekten der Astrophysik (Weißer Zwerg, Neutronenstern, Bosonenstern, Fermionenstern, Quarkstern etc.) im Allgemeinen und den Schwarzen Löchern im Speziellen, sind Materie bzw. Energie auf kleinstem Raum vereinigt. Daher ist die Krümmung der Raumzeit bei diesen Objekten besonders hoch. Anschaulich argumentiert ist die Krümmung am Horizont Schwarzer Löcher so hoch, dass die Lichtstrahlen auf das Innere des Schwarzen Loches 'gebogen' werden. Die Trajektorien der Strahlung, die so genannten Nullgeodäten, zeigen auf die zentrale Singularität. In diesem Punkt (ohne Rotation) bzw. Ring (mit Rotation) steckt die gesamte Masse eines Schwarzen Loches! Die Schlüsselfrage ist, welcher Zustandsgleichung die Materie dort gehorcht. Im Rahmen der klassischen ART ist festzustellen, dass in diesem singulären Punkt der Raumzeit die Krümmung unendlich wird. Das belegt die Untersuchung von Krümmungsinvarianten wie dem Kretschmann-Skalar. Die hier angedeutete Diskussion zeigt somit die Grenzen der Relativitätstheorie auf und deutet auf eine übergeordnete Theorie hin, nach der bereits seit Jahrzehnten fieberhaft gesucht wird. Bisher ohne Erfolg! Aber mit entscheidenden Fortschritten erst in den letzten Jahren!

p.s.

Die relativistisch korrekte Antwort auf die Eingangsfrage (Einsteins Leitfrage der SRT), was man beim Ritt auf einem Lichtstrahl sehen würde lautet: Nichts! Oder anders gesagt: Photonen altern nicht! Der Lorentz-Faktor divergiert, wenn die Ausbreitungsgeschwindigkeit gleich der Lichtgeschwindigkeit (v = c) wird, und die 'Dehnung des Zeitflusses' (Zeitdilatation) geht gegen unendlich, während die Verkürzung von Längenmaßstäben (Längenkontraktion) gegen null geht.

Übersicht

Webtipp:

pdfpdf (1.8 MB)

Schwarze Löcher - Historie Schwarze Löcher - Die Schwarzschild-Lösung


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Andreas Müller © Andreas Müller, August 2007